Peace of Mind

Originaltitel: Reserve hat Ruh. (Kaisermanöver.) Militärschwank 1931; 97 min.; Regie: Max Obal; Darsteller: Fritz Kampers, Paul Hörbiger, Claire Rommer, Lucie Englisch, Hugo Fischer-Köppe, Senta Söneland, Albert Paulig; Aafa-Tobis-Klangfilm.

Vorkriegszeit, Deutschland. Ein junger Doktor, Astronom, macht sich durch Schüchternheit und Zerstreutheit lächerlich, bis er beim Manöver mit einem Kameraden durch Zufall die Schlacht gewinnt. Für seinen Hauptmann der Majorsrang, für ihn eine Braut.

Zusammenfassung
Dr. Egon Breitner ist ein junger Astronom, der zwar ausgezeichnet am Himmel Bescheid weiß, aber in allen Dingen des Lebens eine große Weltfremdheit an den Tag legt. Es gibt daher wohl auch niemand, der sich weniger zum Soldaten eignet. Aber eines Tages erhält eben auch Breitner den Gestellungsbefehl.
Der Hauptmann ist nicht gut auf Einjährige zu sprechen, und das neueste Exemplar dieser Gattung bestätigt denn auch alle Befürchtungen. Durch seihe verschiedenen Ungeschicklichkeiten bringt der Mann der Wissenschaft sämtliche Vorgesetzten glattweg zur Raserei. Es würde andauernd schwere Arrest- und ähnliche Strafen hageln, wenn Breitner nicht an dem Rekruten Paule Zapp einen Freund hätte, der ihm wiederholt aus der Verlegenheit hilft. Zapp hat, wie man so sagt, ein goldenes Herz, und dieses Herz schlägt nicht nur für seinen Freund Breitner, sondern auch für Aenne, die reizende Tochter des Militär» Schneiders Schulze. Leider will aber Aenne von Zapp nichts wissen. Sie hat nun mal einen Hang zu Männern von höherer Bildung, etwa vom Schlage des jungen Astronomen. – Breitner allerdings ist für Zärtlichkeiten von dieser Seite her unempfänglich.
Immerhin hat er, der sich bisher nur um „himmlische“ Erscheinungen kümmerte, nun doch sein Interesse einer irdischen, und zwar der jungen Studentin Lotte Fiedler zugewandt. Infolge seiner Schüchternheit konnte er aber bisher noch nicht den richtigen Kontakt mit ihr finden. Ja, es taucht ein Rivale auf, der auf ganz hinterlistige Weise ein verabredetes Rendezvous vereitelt. Jetzt erweist sich aber Zapp auch in diesen privaten Angelegenheiten als Breitners treuester Freund. Er weiß, wie man Feldwebel behandelt, damit sie Einjährige außerhalb der Kaserne wohnen lassen und wie man ohne Urlaubsschein auf Urlaub gehen und gesellschaftlichen Einladungen zu jeder beliebigen Zeit Folge leisten kann. Breitner wiederum dankt Zapp seine Hilfsbereitschaft damit, daß er die Angelegenheit mit der Schneiderstochter zur Zufriedenheit des Rekruten zu regeln versucht. – Allmählich wird Breitner unter dem Einfluß des militärischen Milieus und der besonderen Pädagogik seines Freundes Zapp zu einem Menschen, der mit beiden Beinen auf der Erde steht und sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen läßt – Aber sein Hauptmann traut ihm immer noch nicht so recht und geht in das Manöver mit der größten Angst, daß sein Einjähriger wieder eine Dummheit macht und ihm dadurch seine Majorskarriere verdirbt. Es kommt aber anders.
Durch eine Verkettung glücklicher Zufälle sind Breitner und Zapp diejenigen Soldaten, die als erste in das von feindlichen Truppen besetzte Dorf eindringen. Der Hauptmann wird zum Major befördert und vom General persönlich zu den beiden ausgezeichneten Angehörigen seiner Truppe beglückwünscht. – Nach dem Manöver hat Reserve Ruh. Breitner zieht wieder den Zivilrock an und verlobt sich mit Fräulein Fiedler. Nicht so gut steht es um Paule Zapp; denn wenn ihm die Uniform erhebliches Ansehen verliehen hat, so wirkt er nun in seinem schäbigen Zivilistenanzug recht erbärmlich, und die Chancen bei der Schneiderstochter sind auf dem Nullpunkt angelangt Breitner läßt aber auch jetzt den erprobten Kameraden nicht im Stich. Er stattet ihn mit neuen Kleidern aus, verschafft ihm eine einkömmliche Stelle, und plötzlich ist denn auch Aenne so sind nun einmal die Frauen! – mit tausend Freuden bereit Paule zu heiraten.

