Storms of Passion

Originaltitel: Stürme der Leidenschaft. Komödie 1932; 104 min.; Regie: Robert Siodmak; Darsteller: Emil Jannings, Anna Sten, Anton Pointner, Franz Nicklisch, Otto Wernicke, Hermann Vallentin; Ufa-Klangfilm.

Als Bumke aus dem Zuchthaus heimkehrt, hält es seine Anna mit einem Aktphotographen, den er erschlägt. Später verpfeift sie ihn, da sie mit einem Jungen angefangen. Diesen rettet die Polizei vor dem gleichen Schicksal. Auf Bumke wartet die Strafanstalt, wo es ruhiger ist.

Zusammenfassung
Breit, stämmig und selbstzufrieden steht Gustav Bumke mit dem Schöpflöffel am großen Suppenkessel im Gefängnis Plötzensee. Sachverständig verteilt er die Nudeln auf die Kessel, schmeckt ab: „Mensch, das schmeckt ja wie eingeschlafene Füße! Bouillonwürfel her!“ Gustav liebt den kräftigen Geschmack und das gute Leben, und das Geld dazu holt er sich aus diebes- und feuersicheren Geldschränken, so lange, bis seine alten Freunde von der Polizei Ihn wieder einmal schnappen und man ihn festsetzt für Jahre und Monate. Seine Führung im Gefängnis aber ist tadellos – bis auf gelegentliche kleine Schiebungen beim Verteilen der Portionen – so ganz ehrlich, das kriegt Gustav nun mal nicht übers Herz und so werden ihm denn die restlichen drei Monate seiner Strafe erlassen. – Beladen mit guten Vorsätzen und Ermahnungen, klettert Gustav vergnügt auf die Elektrische und strebt seinem trauten Heim zu, wo sein Fräulein Braut, die kesse blonde Anna, genannt „Russenanna“. schon sehnsüchtig – wie er glaubt – auf ihn wartet. Diesem blonden Luderchen Ist der schwere, massive Kerl nun einmal verfallen. An ihre Treue glaubt er unbedingt, denn wer wollte es denn wagen, einem Gustav Burnke die Braut auszuspannen? Der könnte sich ebensogut gleich Maß zum Sarge nehmen lassen. Denn Gustav ist geachtet und gefürchtet in seiner Gegend und beim „Sparverein“ eine grobe Nummer. – Als nun „ihr“ Gustav plötzlich vor ihr steht, lächelt Anna ihn mit Ihren verführerischen, falschen, so kindlich blickenden Nixenaugen an und denkt dabei an den „feinen” Fotografen Ralph Kruschewski, der sie so schön fotografiert hat, so schön, wie die Natur sie ohne Hüllen erschaffen hat. Das darf aber Gustav nicht wissen. Yvonne, Annas Freundin vom Tingeltangel, bekommt die Bilder und soll Ralph warnen, Gustav sei wieder Ja. Der sitzt inzwischen im Kreise der Kumpane im Sparverein und feiert Wiedersehen. Man ist nicht müßig gewesen, während er brummte Max, Paul und der Nuschler haben ein Ding ausbaldowert, eine ganz große Sache. Bankgewölbe unter der Erde mit Stollen angebohrt von Pauls Eisdiele aus. Es fehlt nur noch der leiste grobe Schlag, und damit haben sie auf Gustav gewartet. Aber der warnt, er kennt den Rummel und hat sich schon einmal dabei die Finger verbrannt. Er zeigt, wie es zu machen ist, sachverständig und klar, aber das bedeutet weitere wochenlange Vorbereitungen, von deren Notwendigkeit die Drei nicht überzeugt sind. „Wenn Gustav nicht will, dann geht’s auch ohne ihn!” – Während am Tage darauf Gustav in der Maske eines biederen Kassierers den Jungen Willi Prawanske, den Sohn eines alten Freundes, aus der Fürsorge abholt, kommt Ralph zu Anna. Plötzlich dreht sich der Schlüssel in der Tür, es ist Gustav mit Willi. Rasch versteckt Anna den Fotografen, und nur Willi sieht, wie sie den Geliebten heimlich entschlüpfen läßt. – Der Sparverein gibt ein Gartenfest in Treptow mit Kabarett, Feuerwelle und Tanz. Gustav erfährt, daß Max, Paul und der Nuschler an demselben Abend ihr grobes Ding drehen wollen. Sofort rast er im Auto nach Pauls Eisdiele, und es ist die höchste Zeit, daß er kommt, denn die Sache geht schief. Schon klingeln die Alarmglocken, und die Selbstschüsse knallen. Aber Gustav ist auf der Höhe. Blitzschnell dringt er von der Strafe aus in die Bank ein, fesselt den Wächter und beruhigt telefonisch die Polizei. Dann befreit er mit einer kühnen Sprengung die durch einen abgesprungenen Betonblock eingeschlossenen Kumpane und empfängt die kontrollierende Polizeistreife in Mütze und Mantel des Wächters. Ist auch der Einbruch mißglückt, so ist doch wenigstens keiner erwischt. Und nun schnell nach Treptow – zwecks Alibi. – Das Fest ist In vollem Gange. Ralph, der Fotograf, ist auch da, und arglos läßt sich Gustav mit Braut von ihm fotografieren. Anna jedoch ist schlechter Laune, den Hermelinpelz in der Tombola will sie haben. Aber eine