Originaltitel: Die blonde Nachtigall. Volksstück mit Gesang 1930; 81 min.; Regie: Johannes Meyer; Darsteller: Else Elster, Arthur Hell, Ernst Behmer, Walter Steiner, Erich Kesin, Leopold von Ledebur, Berthe Ostyn, Siegfried Berisch, Wilhelm Bendow, Harry Halm, Paul Kemp, Hans Hermann Schaufuß; Ufa-Klangfilm.
Die Tochter eines Hofsängers kommt auf dem Umwege über ein Garten-Tingel-Tangel zu einem Amerika-Engagement, desgleichen ihr Jugendfreund. Dies trotz Hindernissen, die ein Konsortium von Varietéagenten, ihr nach Abschluß eines ungünstigen Vertages in den Weg gelegt.
Zusammenfassung
Jetzt allabendlich Grete Schubert, genannt „Die blonde Nachtigall“, mit großem Erfolg ihr Lied: „Das Herz der Frau ist ein kleines Liebeshotel.“ – Die kleine Grete ist schnell zum Mittelpunkt des Bumkeschen Programms avanziert, das Auftreten der „Blonden Nachtigall“ ist einfach ein selbstverständlicher Programmteil für die Besucher von Bumkes Sommergarten; Vater Bumke zählt allabendlich schmunzelnd seine Kasse, Mutter Bumke schenkt Kaffee in nie geahnten Quantitäten aus, und Walter, der Werkstudent, der sich als Theatermaler, Bühnenmeister und „Beleuchtungschef“ bei Bumke das Geld für sein Studium verdient, – Walter ist der glücklichste Mensch von der Welt, denn er hat In Grete eine Jugendgespielin, seine erste Liebe, wiedergefunden. – Das heißt, am allerglücklichsten ist wohl der alte Schubert, Gretes Vater, der sich so wohl fühlt wie noch nie in seinem Leben. – In der eleganten Villa des Generaldirektors Scheffelberg im vornehmen Westen der Stadt tagt die Generalversammlung der Konzertagentur Harmonie G.m.b.H. Die Sitzung ist kurz aber heftig, denn der Geldgeber der G.m.b.H., Goldstein, erklärt, keinen Pfennig weiter in das Unternehmen stecken zu wollen, falls nicht bald einbringliche Geschäfte gemacht werden. In dieser kritischen Situation erscheint der Theateragent Palme mit einer sensationellen Nachricht. – Die Folge dieser Nachricht Ist, daß am selben Abend die G.m.b.H. vollzählig in Bumkes Sommergarten erscheint. Eine weitere Folge ist ein Engagement Grete Schuberts, das diese auf zehn Jahre ausschließlich für die Konzertagentur Harmonie verpflichtet. Der alte Schubert hat nach vielem Alkoholgenuß den Vertrag für seine Tochter unterschrieben. – Walter sieht mit tiefem Schmerz, daß Grete von Bumkes fort will, um mit Hilfe ihrer angeblichen Wohltäter ein großer Star zu werden. Sie zieht also ihre Karriere seiner Liebe vor ! Traurig und verstimmt trennen sich Grete und Walter. – Grete Schubert und ihr Vater befinden sich plötzlich in einer Umgebung, in einer Welt, an die sie sich erst gewöhnen müssen. Grete wird sorgfältig von ihren bisherigen Freunden ferngehalten und Ihr Vater bei der ersten besten Gelegenheit vor die Tür gesetzt. Empört geht er zu Bumkes zurück. – Aber die Ausbildung der blonden Nachtigall dauert doch länger, als die G.m.b.H. sich das vorgestellt hat. Und wieder droht Goldstein mit Konkurs, wieder ist es Palme, der den rettenden Ausgang weiß. – In dem luxuriösen Badeort Hohensee Ist der amerikanische Theatermagnat Hirschfeld eingetroffen, um Engagements zu tätigen. Palme hat davon erfahren – und schon am nächsten Tage befindet sich die ganze G.m.b.H. inklusive Grete auf dem Wege nach Hohensee. – Zu spät ! Hirschfeld empfängt nicht mehr, und die G.m.b.H. sinnt auf einen Ausweg, wie man Grete dem Amerikaner präsentieren könne, mochte es auch auf eine nicht ganz einwandfreie Weise geschehen. – – – Da leistet Grete, die ihrer Karriere zu Liebe bisher alles über sich hatte ergehen lassen, zum erstenmal Widerstand. Mit Walters Hilfe, dessen Liebe über die damalige Verstimmung gesiegt und der sie heimlich wieder aufgesucht hat, ergreift sie die Flucht und kehrt zu Bumke zurück. – Der Vertrag mit der G.m.b.H. ist von Gretes Seite gebrochen worden, und Scheffelberg beschließt, sie – wenn nötig mit Hilfe des Gerichtsvollziehers – zurückzuholen. – Am Abend, als Grete Schubert wieder als „Blonde Nachtigall“ mit dem Schlager „Mach mit mir eine Mondscheinfahrt“ in Bumkes Sommergarten auftritt, entlädt sich das Gewitter: Scheffelberg, Goldstein, Palme und der Rechtsanwalt der G.m.b.H. versuchen sich Gretes während ihres Liedes auf der Bühne zu bemächtigen. Aber mit Hilfe einer gut klappenden Bühnenmaschinerie, mit plötzlich sich öffnenden Versenkungen, herabfallenden Versatzstücken und eines Feuerwehrschlauchs gelingt es Walter, die G.m.b.H. unschädlich zu machen. Als sich dann noch herausstellt, daß der alte Schubert eigentlich gar nicht hätte unterschreiben dürfen, steht dem Glück Grete Schuberts nichts mehr im Wege. – Hirschfeld engagiert sie und Walter für eine Amerikatournée. und Walter kann feststellen, daß aus einer kleinen Jugendliebelei eine Liebe fürs Leben geworden ist.