Kritik (-g, Film Kurier #257, 11/02/1931):
Jetzt hat auch die Aafa die große Chance eines Militärfilmerfolges wahrgenommen. Die Dankbarkeit des Milieus erweist sich aufs neue, seine tonfilmischen Möglichkeiten sind mannigfaltig für den, der wirklich saubere Arbeit liefert und sich nicht nur auf die Wirksamkeit der Uniform verläßt.
In diesem Fall steckt ein gutes Stück geistiger Arbeit. Die Autoren B E. Lüthge und Karl Not: haben sich nicht auf das erprobte Rezept verlassen, das Filmschicksal auf ein paar effektvollen Klamaukszenen aufzubauen, sondern sie haben sich auch um die Grundzüge der Handlung bemüht. Das Publikum wird nicht nur von Szene zu Szene durch Augenblickspointen interessiert, sondern es wird auch veranlaßt, an dem Schicksal der Hauptpersonen teilzunehmen. Der Film ist keine Schwankrevue, in der die Menschen auf- und abtreten, wie es gerade der „Witz“ erfordert, sondern ein einheitliches Geschehen. Von einer volkstümlichen Geradheit, die überall im Parkett verstanden wird.
Es geht um einiges: Zwei kriegen ihre Mädels, ein Hauptmann erhält den ersehnten Majors-Rang, und aus einem weltfremden, unsicheren, im Alltagsleben hilflosen Gelehrten wird beim Militär ein Mensch, der dem Leben gegenüber eine feste Haltung gewinnt. Das ist der Grundgedanke des Films.
Mat Obal hat den Film in glücklicher Geistesgemeinschaft mit den Autoren inszeniert. Die Pointen „kommen“ der Humor des geschriebenen Manuskriptes wird ohne Wirkungsverlust auf das Schattenspiel der Leinwand übertragen. Wie oft ist dieses erste Grundgesetz der Tonfilmregie nicht erfüllt!
Besonders gelungen sind die großangelegten Manöver-Szenen, mit zwischengeschnittenen Vorkriegsaufnahmen. Das Mikrophon ist ins Freie gebracht worden, eine Riesen-Gänseherde marschiert vor dem ins Manöverdorf einziehenden Truppen, plötzlicher Alarm macht eine Dorfstraße lebendig, und dem Zuschauer wird einigermaßen klargemacht, worum es in so einem Manöver geht. Und schließlich kriegt der großschnäuzige Feldwebel seinen wohlverdienten Dämpfer.
Der Film ist geschickt besetzt, bei einigem Kopfzerbrechen geht es auch ohne die großen „Militärfilmkanonen“.
Paul Hörbiger ist reizend als Einjähriger Dr. Breitner, der allmählich bei Kommiß die Fähigkeit wiedergewinnt, außer dem Sternenhimmel auch die alte Mutter Erde richtig zu betrachten. Hörbiger spielt seine Rolle effektvoll, aber ohne Ausgleiten in die Posse.
Fritz Kampers – prachtvoll in seiner urwüchsigen Derbheit – ist auch mal wieder dabei, als vielgewandter Rekrut, der die Vorgesetzten zu nehmen versteht. Er repräsentiert die so häufigen Zeitgenossen, die mit ihrer forcierten Selbstsicherheit zu verbergen trachten, daß sie im Grunde genommen arme Teufel sind, die zwar vorgeben, alles zu können, alles zu wissen und zu jedem Beziehungen zu haben, aber im Ernstfall immer den Anschluß verpassen.
Hug Fischer-Köppe holt aus seiner Feldwebel-Rolle das Letzte heraus. Gerhart Bienert versucht als Unteroffizier ihm gleichzukommen. Albert Paulig karikiert einen Hauptmann.
Die Weiblichheit repräsentieren würdig Claire Rommer, von warmer, sympathischer Anmut, der erklärte Publikumsliebling, einschmeichelnder von Film zu Film, Lucie Englisch, kleines Mädel mit großen Illusionen und heißem Herzen, und Senta Söneland, ihrer Lache gewiß, urkomisch als unfreiwilliger Rekrut auf dem Kasernenhof.
In Nebenrollen: E. A. Licho, Lotte Steinhoff, Jack Mylong-Münz, Dr. Fuchs und der kleine, brave Arthur Reppert.
Guido Seeber und Hugo von Kaweczynski haben wirkungsvoll photographiert, Jack Rotmil baute milieugerecht, Emil Specht lieferte einen ausgezeichneten Ton, der im „Primus-Palast“ erstklassig wiedergegeben wird.
Bert Reisfeld und Dr. Rolf Marbot besorgten das Musikalische, es gibt zündende Märsche und ein paar flüssige Lieder mit netten Texten.
Alles in allem: Eine geschlossene Leistung, die erneut beweist, daß Militärfilme auch „anständig“ gemacht werden können. Der Film hat im Reich bereits starke Erfolge zu verzeichnen und wird auch dem Stammpublikum des „Primus-Palastes“, wo er demnächst offiziell anläuft, großartig gefallen.

css.php