andere gewinnt ihn, und Anna heult und mault, bis Gustav ihr einen Pelz verspricht. Jetzt gleich soll sie ihn haben. „Woher nehmen und – stehlen?” fragt sich Gustav, und schon fährt er los. Sofort schlüpft Anna zu ihrem Ralph In die Dunkelkammer, nur Willi hat es gesehen und verrät das verhafte Weib an Gustav, als der stolz mit dem „erworbenen” Pelz zurückkehrt. Flammend bricht Gustavs Jähzorn aus, es wird ihm rot vor den Augen. Donnernd schlagen seine Fäuste gegen die Dunkelkammer, krachend splittert die Tür. Ein Schuß blitzt auf, aber Ralph verfehlt sein Ziel. Entsetzt flieht er vor dem rasenden Verbrecher, In dessen Augen Mord sieht. Der Festtrubel steigt, prasselnd und zischend setzt das Feuerwerk ein, der Höhepunkt des Abrufe ist gekommen. Die Angstschreie des die Treppe zum Aussichtsturm hinaufflüchtenden Ralph ersticken im Krach der hundert Explosionen. Oben auf der Plattform des Turmes ringen zwei Männer, eine Faust krallt sich um den Hals des röchelnd Niederstürzenden. Hellauf flammt das große Feuerrad, in rasendem Rhythmus, die Musik dröhnt dazwischen, und mitten durch das Feuer stürzt ein Körper, fällt aufklatschend auf das Wasser. Zwei Hände greifen in die Luft, dann schließt sich der See, und in allen Farben des künstlichen Lichts glänzt das Wasser. – Ein wenig später taumelt Gustav nach Hause, wimmernd vor Angst empfängt ihn Anna. Noch einmal hebt der Einbrecher die furchtbare Faust, krallt sie in das Blondhaar des Weibes, reifet ihr den Kopf herum, sieht ihre Nixenaugen, den süßen, wollüstigen, halbgeöffneten Mund und – preßt seine Lippen auf die ihren, von neuem besiegt und geschlagen. – Aber seine Ruhe ist dahin. Paul kommt und sagt, Ralph sei tot und schon steht Goebel im Zimmer, der Kriminalkommissar, der Mann mit dem beinahe väterlichen Ton und den eisernen Nerven. Er spricht zwar nur von dem gestohlenen Pelz, doch Gustav, mit dem geschürften Instinkt des alten Verbrechers, ist mißtrauisch geworden. Die Ausgänge sind besetzt, aber der Weg Übers Dach ist noch frei. Und draußen gibt es sichere Verstecke! – Durch Willi erhält Gustav Nachrichten und Nahrung, doch er sehnt sich nach Anna, Willi soll sie herbringen. Widerwillig gehorcht der Junge und geht zu Anna. Sie ist allein, er steht ihr gegenüber, sie mustern sich, voller Haß und Verachtung sieht er sie an. Da schlagt sie ihm mitten ins Gesicht und steht nun dicht vor ihm. Aug’ in Auge! Er spürt ihren Atem, der Duft ihres Körpers berauscht ihn, und blitzartig erkennt der Junge, daß sein Haß nur Eifersucht war, daß er die blonde Teufelshexe begehrt und liebt mit der ganzen Glut seiner achtzehn Jahre, und In wilder Umarmung reifet er sie an sich. Wieder einmal kontrolliert Goebel Annas Wohnung und findet Willi. Der Junge will aber Gustav nicht verraten: „Dann kommst du eben mit zur Polizei!” sagt der Kommissar. Da stürzt Anna hervor, der man ihr Spielzeug nehmen will, und gibt Gustavs Versteck an, – Das Spiel ist aus. Gustav folgt willig dem Kommissar, als er weiß, wer ihn verpfiffen hat. – Anna und Yvonne sitzen plaudernd zusammen, sie haben ja Ruhe, denn Gustav hat sechs Jahre bekommen. Plötzlich öffnet sich die Tür, vor den entsetzten Frauen – steht Gustav. Unheimlich ruhig, mit beherrschter Wut zieht er sein Messer: „Wen hat jetzt Anna?” will er wissen. Anna, zitternd vor Angst, schwelgt Da pfeift es auf dem Hof. Das Mädchen stürzt zum Fenster: „Laut Willi!” Aber schon ist Gustav unten. Also Willi! Wild hämmern seine Fäuste in das Gesicht des Jungen, der sich wehrt. Im Kampf umschlungen stürzen beide auf die Erde. Zwei Hände tasten nach dem Messer . . . Gellend schreit Anna um Hilfe. Die Hausbewohner stürzen herbei. Die Polizei kommt. Die Kämpfenden werden auseinandergerissen. – Gustav ist auf einmal ganz ruhig geworden. Er sieht Anna bei Willi, liebreich helfend. Er sieht des Jungen ausgestreckte Hand, Gellend schreit Anna um Hilfe. Die Hausbewohner stürzen herbei. Die Polizei kommt. Die Kämpfenden werden auseinandergerissen. – Gustav ist auf einmal ganz ruhig geworden. Er sieht Anna bei Willi, liebreich helfend. Er sieht des Jungen ausgestreckte Hand, aber nimmt sie nicht. Er hat überwunden, die ganze entsetzliche Wertlosigkeit dieses Weibes ist ihm jetzt klar. Dafür wollte er frei sein? Für diese kleine Hure, die triebhaft heute den, morgen den hat – dafür leben?! Pfui Teufel! Da ist beinahe Plötzensee noch besser . . .

