Originaltitel: Skandal in der Parkstraße. Ein heiteres Sittenbild 1932; 80 min.; Regie: Franz Wenzler. Darsteller: Fritz Kampers, Camilla Spira, Kurt Lilien, Senta Söneland, Trude Brionne, Hans Wassmann, Kurt Vespermann, Leo Slezak, Ilse Korseck, Genia Nikolaieva, Sophie Pagay, Rosa Valetti, Wilhelm Diegelmann; Kreis-Tobis-Klangfilm.
Der Verkäufer eines Spezereiwarenhändlers macht die Dienstmädchen der Umgebung heiratslüstern, während sein Komplize ihnen Möbel auf Raten verkauft und mit ihm die Provision teilt. Ais die Bombe platzt, findet sich kein strafbarer Tatbestand. Auch daß er sich in einer fremden Wohnung während der Abwesenheit des Besitzers einquartierte, trägt ihm die Polizei ebensowenig nach wie die neue Besitzerin des Geschäftes, welche ihn heiratet.
Zusammenfassung
In der Parkstraße wohnen zumeist „bessere“ Leute, die sich Dienstpersonal leisten können. Zwischen den Brandmauern zweier Häuser liegt da auch die Privatvilla eines Rechtsanwalts Dr. Hacker. Der Bedarf an Vorkostwaren wird in der Straße in dem Geschäft von Deutschmann gedeckt, wohin den ganzen Tag über die Köchinnen und Dienstmädchen der Straße gehen und einkaufen. Hier begegnen wir auch der männlichen Hauptperson unseres Films, dem flinken Verkäufer Franz Schlaupe. Er versteht seinen Beruf. Seitdem ihn Deutschmann als Verkäufer engagiert hat, geht dessen Geschäft nochmal so gut, und keinem Mädel würde es etwa einfallen, in der Nachbarstraße bei der Konkurrenz zu kaufen.
Franz Schlaupe hat zarte Beziehungen zu fast allen Mädels, die bei ihm kaufen, und er hat es bis jetzt mit List und Tücke verstanden, diese Beziehungen vor all den Frauen geheim zu halten.
Franz Schlaupe betreibt dieses aufregende Spiel jedoch nicht allein um der Liebe willen. Er hat da einen Trick. Sein Freund Otto Kliemchen ist Vertreter einer Möbelfirma auf Abzahlung. Alles, was man für eine kleine 2 3/2-Zimmerwrohnung und Brautausstattung braucht, das bekommt man bei ihm auf Stottern. Wenn Franz nun den Mädels den Kopf verdreht hat, dann erscheint immer zufällig Otto, der ihnen Offerte für die Aussteuer macht. Die Mädels unterschreiben, und die Provision teilen sich Otto und Franz.
In der Parkstraße kommt aber die Geschichte zum klappen. Da sind Martha, eine hübsche Köchin, und Frieda, ein hübsches Dienstmädchen, und da ist auch Luise, eine schon ältliche Köchin, die aber dessen ungeachtet ebenfalls ihr Herz an Franz verloren hat. Eines Tages merken nun Martha und Frieda, daß sie beide diesen verdächtigen Vertrag unterschrieben haben. Blitzschnell verbreitet sich das Gerücht von Fenster zu Fenster hin über die ganze Straße, lawinenartig Wächst es an – bis wenige Zeit darauf schon die erregten und wütenden Dienstmädchen vor dem Geschäft erscheinen und den allzu liebesgeschäftigen Franz am liebsten zerreißen wollen.
Da hilft nur eins: Flacht durch den Laden, über die Zäune, wieder auf die Straße, in einen Torweg, wieder hinter; über die Höfe. Da sieht er ein Fenster offen und kriecht in seiner Angst in das Küchenfenster der Villa des Dr. Hacker. Draußen braust der Strom der verfolgenden Dienstmädchen vorbei. Sie haben seine Spur verloren. Nur das Geschäft des alten Deutschmann wird von ihnen ganz demoliert.
In der Villa Hacker versteckt wird Franz noch gerade Zeuge, wie Egon Hacker sein Dienstmädchen für vier Wochen beurlaubt und selbst abreist Er hat da nämlich Vera, die Tochter des Herrn Hecht, von ihrer Tante entführt, und das Paar reist schnell weg, um sich irgendwo zu heiraten. Wenige Minuten darauf ist Franz allein in der Villa und sieht nun durch die Jalousie nach gegenüber, wie dort die wütenden Mädels das Geschäft zertrümmern. Telephonisch zitiert er seinen Freund Otto herbei, der vorsichtig von hinten in die Villa schleicht, und man überlegt nun, was zu tun ist.
Noch sind sie dabei beschäftigt da klingelt es und es erscheint wütend der Vater des entführten Mädels, der Franz für den Besitzer der Villa hält und die Villa nach seiner Tochter durch sucht Natürlich vergeblich. Seine Frau ist anderer Ansicht Sie ist schon ganz einverstanden, daß Vera heiratet und verspricht Franz, den sie ebenfalls für den Schwiegersohn hält, sogar, daß sie ihm Jede Woche eine ganze Fresskiste ans dem Gut schicken werde. Hecht und Frau verschwinden endlich. Diese schöne Kiste und der Umstand,ß Franz Ja Jetzt sowieso am besten für vier Wochen verschwindet, veranlassen die liebenswürdigen Don Juans, hier in der leeren Villa vorläufig zu bleiben.
