Melody of Love

Originaltitel: Melodie der Liebe. Künstlerdrama 1932; 106 min.; Regie: Georg Jacoby; Darsteller: Richard Tauber, Lien Deyers, S. Z. Sakall, Petra Unkel, Alice Treff, Grete Natzler, Anton Walbrook, Karl Etlinger, Ida Wüst, Angelo Ferrari, Gerhard Dammann; Reichsliga-Heros-Tobis-Klangfilm.

Ein gefeierter Tenor bewirbt sich ernstlich um ein kaum wertvolles Mädchen, kommt dabei einem jüngeren Kapellmeister ins Gehege, zieht schließlich den Kürzeren. Die Spielgefährtin seines Töchterchens aber liebt ihn selbstlos. Spät erst erkennt er dies.

Zusammenfassung
Getragen von Stürmen der Begeisterung eilt Richard Hoffmann von Stadt zu Stadt. Tausende jubeln allabendlich dem groben Tenor zu. Er lächelt den Menschen zu, aber in seinem Herzen ist er einsam geworden, seit er die geliebte Frau verloren. Gloria, das sechsjährige Töchterchen, begleitet ihn, und Bernhard, sein Schwager, der wie ein getreuer Eckchart um das Wohl und die Stimme des Sängers besorgt ist.
Letztes Gastspiel vor der Überfahrt nach Amerika. Nichtendenwollender Jubel, Autogramme nach allen Seiten, Interviews, Mauern begeisterter Menschen. Flucht vor dem Trubel und Öffentlichkeit in ein kleines Lokal am Rande der Stadt.
Vier arme Musikanten singen Hoffmanns berühmtes Heimatslied in der Kneipe. Übermütig fällt der unerkannte grobe Tenor ein. Seine wundervolle Stimme erfüllt den Raum. Mitten in das Staunen hinein platzt eine lärmende Gesellschaft, die vor dem Lokal eine Autopanne hatte.
Die Damen erkennen sofort Richard Hoffmann. Hella macht Lilli, die Freundin des jungen Kapellmeisters Erwin Richter, auf die unvergleichliche Chance für Erwin aufmerksam. Besser als in der Gesellschaft des weltberühmten Tenors kann Erwins neuer Schlager nicht gefeiert werden.
Lilli und Hella tanzen. Lilli gefällt Richard auf den ersten Blick. Zu Bernhards Verdruß setzt er sich an Lillis Tisch. Die Stimmung wird schnell ausgelassen. Als die Polizeistunde schlägt, ladet Lilli die Tafelrunde in die elterliche Wohnung ein. Dort hört Richard Erwins neues Lied. Er ist begeistert. Aber begeisterter noch von der reizenden LillL Beim Abschied kommt es zum ersten Kuß.
Von diesem Abend an beginnt Richard an ein neues Liebesglück zu glauben. Er ahnt nicht, daß Eltern, Tochter und Freunde in ihm nur den reichen Mann sehen, von dem sie eine Verbesserung ihrer Lebenslage erwarten, er ahnt nicht, daß Lillis Interesse nur Berechnung ist, daß ihr Herz Erwin gehört, gerade dem Manne, dem er unter Einsatz seines mächtigen Einflusses weiterhelfen will. Glücklich wie ein Kind überhäuft Richard die Geliebte und deren Familie mit Geschenken.
Auch die kleine Gloria hat inzwischen eine bemerkenswerte Bekanntschaft gemacht. Auf dem Spielplatz hat sie eine Freundin gefunden, von der sie sich nicht mehr trennen will. Es ist Escha, eine junge Bildhauerin, die herrliche Sandburgen bauen kann. Gloria schleppt Escha ins Hotel, zeigt sie strahlend dem Papa, und Escha darf nicht mehr fort, sonst gibt’s ein schreckliches Geschrei. Escha macht gute Miene dazu. Schnell wird sie zum stillen, guten Geist, den jeder gern hat. Onkel Bernhard ist sogar begeistert. Escha gefällt ihm tausendmal besser als Lilli, die er längst durchschaut hat. Immer häufiger trifft sich Richard in diesen Tagen mit Lilli. Ein Anflug von Mißtrauen, daß sie mit ihm spielt, ist schnell geschwunden. Er bittet sie, ihn nach Amerika zu begleiten. Lilli ist maßlos überrascht. Dieser Ausgang des Abenteuers übertrifft ihre kühnsten Erwartungen. Aus der Chance für Erwin ist nun mit einem Male die Chance ihres eigenen Lebens geworden. Hella, die Freundin, rät ihr, mit Erwin schnell Schluß zu machen. Glückstrahlend kommt der junge Kapellmeister zu Lilli. Er darf heute abend die „Tosca”, Hoffmanns große Abschiedsoper, dirigieren. Er sieht Lillis Zimmer voll herrlicher Blumen. Dann sicht er den kostbaren Ring an Lillis Hand. Er versteht. Mit leidenschaftlichen Worten versucht Lilli ihm ihren Entschluß zu erklären. Erwin will wortlos gehen, aber Lilli hält ihn zurück. Sie liebt nur ihn. Aber sie sehnt sich hinaus aus der Enge dieses Hauses, hinaus in den Glanz der Welt.
Mit bitteren Gefühlen hört Erwin zu. Da erklingt aus dem Lautsprecher sein Lied. Richard Hoffmann singt es, und Hunderttausende hören es in der Welt. Lilli kann Erwins Schmerz nicht ertragen. Als Richard vom Funkhaus kommt, läßt sie ihn vergeblich vor der Tür läuten. Stunden vergehen. Lilli und Erwin finden keinen Ausweg. Aufgeregt begeben sich die Eltern voraus ins Theater. Und als Richard vor der Oper, von plötzlichem Mißtrauen und von Sehnsucht getrieben, Lilli abholen will, findet er sic in Erwins Armen.
Lilli hat schnell erfaßt, daß ihre große Chance vorbei ist. Als Richard bittere Worte über Erwins Undankbarkeit spricht, trift sie für den Geliebten ein. Nun, da sie nichts mehr zu verlieren hat, läßt sic rücksichtslos die Maske fallen. Mit steinernem Gesicht hört ihr der Sänger zu, bis ihn der entsetzte Schwager, der mit Escha Zeuge der letzten Szene war, in die Oper holt.
Ein festliches Haus wartet auf Richard Hoffmann. Der letzte Abend in Europa. Am Dirigentenpult steht bleich Erwin. Er hat sich seinen groben Abend anders vorgestellt. In der Loge Lillis angstvolles Gesicht stolz die noch ahnungslosen Eltern
Von Akt zu Akt befreit sich Hoffmann mehr und mehr von dem Druck des Erlebnisses. Die grobe Schlußarie des Cavaradossi singt er strahlender als je. Das Publikum ist hingerissen. Die Salve der Soldaten auf der Engelsburg kracht. Erschüttert sieht man den Sänger zusammenbrechen. Ein Sturm der Begeisterung braust auf. Unaufhörlich ruft man nach Hoffmann, der still und einsam das Theater durch einen Nebenausgang verläßt.
An diesem Abend soll Richard Hoffmann in seinem Schmerz eine merkwürdige Entdeckung machen. Er muß feststellen, daß seine kleine Gloria eine viel bessere Menschenkennerin ist als ihr Herr Papa, Zum zweiten Male sagt ihm an diesem Tage eine Frau gründlich die Meinung. Diesmal ist es Glorias Freundin Escha, das kleine blonde Fräulein, das er bis jetzt kaum ernstlich beachtet hat.
Bernhard, der getreue Eckehard, macht in dieser Nacht seine erste und sicher größte Dummheit.
Er muß sie am nächsten Morgen vor der Abfahrt nach New York schwer genug büßen. Und wer weiß, wie alles gekommen wäre, wenn nicht die kluge, kleine Gloria im Interesse ihres Vaters und ihrer besten Freundin und nicht zuletzt des unglücklichen Onkels Bernhard energisch eingegriffen hätte.
Sie war eben doch von allen Beteiligten die beste Menschenkennerin.

