The Old Song

Originaltitel: Das alte Lied. (Zu Jedem kommt einmal die Liebe.) Liebestragödie 1930; 90 min.; Regie: Erich Waschneck; Darsteller: Lil Dagover, Lien Deyers, Igo Sym, Ida Wüst, Bob Stoll, Paul Hörbiger, Gustav Rickelt, Felix Bressart, Maria Forescu; Kreutzberg-Tobis-Film.

Ein Wiener Baron liebelt mit einer Verkäuferin und geht in Budapest, wohin ihn seine Mama zur Ablenkung geschickt, prompt einem adeligen Vamp ins Netz. Als er sich der ersten geliebten erinnert, macht die Andere sie an seine Untreue glauben und schießt ihn später nieder, während die Verkäuferin, von einem Auto überfahren, stirbt.

Zusammenfassung
Als der junge Baron Hans von Langen eines Tages in einem Schallplattengeschäft Einkäufe macht, wird er durch die anmutige Erscheinung einer blonden Verkäuferin gefesselt. – Es ist kurz vor Geschäftsschluß, und draußen regnete es in Strömen. Er bietet ihr an, sie in seinem Wagen nach Hause zu bringen. – Annerls Vater, der Privat sekretär Haslinger, betreibt als Privatpassion eine Vogelzucht. Hans kauf ihm alle Vögel ab, und es wird vereinbart, daß Annerl sie am nächsten Tag in die Wohnung seiner Mutter bringt. Im Haus der Baronin von Langen ist Annerl sehr unfreundlich empfangen, da die Baronin keinerlei Verständnis für den seltsamen Einkauf ihres Sohnes hat. – Annerl ist empört über die Behandlung; als sie das Haus verlassen will, trifft sie Hans, dem sie erklärt, daß sie sich ein solches Benehmen nicht gefallen lasse. – Hans erfährt von seinem Vetter Bob, was vorgefallen ist. Er fährt zu Annerl, um ihr zu sagen, daß er das Benehmen seiner Mutter bedaure. Von der Nachbarin erfährt er, daß Vater und Tochter zum Heurigen nach Nußdorf gefahren sind, um dort dem Wirt, dem Schwager des Alten, behilflich zu sein. – Hans fährt auch zum Heurigen und findet dort Annerl, die gerade eine Kasperle-Vorstellung für die Kinder arrangiert. Er hilft ihr bei der Arbeit, und bei dem Spiel mit den bunten Puppen erkennen die beiden jungen Menschen ihre Liebe. – Am nächsten Tage gibt es eine Aussprache zwischen der Baronin und ihrem Bruder, Hansens Vorgesetzten, dem die Baronin erklärt, Hans müsse sofort weg von Wien, weg von dem kleinen Mädel, das nicht zu einem Baron v. Langen passe. Der Onkel schickt also Hans in einer diplomatischen Mission nach Budapest, und Hans verspricht Annerl beim Abschied, daß er nach seiner Rückkehr immer bei ihr bleiben werde. In Budapest aber verliebt er sich in die Gräfin Eggedy. Annerl ist fast vergessen, da erinnert er sich an ihren Namenstag. Es wird ihm klar, daß er doch nur das kleine blonde Mädel lieb hat und die Gräfin für ihn nichts als ein interessantes Erlebnis war. – Die Gräfin aber liebt Hans wirklich, überholt ihn auf der Landstraße nach Wien und hat vor dessen Ankunft in seiner Wohnung eine Aussprache mit Annerl, die dort auf die Rückkehr des Geliebten wartet. Die Gräfin sagt Annerl, daß Hans ihr Verlobter sei und daß es ihr doch klar sein müsse, daß ein Baron v. Langen niemals ein kleines Bürgermädel heiraten könne. – Annerl bricht fast zusammen, flieht aus dem Haus, planlos irrt sie in ihrem Schmerz durch die Straßen, sie achtet auf nichts, sieht nicht das herannahende Auto. Der Führer zieht die Bremse, zu spät, das Mädchen ist von den Rädern erfaßt worden. – Inzwischen ist Hans angekommen, die Gräfin erzählt ihm lächelnd, was sie Annerl gesagt hat. Hans ist von ihrem Verhalten empört, es kommt zu einem scharfen Wortwechsel, bis die Gräfin in höchster Erregung Hans erschießt – Annerl liegt auf der Rettungswache, der Arzt kann ihrem Vater keine Hoffnung machen. Vergeblich versucht der Alte Hans zu erreichen, er möchte doch so gern sein Kind in dem Gedanken sterben lassen, daß Hans noch bei ihr war. Ein Telefonanruf ist ergebnislos, die Gräfin legt, ohne zu antworten, den Hörer auf den Tisch. Da ergreift der Alte die letzte Möglichkeit, seinem Kinde, das schon das Bewußtsein verliert, eine Freude zu bereiten : Er beschwört den Arzt, Annerl vorzutäuschen, daß der Geliebte bei ihr sei, und Annerl stirbt in der Illusion, daß Hans doch noch zu ihr gekommen ist.

