Originaltitel: Die lustigen Musikanten. (Laubenkolonie.) Heiteres Volksstück 1930; 83 min.; Regie: Max Obal; Darsteller: Fritz Kampers, Camilla Spira, Erika Gläßner, Hermann Picha, Hans Hermann Schaufuß, Julius Falkenstein, Gerhard Dammann, Valeska Stock; Aafa-Tobis-Film.
Der Sohn einer Fischhändlerin und eine Kolonialwahrenhändlerstochter sind verlobt. Deren verwitweter Vater halst sich eine abgetackelte Chansonette dritten Grades auf und heiratet sie. Bald aber kommt es zur Scheidung, nachdem das Sammeln des Beweismaterials beinahe das erste Paar auseinandergebracht hätte.
Zusammenfassung
Frau Selbinger betreibt ein Fischgeschäft und Franz, ihr Sohn, macht sich ebenfalls im Laden nützlich.
Nebenan verkauft Gustav Müller Kolonialwaren; ein Witwer, der von seiner Tochter Anna betreut wird.
Anna und Franz sind sich sehr gut miteinander. Daß sie sich heiraten werden, ist eine stillschweigende Verabredung. Auch munkelt man davon, daß der alte Müller und Frau Selbinger noch einmal Brautleute sein werden.
Enge Freundschaft verbindet die beiden Familien, die an jedem Wochenende in die Laubenkolonie „Zur blauen Pflaume“ hinauspilgern, wo sich bei Musik und Weißbier ein idyllisches Landleben entwickelt. Holder Friede, traute Eintracht herrscht unter den Familien, bis eines Tages Unerwartetes eintritt.
Gustav Müller erliegt den Verführungskünsten der übelbeleumdeten Tingel-Tangel-Künstlerin Rita Vineta.
Diese zwingt ihn, unter der Vorspiegelung, sie erwarte ein Kind von ihm, sich mit ihr zu verheiraten.
Große Bestürzung allerseits. Vor allem ist Anna totunglücklich, weil Franz sich von ihr zurückzieht. In eine solche Familie könne er nicht einheiraten.
Rita Vineta macht es sich bei Müller bequem, quartiert ihren „Bruder“ Alfons dort ein und bringt das ganze Haus durch freches Benehmen sowie andauerndes Klavierspielen in Wut.
Als sie schließlich an einem Tag, der nicht dafür bestimmt ist, auf dem Hof Teppiche klopft, kennt die allgemeine Erregung keine Grenzen mehr. Ihr Ehemann kann sie nur mit Mühe vor Tätlichkeiten schützen.
Anna sinnt Tag und Nacht darauf, wie sie ihren Vater von der schrecklichen Person wieder loseisen kann.
Der Laubenkolonist Oscar Brandes betätigt sich in ihrem Auftrag als Detektiv und zieht Erkundigungen über Rita ein. Es stellt sich heraus, daß sie eine abgefeimte Schwindlern ist, die bereite mehrmals wegen Ehebrüche geschieden wurde, und jetzt einen Mann unter der Vorspieglung, ein Kind von ihm zu bekommen, gekapert hat.
Müllers Ehe tat ungültig.
Dem Schwergeprüften naht sich als Trösterin Frau Selbinger. Franz will aber von Anna immer noch nicht wissen. Er ist eifersüchtig auf Brandes, bis ihm Anna nachweist, daß ihn Beziehungen zu diesem Herrn rein geschäftlicher Natur gewesen seien.
Ein großes Fest in der Laubenkolonie mit einer prächtigen Verlobungsbowle bildet den Abschluß der lustigen Filmhandlung.
Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #253, 10/25/1930) :
Volksstück im Film. Franz Rauch und Max Obal haben die Natursehnsucht des Großstädters, dessen Herz sich an ein paar armselige Gemüsebeete, an ein paar vermickerte Obstbäume klammert, mit gutem Gefühl für die Realität geschildert. Dazu die obligate Liebesgeschichte mit einigen Mißverständnissen und das unhappy ending einer Tingel-Tangelsängerin, gegen die sich die Wut der ehrsamen Proleten wendet.