Draußen in der Parkstraße haben sich inzwischen große Dinge ereignet. Deutschmann hat sein Geschäft an Fräulein Julischka Schulze verkauft. Sie wird es schon fertigbringen, die wütenden Mädels, die selbstverständlich nie, nie mehr hier kaufen wollen, wieder zu sich zu locken. Und es gelingt ihr auch. Besonders dadurch, daß sie sich mit lauter Entrüstung öffentlich auf die Seite der betrogenen Mädels stellt, und ihnen, als die Polizei eine ordnungsgemäße Anzeige gegen den flüchtigen Schlaupe verlangt, den Rat gibt, einen richtigen Rechtsanwalt damit zu betrauen.
Da nun Julischka in der Straße wohnen will, sucht sie ein Zimmer und kommt so auch in die Villa Hacker, wo ihr Franz frech ein Zimmer vermietet. Franz und Otto sind sofort beide in Julischka verliebt und werden eifrige Rivalen. Zum Klappen kommt es beinahe, als Luise, ebenfalls ahnungslos, wer der vermeintliche Rechtsanwalt Dr. Hacker ist, auf Julischkas Veranlassung in der Villa erscheint und hier eine Rechtsbelehrung von Hacker will. Nur dicker Rasierschaum rettet die beiden Gauner.
Otto will Franz gern ausstechen und lädt Julischka zu einem Fest seines Angelklubs ein. aber Franz kommt dahinter, zieht den Frack des Hausherrn an und geht mit. Franz gelingt es bald, Otto abzuhangen. Inzwischen kommen Hacker und Vera, die früher geheiratet haben, als sie dachten, ahnungslos in die Villa zurück und legen sich schlafen.
Luise, die Gewissensbisse bekommt, dem „Rechtsanwalt“ gesagt zu haben, daß sie ebenfalls den Kontrakt unterschrieben hat, ruft Julischka in der Villa an. Vera kommt ans Telephon und verbittet sich als junge eifersüchtige Ehefrau die Störung. Das kann sich nun Luise gar nicht erklären; und sie beschließt, ebenfalls zu dem Anglerfest zu gehen, da sie von Julischka erfahren hat, wo dieses heute abend stattfindet. Luise erkennt an einer Zeichnung, die ein Schnellzeichner auf der Bühne von Franz, einem „Herrn aus dem Publikum“ macht, daß der gesuchte Schlaupe im Saal sein muß. Es gelingt Franz aber, in dem Trubel zu entkommen. Während Otto von einer dicken Dame festgehalten und Luise sogar an die Luft gesetzt wird, kommt er in die Villa, in der Hoffnung, diesen Abend die Tugend der Julischka erschüttern zu können.
Bald merkt Franz, daß die Besitzer der Villa zurückgekehrt sind. Gerade hat er den Frack ausgezogen und seinen eigenen Anzug genommen, und gerade will er sich schweren Herzens entfernen, da – stürmen der alte Papa Hecht und Frau herein, und fassen mit Hilfe eines Polizisten Franz, in der Meinung, daß dies Dr. Hacker sei. Hacker, der in diesem Moment schon Franz fassen wollte, den er für einen Einbrecher hält, verhält sich ganz passiv und läßt es ruhig geschehen, daß man an seiner Stelle Franz faßt. Er kalkuliert, daß sich so die erste gefürchtete Wut des Schwiegervaters auf einen Fremden ergießt und daß er es dann leicht haben wird, den Schwiegerpapa zu besänftigen.
Für Franz geschieht nun etwas Furchtbares: Am hellen Tage wird er mit Gewalt über die Parkstraße nach dem Revier geführt! Wie ein Lauffeuer verbreitet es sich: Man hat den Franz Schlaupe gefaßt Sämtliche betrogenen Dienstmädchen der ganzen Straße, unter Führung von Luise, Frieda und Martha, drängen sich in dem Vorzimmer des Reviers.
Dort hat inzwischen Hecht erfahren, daß der Mann ja nicht Dr. Hacker ist Er ist ganz klein geworden und hat sich schnell nach der Villa begeben, wo er nun endlich seinen richtigen Schwiegersohn kennen lernt und sich mit ihm abfindet. Julischka, die ebenfalls auf die Wache kommt erfährt hier die ganze Wahrheit: daß Franz nicht nur nicht der Rechtsanwalt Dr. Hacker ist sondern sogar der langgesuchte Franz Schlaupe!! Zerknirscht steht ihr der „Hochstapler” gegenüber.