Kritik (E. J., Film Kurier #020, 01/23/1932):
Wir begleiten ihn mit einiger Sympathie: diesen Verbrecher, Gustav Bumke, der zwischen Mord und Totschlag alle Jahre wieder, oder alle zwei, alle sechs Jahre von Plötzensee ins Privatleben heimkehrt – und am Ende dieses Films als sein wahres Heim das Gefängnis zu loben scheint („mit Radio, Wasserspülung! Was will der Mensch noch mehr“ – so lautete das Schlußwort; der Zensor änderte: „Allein – Ruhe – keine Weiber! Was will der Mensch noch mehr . .“)
Tragikomödie der Liebe, auch der Eifersucht mit lebensgefährlichem Ausgang.
Eine echte Janningsrolle.

Denn schon vor „Tragödie der Liebe“ (1923) war sein dankbarster Typ – die Mischung aus Güte und Gewalt, ein Kinderherz und eine Riesenfaust. Ein Streichler und ein Würger, ein Lieber und Hasser. Die pfiffige Bonhomie des fast bürgerlichen Berufsverbrechers und die Othellowildheit des rasend Verliebten.
Die Pommerproduktion läßt ihn noch einmal seine populärste Varieté-Wirkung neuschaffen – die stumme Urbegabung seiner mimischen Brutalität, zwischen Lon Chaney und Bancroft, dazu setzt man ihn mit aller Natürlichkeit in das Milieu spaßiger Ringvereine, gutherziger Tresorknacker, freundlicher Kriminalisten.
Emil kann hier Emil sein: – die gezwungene Weltfremdheit eines Professors Unrat braucht er hier nicht zu stiliseren, –  mit Sophismen und Sarkasmen, aktuellen Witzen und behender Gutmütigkeit spielt er den gemütlich-dicken Kompagnon der blonden Schlingpflanze – sein Regisseur Robert Siodmak führt ihn am allzu betonten Solistentum vorbei, – er steht im Vordergrund – aber er läßt den Hintergrund frei und damit den Blick auf einen geschickt angesetzten, mit lockerer Ironie garnierten, inhaltlich spannenden, formal blendend inszenierten Ufa-Pommer-Film.
Autoren: Robert Liebmann, Hans Müller. Kein soziales Problem, keine „M“-Auklage – sondern wie immer jene raffiniert gemixte Unterhaltungsart, die mindestens einen turbulenten Höhepunkt erreicht, daneben aber allen Geschmackswünschen, von der Avantgarde bis zum behäbigen Galeriespaß nachgeht, – und viel Erotik fürs Volk, das versteht sich.

