Victoria and Her Hussar

Originaltitel: Viktoria und ihr Husar. Operette 1931; 98 min.; Regie: Richard Oswald; Darsteller: Iván Petrovich, Michael Bohnen, Friedel Schuster, Willy Stettner, Else Elster, Gretl Theimer, Ernő Verebes, Julius Falkenstein; Aafa-Tobis-Klangfilm.

Der Husarenrittmeister Koltay ist mit seinem Burschen Jancsi von den Russen gefangengenommen worden. Seine Verlobte, die Gräfin Viktoria, hält ihn längst für tot. Sie heiratet schließlich den amerikanischen Diplomaten Cunlight, der als Gesandter nach Peking geschickt wird. Koltay gelingt es, mit seinem Burschen zu fliehen. Er kommt nach Peking und hier führt ein seltsamer Zufall ihn mit Viktoria zusammen. Beide erkennen, daß sie einander noch lieben, und Viktoria bittet den Rittmeister, zu gehen. Koltay begibt sich unter dem Schutze des Gesandten nach Rußland, um von dort nach Ungarn zurückzukehren. In Ruß­land wird er jedoch als Flüchtling er­kannt und verhaftet, da er der Spionage verdächtig ist. Viktoria glaubt nun, ihren Jugend­geliebten ganz verloren zu haben, und der Schmerz veranlaßt sie, sich von ihrem Gatten zu trennen. Sie kehrt in die Heimat zurück. Der Amerikaner setzt aus Liebe zu Viktoria alle Hebel in Bewegung, um Koltay zu retten; dies gelingt ihm auch, und der endgültigen Vereinigung Koltays und Viktorias steht nichts mehr im Wege.

Zusammenfassung
Nur ein Mädel gibt es auf der Welt – für den ungarischen Husarenrittmeister Koltay – und das ist die Gräfin Viktoria. Er liebt sie, findet Gegenliebe und verlobt sich mit ihr. Da plötzlich trennt der Krieg grausam die Liebenden. Koltay geht an die Front, gerät mit seinem Burschen Janczi in russische Gefangenschaft und wird auch nach Friedensschluß wegen Spionageverdachts festgehalten.
In der Heimat gilt Koltay für tot. Und Viktoria, die jede Hoffnung auf Rückkehr ihres Geliebten aufgegeben hat, heiratet den amerikanischen Diplomaten Cunlight.
Bald nach der Hochzeit wird Cunlight als Gesandter nach Peking berufen. Und das Schicksal Koltays ist es, daß er auf abenteuerlicher Flucht gleichfalls dorthin kommt und im Hause Cunlights, mit dem er unter dem Namen eines Rittmeisters Tschaky wegen seiner Heimreise verhandelt, Viktoria wiedertrifft. –
Schon am nächsten Tage muß Cunlight in diplomatischer Mission nach Petersburg fahren. Koltay soll ihn begleiten und von dort aus unter dem Schutz eines Gesandtschaftssekretärs die Reise nach Ungarn fortsetzen. Als es soweit ist, weigert sich Koltay, Petersburg zu verlassen, ohne daß Viktoria mit ihm geht. Er weiß, es ist heller Wahnsinn – aber ein Leben ohne die Geliebte ist für ihn undenkbar. Viktoria selbst hat bisher mit keinem einzigen Blick, keiner einzigen Gebärde verraten, daß noch ein Gefühl für Koltay in ihrem Herzen wohnt. Wie es auch sei – die Ehe ist ihr etwas Heiliges.
Ein unvorhergesehenes Ereignis bringt die Dinge der Entscheidung näher. Das Botschafter-Palais wird eines Tages militärisch umstellt. Man hat erfahren, daß sich Koltay, der langgesuchte Flüchtling, in dem Gebäude der Gesandtschaft befindet. Der Petersburger Kommandant verlangt seine Auslieferung, und Cunlight hört erst jetzt, daß es sich bei dem Rittmeister Tschaky um Viktorias totgesagten Verlobten handelt. – Nun spielt Koltay mit offenen Karten: er erklärt, daß er Viktoria liebt, daß er noch ein Anrecht auf sie zu haben glaubt. – Doch das alles ist für Cunlight kein Grund, um ihn an die Russen zu verraten.
Er macht Koltay Vorschläge für seine Rettung. Aber dieser will sein Leben nicht einem Manne verdanken, der ihm sein Glück genommen hat, und stellt sich selbst den Verfolgern.
Als dies geschehen, verliert Viktoria vollkommen die Fassung. Cunlight sagt es genug – ihr Herz hat ihm nie gehört. Er schlägt Viktoria eine Trennung vor. Sie willigt ein und kehrt nach Ungarn zurück. – Einsam und zurückgezogen lebt sie auf ihrem Gut, ganz dem Schmerz und der Erinnerung hingegeben. Vergeblich versucht Janczi, der die Heimat Wiedersehen durfte und sich eine gesandtschaftliche Kammerzofe als Braut mitgebracht hat, die Trauernde aufzuheitern. Vergeblich auch ihr Bruder Ferry, der inzwischen O Lia San, eine liebliche Blume des Ostens, zur Frau erkoren hat. – Erntefest – Jubel und Ausgelassenheit herrscht auf dem Gute Viktorias –
Knechte und Mägde tanzen nach den feurigen Klängen des Czardas. Nur traurig – inmitten aller Fröhlichkeit – die Herrin. – Da geschieht ein Wunder; Koltay ist plötzlich da – der endgültig Totgeglaubte – er lebt. Und der seine Auslieferung erwirkt hat und nun die beiden Liebenden wieder zusammenführt, ist – Cunlight.