Kritik (E. J., Film Kurier #099, 04/27/1932):
Saison-Ende? Ausgeschlossen! Hat man die Beifall-Stürme dieser Reichsliga-Uraufführung im Ohr, stellt man fest: gegenwärtig Höhepunkt der Publikumsbegeisterung.
– mit einem Tenor-Film, der beim Tenor bleibt. Kritikentwaffnend anständig gemacht, fürs große Reich erfunden, für das Familienprogramm, fürs Herz, – wie einst der Heidelberg-Film – für die Kinokasse – ein Ludwig-Scheer-Mixtum (Kommerzienrat heißt – guter Rat für Geschäfte); wer ihn gedreht hat und wer ihn spielen wird – sie haben Oberwasser. Kein Mailüfterl kann das hindern! Dieser „Melodie der Liebe“ wird man auch im Hochsommer gern zuhören, ihrem besinnlichen F-Dur-Lied aus dem Lande des wehmütigen Lächelns.
Denn die „Melodie“ klingt gut.
(Nur mit „der Liebe“ ist ein kleines Malheur passiert.)

Man muß die Wirkung unterstreichen – man sah verzückte Tauber-Schwärmer. vor der Premiere, nach dem Film, vor dem Kino, im Kino. Es war kein Branchefest, das Publikum lobte. Sie haben also recht kalkuliert, jenseits aller Skrupel und Zweifel noch einmal einen Tauber-Film zu wagen. Es hätte auch schief gehen können. Reichsliga hat gewonnen.
Hat gewonnen, eben weil sie kalkulierten. Ohne den guten Geschmack zu Haus zu lassen. Eine alltägliche Tenor-Liebesgeschichte – nein; man mußte ihn erst einmal so sympathisch wie möglich bringen. Berühmt – aber einsam –, gutmütig bis zur Verschwendung – aber ein treusorgender Papa –; ein Mann aus und mit dem Volke – aber im Luxus-Hotel beheimatet –. Dieser Bestellschein trügt nicht: hier hat man einen „menschlichen“ Tenor, wie ihn die inzwischen zu freundlichen Mammis gereiften Hoftheaterbackfische träumten. (Doch die Mammis gehn ins Kino, willkommen, willkommen, Euer gutes Herz – ist keine Schande.)