Sehr glücklich sind von den Autoren die Typen gewählt. Jede Person der Handlung ragt klar erkenntlich hervor, jeder Darsteller hat in seiner Rolle das zu spielen, was seinem ganzen Wesen entspricht. So ist der Film schließlich ein großer Erfolg für ein gutes halbes Dutzend Darsteller, ohne daß ein besonders gezeichneter Star sein Wesen treibt.
Max Obal hat glücklicherweise nicht den Ehrgeiz gehabt, in seinen Stoff mehr hineinzuinszenieren, als der Stoff vertragen kann. Obal hat die behagliche Ausruhstimmung des Großstädters gezeichnet, der mit fast kindlicher Verspieltheit seine paar Quadratmeter Pachtland beackert, der seine Freude an der Kunst durch passioniertes Singen und Musizieren beweist und der vor allen Dingen für „Gemütlichkeit“ ist. Der viele Singsang in diesem Film ist inhaltlich begründet. Die Dialoge zeigen geschicktes Hineinfühlen in die Art, wie Leute in der Laubenkolonie zu sprechen pflegen.
Fritz Kampers holt sich den größten Erfolg. Als Urbayer unter Berlinern legt er seinem Mundwerk keine Zügel an. Lautes Poltern und verliebtes Balzen sind bei ihm dicht beieinander. Der Regisseur läßt den Darsteller reden, und der erweist ein gutes Gefühl für das, was zu sagen und nicht zu sagen ist. Das letzte Eckchen des Publikumsherzens erobert sich Kampers durch ein paar harmlose Schnadahüpfl.
Camilla Spira debütiert im Tonfilm. Sie hat eine weiche, klare, mikrophongeeignete Stimme und bringt die nötige Frische und Rundlichkeit für ihre kesse Berlinerin mit. Sie ist für ähnliche Rollen sehr gut zu gebrauchen.
Auch Picha bringt sich natürlich in Erinnerung. Welche Möglichkeiten bietet für ihn die Rolle des schon etwas tattrig gewordenen Kolonialwarenhändlers, der mit angegrautem Haar noch einmal Casanova-Allüren hat und einer erheblich wurmstichigen Chanteuse auf den Leim kriecht wie ein blutjunger Gimpel ! Er glaubt ihr das Märchen vom in der Ferne klappernden Storch und heiratet sie. Erika Gläßner räumt mit der Friedlichkeit seines Heims bald auf. Sie entfesselt eine Revolte unter den Klatschweibern, sie macht sich so unbeliebt und unbequem wie möglich. Und es herrscht restlose Befriedigung im Parkett, als sie als Schwindlerin entlarvt wird. Die Gläßner ist entzückend schnoddrig, ordinär bis in die Fingerspitzen. Ihr auf den Fersen ist ein angeblicher „Bruder“ Julius Falkenstein, der reichlich hilft, den unglücklichen Zwangsgatten auszumisten und der allmählich auch den größten Lebensmittelladen leer gefressen hätte, wenn der Luftballon nicht geplatzt wäre.
Die anderen: Gerhard Dammannn, sehr sympathisch und glaubhaft als leidenschaftlicher Landwirt-Amateur. Dann Hermann Schaufuß, der deus ex machina, angenehm sächselnd in dem Durcheinander von bayerisch und Berlinisch. Valesca Stock ist die appetitliche Fischhändlerin, bei der der gestrandete Picha schließlich Zuflucht findet. Luise Werckmeister und Hans Ritter sind sonst noch von der Partie.
Guido Seeber filmte mit Passion Hinterhaus, Tingeltangel und Laubenkolonie. Höfer und Schwidewsky bauten milieugerecht.
Grimm und Specht zauberten den Ton auf das Zelluloid, ihr Bemühen wird durch die diesmal ausgezeichnete Wiedergabe des Primus-Palastes gekrönt.
Das hörbar amüsierte Publikum geizte nicht mit Applaus. Es sind alle Anzeichen für ein Geschäft beim großen Publikum vorhanden.