Ein neues Filmgenre wurde nicht erstrebt – doch im bewährten alles Können bestätigt. Erich Pommer und seine Autoren unermüdlich, ohne Grübelpause, – und wie schwer jede dieser 1000 Film-Nuancen und -Zeitglossen an den gähnenden Zensorenrachen bei uns vorbeizuführen.
Der Höhepunkt: das Fest der Ringvereine in Treptow. Hierbei das Feuerwerk-Schauspiel – und die Tragödie zweier Männer, die um ihr Leben ringen.
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Man schalte hier die filmästhetische Überlegung ein: Film-Wirkung ist Schau- und Hörphänomen – den „Sinn“ der Szenen durch Reflexion nachträglich zu analysieren und kritisch zu vergleichen, einzuordnen, ist doch in Wahrheit eine einseitige literarische (nicht filmische) Wertung. Sie muß unvollständig und ungerecht sein.
Die zünftige „Kritik“ verliert sich zu leicht in Thesen, die sie nach dem Filmerlebnis an diesem abmißt und einschätzt. Sie stellt das Filmerlebnis selbst zu wenig ins Calcul, sie gewinnt ihre Erkenntnisse nicht aus dem Seh-Gehalt.
Welche Kunstgattung (und weiche der aus ihr gewonnenen Werturteile) enthalten solches Wirkungsbeispiel wie diese an sich dramaturgisch konstruierte Parallelität von optisch-ornamentalem Feuerwerkspiel, der Verfolgspantomime zweier Menschen, der Dialogvermischung mit den Klängen des Gartenkonzertes und den aufstachelnden Geräuschlinien der platzenden, zischenden, heulenden Feuerwerksfontänen? Eine Filmerscheinung, die man literarisch nicht vergleichen kann.
Man muß sie aber anerkennen als einen Höhepunkt, eine in sich vollendete Film-Komposition, die ein Meisterbeispiel sein und bleiben wird. Dies zu betonen ist filmpositiver als nur Handlungskurven abzutasten.
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Oft werden sich in diesem Film die Kenner mit den Ellenbogen anstoßen (Die Hofaufnahme). Kein Pommerfilm ohne Subtilitäten. Wenn man auch über die Verwendung der Großaufnahmen mit ihrem Star-Kopf-Arrangements recht abweichender Meinung sein darf.
Es ist Mode geworden, den Dialogfluß durch die Apothesen schöner Frauenposen zu erotisieren. Auch Anna Sten wird wieder –  durch Günther Rittaus herrliche Maler-Kamera – in hundert Varianten entdeckt.
Die blonde Unschulds-Schlange wird mit allen Reizmitteln begehrlich gemacht. Viel Filmzauber um sie – in ihrer heiteren Echtheit bestrickend, wenn sie nicht zu viel vampt und wirbt und wippt. Ihre auch sprachlich vervollkommnetste Leistung. Sie wird noch weiter wachsen.
Wie leicht hat es unkomplizierte Jugend, die nicht Star sein will (oder muß) auf der vergrößernden Leinwand: Franz Niklisch. Sein Willy – Fürsorgesögling, dumpf, dumm, an der Frau erwachend; er braucht nicht viel zurecht zu legen, nicht künstlich abzudämpfen, er überzeugt durch sein Da-Sein. Ein Griff zum Nachwuchs, der sich gelohnt hat.
Auch Trude Hesterberg, der Tingelteuse mit dem Nachtberuf, und Otto Wernicke, dem gütigen Vater aller Verhafteten im Film, kann man nichts Besseres zu ihrem Lobe sagen: sie leben; während Bendows Lustigkeit schon wieder Selbstkopie, die unecht wirkt. Lustige Verbrecherchen: Hans Deppe, Hans Reimann, Julius Falkenstein.
Anton Pointner in der Rolle des glücklichen Liebhabers, der unglücklich endet. Hat den richtigen Ton.

Robert Siodmak hält nicht ganz durch. In der dramatischen Zusammenfassung schleppt er einmal – er gibt dem Angstkomplex (plötzliches Auftauchen Gustavs nach seiner Aburteilung) eben noch krassen Auftrieb, läßt Sekunden später in breitem Ausspielen das Mordmesser – zum Apfelschälen benutzen. Darauf lange Messerstecherei. Versöhnungsanfall des Rivalen, fauler Witz auf die Weiber, langwieriges Kamerapanorama an den Häuserfronten im erregendsten Augenblick – – schneiden, die Einfälle zusammendrängen, die Leidenschaft säuselt da statt zu stürmen. (Der große Sturm der Hauptszenen wird dadurch nicht herabgemindert.)

Eine Unsumme von Erfolgsgarantien: die erregende Handlungskette des Kriminalreißers; Emil Jannings Virtuosentum im Ensemble: der Sten verführerische Ausdrucksstärke – – und die vollendete technische Ausgeglichenheit: Thierys Tonbehandlung. Friedrich Holländers Musik mit dem populären Schlager: „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ – – Rittaus Kamera. Kettelhuts Raumarbeiten – – ein Kollektiv der Könner.
Reicher Beifall. Ein populärer Erfolg der Pommer-Marke.

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