Die Mädels sind zu Rechtsanwalt Hacker gelaufen, wo man ihnen die richtige Anzeige machen soll Dort in der Villa aber hat sich inzwischen nun wieder etwas Neues ereignet. Da ist nämlich Otto eingetrudelt, und zwar zusammen mit seinen ganzen Angelbrüdern, nach einem langen Nachtbummel. Man denkt, daß man hier bei Otto zu Hause sei und beginnt vergnügt ein lustiges Katerfrühstück. Als nun die Mädels von der Wache herüberkommen, da sehen sie sich plötzlich einer ganzen Schar vergnügter Junggesellen gegenüber. Vergessen sind Rechtsanwalt und Franz, man fängt an zu tanzen, zarte Bande knüpfen sich, und als Franz und Julischka, verwundert, wo die Mädels so lange bleiben, in die Villa kommen, ist dort ein lustiges Treiben ausgebrochen. Es hat sich schon herumgesprochen, daß all die Mädels Wohnungen haben und sozusagen gute Partien sind. Alle Mädels finden hier einen Mann, Frieda und Martha und sogar Luise, die mit eiserner Faust Otto selbst an ihr liebedurstiges Herz zwingt.
Auch Julischka verzeiht endlich Franz, sie ist sogar sehr froh, daß er kein Rechtsanwalt ist – er ist ja eilt um so tüchtigerer Verkäufer.
Kritik (G. H., Film Kurier #073, 03/26/1932):
Eine neue Produktionsfirma präsentiert ihr Erstlingswerk. Es ist ein schöner Erfolg, eine vielverheißende Visitenkarte.
Auf einer originellen Grundidee hat man aufgebaut. Ein fescher Verkäufer verdreht den Dienstmädchen der ganzen Parkstraße die Köpfe, läßt behutsam Eheabsichten durchblicken, ohne sich in juristischem Sinne festzulegen. Sein Freund und Gaunerkompagnon legt den betörten Jungfrauen verlockende Möbelkataloge auf die Küchentische. Es wird gekauft, mit Anzahlung und Abstottern, und die Taschen der beiden füllen sich mit Provisionen. Natürlich gibt es eines Tages den großen Kladderadatsch und schließlich ein für alle Parteien glückliches Ende.
B. E. Lüthge und Karl Noti sind die Pfade des volkstümlichen Lustspiels gegangen, auf denen man ihnen willig folgt. Der Schluß ist ein wenig kühn konstruiert, aber das Publikum hat sich vorher glänzend amüsiert und lacht sich über die paar holprigen Stellen hinweg.
Der Regisseur Franz Wenzler ist mit fühlbarer Arbeitsfreude ans Werk gegangen. Hier war etwas zu gestalten, hier konnte man auf festem Grund bauen, hier konnten Dinge geschildert werden, die jeden Tag passieren, hier waren nicht Millionär und armes Mädchen zu vereinen, sondern eine robuste Ladnerin mit einem tüchtigen Verkäufer.
Irgendwo im Berliner Westen hat man diese Dienstmädchen-Geschichte aufgenommen. Mit vielen Außenaufnahmen, mit lustigen Jagden durch stille Neubaustraßen, mit Sonne und Bollewagen.
Höhepunkte, wenn der Verführer die Verliebten bedient, wenn er inmitten der Bräute mit jeder einzelnen ein Rendezvous verabredet, ohne daß die anderen es merken, wenn er bei jeder eine kleine Zärtlichkeit oder ein betörendes Wort anbringt und jede glücklich lächelnd mit vollem Einholekorb von dannen zieht.
Man spürt bei jeder Szene die feste Hand der Regie, keine falsche Darstellergeste passierte die Kamera, die Pointen kommen programmgemäß und finden im Parkett lauten Widerhall.
Fritz Kampers mimt den vielseitigen Franz Schlaupe. Kraftbewußt, draufgängerisch und jeder Situation gerecht werdend. Er gibt zusammen mit dem flinken kleinen Kurt Lilien ein lustiges Paar.
Ausgezeichnet Camilla Spira, frisches Frauchen, das sich nicht unterkriegen läßt. Angewandter Optimismus in Person. Wenn es doch im Leben viele wie sie gäbe.
Senta Söneland, wirkungssicher wie immer, führt den Reigen der Häuchen-Tragerinnen: Dorothea Thieß, Trude Brionne, Senta Söneland, Genia Nikolajeva.
Der sympathische Kurt Vespermann und die niedliche Ilse Korseck spielen ein jung-vermähltes Paar, Leo Slezak, großartig in der Fülle seines Körpers, den zu bekehrenden Schwiegervater.
Sophie Pagay, Hans Waßmann, Rosa Valetti, Wilhelm Diegelmann, Fritz Odemar, Paul Rehkopf und Gustav Püttjer erfüllen ihre Aufgaben.
Das Technische ist in Ordnung. Klares Bild: Georg Muschner, geschmackvolle Bauten: Ernö Metzner, reiner Ton. Egon Hrich. Produktionsleitung: G. G. Horsetzky.
Die Musik von Dr. Kaper und Walter Jurmann ist schmissig und hat Aussicht, sich durchzusetzen. Die Texte schrieb Fritz Rotter.
Ein sehr brauchbarer Film, der mit Recht eine herzliche Aufnahme bei der Premiere fand.