Eine Stunde lang lacht man über Richard Hoffmanns Erzählungen von Hermann Müller und seinem Kind. Hermann Müller = Fred Hildenbrandt: Fritz Friedmann = Frederich arbeitete an den Dialogen und so mit.
Die vielen, vielen Mitarbeiter haben die entscheidenden lustigen Einführungspartien nicht belastet.
Da trifft man den Tenor unter den Volkssängern, die fidelen Elite-Sänger geben dem Elite-Sänger Tauber Belehrungen, er solle mehr „vorn“ singen.
Mit einer vergnügten Gesellschaft rückt man spät nachts in ein verbummeltes, verstaubtes Spießerheim, wo Ida Wüst ein tolles Regiment führt. Heilbronner, der Architekt, zeigt in diesem drastischen Milieu wie er charakterisieren kann.
Szöke Szakall, der wie die meisten deutschen Komiker als Solist nicht trügt, als zweiter Mann urkomisch sekundiert, geht als gute Amme seines Tenors durch alle Schrecken der Nacht. Solche Possenzauber stellt Georg Jacoby, der Regisseur, ja schon mit der linken Hand her. Diesmal hat er sogar mit beiden Händen inszeniert.
– und mit beiden Händen abgewehrt, daß ein sympathisches Mädelchen – Petra Unkel – „krank“ mimt, mit Fieberchen um den Tenor-Vati zu ängstigen. Nichts damit! Weder der Tenor doch das Töchterchen verlieren die Stimme. Danke schön. Wir scheinen bei den deutschen Filmstoffen das Schlimmste überstanden zu haben.
Man verhält sich daher auch gutmütig, wenn – schade – die böse Liebe im Märchen ist; der Korb, den sich der große Tenor bei dem Bürgermädel holt, bleibt eine dramaturgische Attrappe. Alice Treff – die bei ihrem zweiten Film Spuren eines Spezialtalentes zeigt (zum zweitenmal in einer für sie unmöglichen Rolle) wird einfach ausgelacht. als ihre Lilli den Tenor ausschlägt.
Sie naht wie keine Gottheit.
Denn der große Tenor ist diesmal von Kopf bis Ceh liebenswert.
Taubers bisher sympathischstes Filmen.

Schon äußerlich ohne viel Gehabe präsentiert. Von Behn-Grund mit dem neuen Kodak-SS-Material in angenehm-realistischer Kamerazeichnung festgehalten. (Behn experimentiert nicht immer gleichmäßig lichtsicher). Hat auch in den heiklen, dramatischen Momenten Wärme. Schlichtheit.
Er singt, wie nur der Tauber singt.
Er singt schöner als der Tauber auf der Bühne, die aufgezeichnete Stimme hat keine leichte Abendmüdigkeit und außer wenigen Verstärkerschärfen gibt er in allen Liedern den Hauch des Lebendigen.
Fr bringt die Caravadossi-Arie des dritten Toska-Aktes, etwas nervös, doch das stimmt zu seiner Erregung. Dann taubert er aus drei, vier kleinen, gut gesetzten Gesangstücken von Kaper und Jurmann Sangesdelikatessen, echte Melodien. Ein Kinder-Liedchen mit so närrischem Text (Rotter), wie es sein muß, damit es, wenn auch nicht aus einem Knaben Wunderhorn, so doch aus einer reizenden, kinderfrohen Spielerseele gestaltet wird. Dann seine resignierte Melodie, die Melodie des Films „Schade, daß die Liebe ein Märchen . . . .“
Mehr ein Stimm-Prunkstück – das Heimatlied. Paul Dessau überwachte wieder Bearbeitung und Orchester. So wird aus Schlager-Melodie Musikerlebnis. Einfach, volkstümlich. Keine Operette, – mit Tanzschlager; liedhaft – und die Lieder sogar recht ungezwungen eingesetzt.
Der Tenor ohne Lohengrin-Allüre. Wedekinds Kammersänger als guter Bürger Tauber-Hoffmann. Ein Liebling der – Menschen.
Neben Tauber und Szakall bleiben Lien Deyers, die (schon verstarte) Grete Natzler und A. Wohlbrück Hintergrund – Figuren. Durch scharfe Profile abgehoben: Karl Etlinger, Dammann, W. Schmidt der Diener Tschang, ein nettes Pärchen im „schmalen Handtuch“ (Hellmut Schreiber – ist mehr als ein Schauspieler; er hat Blick für Milieu-Besetzung).
Produktionsleitung: Karl Ritter. Ein unbestreitbarer großer, persönlicher Leistungsausweis für ihn.
Dieser Reichsligafilm – nicht mehr ein Versprechen, sondern eine sympathische Gabe für Deutschland und das Ausland.

css.php