Kritik (E. J., Film Kurier #246, 10/17/1930) :
Dieser Film gehört den Bezirksverleihern, dem Bezirkspublikum, den Anspruchsarmen.
Die Lola-Kreutzberg-Produktion schließt sich erfolgreich dem Beispiel von Liddy Hegewald an : Gemütsware zu liefern.
Solche romantischen Erfindungen, die mit weltfernen Liebeleien spielen und die Courths Mahler-Zustände der Seele auf frisch geputztem Präsentierteller darbieten, haben noch immer ihr Publikum, ihr vor Freuden glucksendes, tränenbereites, beifallsfrohes Frauen-Publikum. Das Publikum der Nebenstraßen, des zweiten Stocks.
Auch im Primus-Palast schon bei der Uraufführung gab es stürmischen Beifall und viele Vorhänge.
Es ist ein Seelenbefriedigungsfilm – – mit zwei Leichen.
Die blonde Unschuld läßt sich überfahren – weil sie annehmen muß, ihr Geliebter habe sie verlassen. Der geliebte junge Mann aus der österreichischen Diplomatie wird von einer Budapester Edelkokotte niedergeknallt.
Der Film bringt eine Menge gefälliger Schauspieler-Situationen, die den Kontakt mit dem Publikum herstellen.
Da gibt’s eine gut möblierte bürgerliche Familie : Ida Wüst, der kleinen Lacherchen sicher, Paul Hörbiger, das schadenfreudige Brüderchen, Bob Stoll, der Casanova, der die Ohrfeigen bekommt und Felix Bressart, der in diesen heiligen Hallen ein paar seiner echtesten Diener-Szenen hinquasseln kann.
Das Mondäne verkörpert Lil Dagover, anmutiger denn je, eine schöne Frau, die sich bewegen kann; und mikrophongewandt ist. Sie hat die stärkste Szene : Den Revolveranschlag in der Bar, auch der Höhepunkt der Inszenierung von Erich Waschneck, Musikszene, Menschen und Ereignis zusammengefaßt, gedrängt, spannend.
Der blonde Gegenport : Lien Deyers, das Seelchen. Den Gretchenton gibt sie schalkhaft, in den heiteren Szenen natürlich gewinnender als in der „Liebelei“-Dramatik.
Der Mann, um den es geht : Igo Sym; in der leichten Führung des Dialogs muß er noch zulernen. Ein bißchen weniger Brillantine in die Stimme !
Gustav Rickelt bringt ganz aus der Sudermannsphäre des „Glücks im Winkel“, der ausstaffiert ist mit Dutzenden munter piepsender Vöglein, eine packende Vaterrolle von gutem, alten Darsteller-Stil. Man spürt Naturalismus, echte Töne und das Publikum heult los und weint, und weint. (Noch viele beachtenswerte Darsteller wären zu nennen : Maria Forescu, Alwin Neuß, Kettner, Lucie Euler, Szöreghi.)
Unter der Produktionsleitung von Bob Stoll gibt F. Behn-Grund überraschend geglückte Raumstimmung, gute Photographie. Bauten Rotmils und Fenchels anheimelnd. Tontechnik : voll befriedigend. (Aufnahme : Birkhofer, Schnitt : Hanne Kuyt.)
Dr. Becces Musik drängt sich nicht vor und erfüllt dabei ihren Zweck. Ein Autor ist auch genannt : Dr. Willy Frank, er hat den geringsten Anteil am Erfolg.

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