Kritik (h.f., Film Kurier #264, 11/07/1930) :
Die Alfred-Zeisler-Filme der Ufa haben ihre eigene Linie:
Ihnen allen gemeinsam ist die Präzision der technischen Arbeit, die Sauberkeit in der Durchführung von Schnitt und Tempoverteilung. Sie alle haben das reichliche Dutzend von Einfällen einer Art, die des Milieus Echtheit unterstreicht – und damit der Unterhaltung das Volkstümliche gibt.
Dabei arbeiten die Zeislerleute stets ohne falsche Prätention. Sie schützen keine Vertiefung vor, wo Unterhaltung da ist; aber sie geben mit dieser Unterhaltung mehr als das übliche Amüsement.
Die Zeisler-Filme der Ufa haben eine glückliche Mischung von Spannung und Humor. Wohlbekömmliche Kost, immer wieder gern gesehene Abwechslung im Film-Alltag.
Das Volksstück mit Gesang und Tanz braucht seine Berechtigung auch im Film nicht erst anzumelden. Der Befähigungsnachweis der Ausführung entscheidet.
Und da gibt es bei Zeisler allerhand zu sehen, zu beschmunzeln, zu belachen. Das altvertraute Sommerlokal der Berliner Vororte kommt wieder zu Ehren.
Seine Bühne wird zum Sprungbrett einer Soubrette, die nach Irrfahrten durch die seit Erfindung des Genres autorgewollten (oder – gekonnten ?) Situationen ihren Jugendfreund definitiv bekommt und ein Engagement nach U. S. A. dazu.
Mit was für reizenden Details ist dieser nicht mehr ungewöhnliche Weg umkleidet. (Und einem einschmeichelnden Schunkelwalzer „Mach mit mir eine Mondscheinfahrt“. Schönen Dank an Willi Kollo, für diesen Gruß an das Berlin der Kremser.)
Viel Behaglichkeit geht von den Arabesken aus; Blick auf eine besonnte Vergangenheit. Immer zu, dieser Streifzug durchs romantische Berlin, dessen Reste auch heute noch vorhanden sind, ist eine gute Atempause; Erholung vom Kampf ums Leben der Gegenwart.
Fürs Drum und Dran einer Sommerbühne hat man in der Zeisler-Produktion ja schon traditionelles Interesse und oft bewiesene Fertigkeit: Der italienische Zauberkünstler aus Sachsen. Kellner, Gäste und Lokalinhaber – alles eine große Familie.
Dem Wirt des Etablissements ist ein Couplet vorbehalten, dessen zweite Strophe inhaltlich allerdings eine kleine Entgleisung ist. Aber eine sympathische Geste, diese Chance auch einmal für die ältere Generation, im Tonfilm zu singen, was sie lieben.
★
Ein gut aufeinander eingespieltes Ensemble (Regie: Johannes Meyer); wieder in den Hauptrollen neue Gesichter:
Arthur Hell, ein netter Spiel-Tenor, singt gepflegt und bewegt sich geschickt. Else Elster, die blonde Nachtigall, fügt sich willig den Anordnungen von Regisseur und Autor. Die Bewährten des Tonfilms: Erich Kestin, Paul Kemp, Hans Hermann-Schaufuß. Ein paar ausgezeichnete Typen: Ernst Behmer, Walter Steiner (mit pointiertem Lied Vortrag), Anna Müller-Lincke. Harry Halm wartet immer noch auf die ihm zukommende Beschäftigung im komischen Fach.
Der kleine Berisch jüdelt sich mit Geschick – der treffende Ausdruck wäre „chain“ – und Körperbehendigkeit durch die Handlung. Wilhelm Bendow wahrt entschlossen die eigene Note und erzielt Lach-Solowirkungen.
Photographie: Werner Brandes; Bauten: W. A. Herrmann; Ton: Max Kagelmann. Drehbuch: Walter Wassermann und Walter Schlee.
Beste Stimmung im Publikum, die durch den besonders glücklichen Schlußeffekt des Volksstücks zu starkem Applaus gesteigert wird.