Kritik (E. J., Film Kurier #294, 12/16/1931):
Konzentrierte Rotter-Operette: Die drei Atelier-Schau-Pätze mit lockerer Handlung, mit verblüffenden, aufreizend-echten Außenaufnahmen verbunden (man fühlt solche Sehnsucht nach Reise, Ferne, anderen Horizonten), die Sänger, Tänzer, Rollen-Sprecher und Komparsen durch die Szenen eilig-lustig getrieben und hinter jedem und allem her: Paul Abrahams längst ins Ohr, ins Blut gedrungene, betörende, schwungvolle, volksliedhafte Musik.
Es konnte auch bei Verleugnung aller filmischen Kunstfertigkeiten nicht schief gehen. Und hat den Vorzug vor jeder sakralen Operetten-Theater-Inszenierung: es geht schnell, ohne Pause, – Rotters im Oswaldraffer.
Will man mit dem einen Unsinn zu rechten beginnen, ist schon ein neuer Spaß vorgeschoben, verändert das Schau-Milieu; der Sänger Bohnen bereits zur Tür hinausgeschickt, gerade wenn man seine unglückliche Opernwürde belächeln will; die Filmdebütantin Friedel Schuster schon mit dem photographischen Schleier bedeckt, wenn man forschen möchte, warum sie einem Potsdamer Schloßgespenst („Die weiße Frau“) in die Füßchentapfen tritt. Es kann nicht schief gehen. Zwei Ungarn springen wie bissige Hunde vor, wenn ein Wölkchen des Unmuts sich naht: Abraham Paul und Verebes Ernst.

Das Operetten-Publikum ist sehr zufrieden.
Die bekanntesten Abraham-Schlager hört es (das Beste an „leichter“ Musik von heute), sieht sie gleichzeitig mit Bildern illustriert. Am wirkungsvollsten „illustrieren“ die Buffo-Paare, die Exzentriks: Gretl Theimer, die entzückend aussieht, mit Verebes und Else Elster (diesmal schwarz) mit Willi Stettner, der auch nicht einen Bühnen-Tanzschritt ausläßt.
Verebes Ernst – der wilde Mann des Films, er spritzt das Gulaschsafttemperament nur so, haut und knufft seine Partnerinnen, küßt und umhalst die Männer, herzt die Schweinchen, liebkost die Geige; (ein Pferd, ein Pferd, ein Königreich Ungarn für dieses schnaubende Pferd . . . für den deutschen Film wird seine Hanswursterei allmählich zu viel. Noch appplaudieren seine Getreuen so wild, wie er sich gebärdet.)
Bohnen, als amerikanischer Gesandter und edelste Mannesgestalt der singenden Weltliteratur, reproduziert den neuen Schlager „Du bist mein Gllick“. Ein klangvoller Abrahamsohn, dieser Des-Dur-Schmalzer. Schon populär. – und Richard Oswald bringt durch die Kapelle Lewinnek die liederreiche Partitur meist klangschön unter (Ton: H. Birkhofer; Aufnahmeleitung: der routinierte Zeiske) – das sichert den Erfolg. „Reich mit zum Abschied“ – „Ungarland“ – „Pardon. Madame“ – „Ungarisches Mädel“ – alles noch einmal – angenehm gekürzt – vors Ohr gebracht. Wie der Oswald rauscht, so schallt es heraus.
Fürs Auge sorgt der Architekt Franz Schroedter, täuscht viele Länder vor, hat Peking gebaut und Petrograd, zwischen Pußtasand und Pulverschnee, man vertraut seinem Kulissenzauber; Reimar Kuntze fährt mit der Kamera, wie die Regie es befiehlt.
Das Liebespaar: Friedel Schuster und Patrovich. Die Schuster – wie sollte sie anders – präsentiert sich bei ihrem Debüt von der unfilmischsten Seite. Aber ihren Stimmzauber verleugnet selbst das böse Zelluloid nicht. (Sie würde übermorgen in Liegnitz die Brunhilde singen. Warum nicht: wer so jung, ist, darf Fehler begehen – und wir haben schon uralte Stars viel schlechter gesehen.) Patrovich – für seine steife Art erstaunlich aus sich herausgegangen. In kleineren Rollen gern bemerkt: Ch. W. Kayser (warum so selten im Film?), Pittschau, Falkenstein
Beifallsstürme – für einen ganz unfilmischen Film – für die Verbilderung der Musik Abrahams.
Richard Oswald hat das aus der la main gemacht (und der Drehbuchautor Friedmann-Frederich nicht minder) – und dennoch in den Kinos: volle Kassen, zufriedene Gesichter. So schon überall im Reich. Es wird in Berlin nicht anders sein.
Geheimnis: Der Pulsschlag eines echten Theater-Musikers wie Abraham, der das leichtsinnige Ohr der Zeit hat, ist nicht tot-zukriegen – – ungarischer Rhythmus und ein Schuß Zigeuner-Ewigkeit. Die schluchzt und schmelzt und kitscht und schmarrent – und reißt zu sich herbei.
Geheimnis: ein Schuß Zigeuner-Ewigkeit – in dieser Musik.

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