Guesthouse Schöller

Originaltitel: Pension Schöller. Posse mit Gesang 1930; 91 min.; Regie: Georg Jacoby; Darsteller: Jacob Tiedtke, Elga Brink, Paul Heidemann, Kurt Vespermann, Josephine Dora, Truus van Aalten, Paul Henckels, Else Reval, Viktor de Kowa, Fritz Kampers, Fritz Schulz, Hedwig Wangel, Trude Berliner; Hegewald-Tobis-Film.

Ein Provinzonkel, der seinem Neffen in Berlin Geld für eine Nervenheilanstalt gepumpt, will das Institut sehen. Man führt ihm nun eine „vornehme“ Pension als Nervenanstalt, deren Bewohner als Geisteskranke vor, welche dem Onkel nach seiner Flucht sogar in die Provinz folgen und dort den Schwindel aufdecken.

Zusammenfassung
Der junge Mediziner Dr. Alfred Klapproth ist mehr vom Bummeln in Anspruch genommen als von seiner Praxis. Kein Wunder, daß er bald auf dem Trockenen sitzt. Aber er hat nicht umsonst irgendwo in der Provinz einen ebenso gutherzigen wie reichen, stets hilfsbereiten Onkel sitzen. Besagtem Onkel redet er ein, daß sich ihm die nie wiederkehrende Gelegenheit biete, ein gutgehendes Sanatorium billig zu erwerben, und bittet gleichzeitig um den nötigen Zaster. Onkel Klapproth, übrigens lange und glücklich verheiratet und Vater einer hübschen, bereits erwachsenen Tochter, schickt sofort einige tausend Mark Vorschub und benutzt den ausgezeichneten Vorwand, einmal den heimatlichen Penaten zu entweichen und sich in Berlin zu amüsieren. Natürlich will er sich auch bei diesem Aufenthalt das Sanatorium des Neffen ansehen.
Der Herr Neffe hat natürlich gar nicht daran gedacht, ein Sanatorium zu kaufen, sondern setzt gemeinschaftlich mit seinem Freund Ernst und seiner kleinen Fifi das vergnügte Bummelleben fort. Man kann sich den heillosen Schrecken vorstellen, der ihn erfaßt, als der Onkel plötzlich hereinplatzt und das Institut seines Netten zu sehen wünscht. Was soll er bloß anfangen ? Wie wird er den Onkel wieder los ? Wie kann er ihn tauschen ? Er erklärt ihm schließlich, sein Sanatorium sei gar kein gewöhnliches Sanatorium, sondern eine richtiggehende Privat-lrrenanstalt, und ein Besuch sei furchtbar gefährlich. Aber jetzt wird der Onkel erst recht scharf ! “Eine Irrenanstalt, das ist Ja glänzend ! So etwas muß Ich unbedingt einmal sehen !“ Alfred möchte in die Erde versinken, aber sein Freund Ernst weiß schließlich Rat.
Verkehren sie nicht beide seit längerer Zeit in der Pension des alten Schöller, der gerade heute abend wieder eine seiner Soireen abhalt und sie dazu eingeladen hat ? Und haben nicht die Gaste, die dort verkehren, alle einen kleinen Tick ? Also wird Alfred seinen Onkel heute abend in die Pension Schöller führen und ihm dreist und gottesfürchtig sagen, dies sei eine Irrenanstalt.
Es sind auch wirklich sonderbare Leute, die In der Pension Schöller verkehren. Den allen pensionierten Brand-Major Gröber, der dauernd herumpoltert, sich ewig beleidigt fühlt und Gott und die Welt zum Duell fordert, könnte man wirklich für verrückt halten. Ein etwas sonderbarer Typ ist auch Frau Pfeiffer. Sie bietet jedem Mann, der ihr begegnet, ihre Tochter Friedel als passende Partie an, denn sie hat Angst, daß das Kind sonst nicht unter die Haube kommt. Klapproth sen. wird sofort das Objekt ihrer Bemühungen, und da man, wie er einmal gelesen hat, Verrückten nicht widersprechen darf, gibt er bereitwilligst sein Jawort. Wobei bemerkt sei, daß Klapproth jun. Friedel bereits kennt und mit ihr einig ist. Schweres Alpdrücken bereitet dem alten Klapproth auch ein bühnentoller Jüngling, der noch dazu an einem Sprachfehler leidet. Dieser kostbare junge Mann verfolgt den Onkel dauernd mit seinen klassischen Deklamationen und ist tief beglückt, als Kiapproth, um es mit dem Irrsinnigen nicht zu verderben. ihn für ein Genie erklärt und ihm weitgehendste Förderung verspricht, Riesenspaß aber hat der Biedere an einer Filmschriftstellerin mit Namen Krüger. Sie sucht nämlich fortwährend nach Stoff aus der Wirklichkeit, und der gutgelaunte Onkel erzählt ihr die haarsträubendsten Geschichten aus seinem Familienleben. Einem anderen Gast der Pension, dem Flieger Bernhardy, dessen Berichte er als die Ausgeburten eines kranken Hirn ansieht verspricht Klapproth sogar die Teilnahme an dessen nächstem Afrikaflug.
Alles wäre gut abgelaufen, wenn nicht Fifi, Alfreds kleine Freundin, in der Pension erschiene und Alfred heftige Vorwürfe machte. daß er sie so einfach allein läßt. Er schleift sie kurzerhand in ein abgelegenes Zimmer, bindet ihr eine weiße Schürze um, schmeißt Genossen Ernst auf das Kanapee und läßt Fifi Operationsschwester mimen, damit der Onkel auch von dieser Seite des medizinischen Berufes etwas zu sehen bekommt. Klapproth hat also seinen Willen und kann wieder heimfahren. Fifi ist wütend. Sie hat erfahren, daß Alfred sich ernsthaft verliebt hat. Sie brütet Rache und lädt kurzerhand sämtliche Gäste der Pension Schöller ohne Klapproths Wissen in dessen heimatliches Haus. Wer beschreibt des armen alten Klapproths Schrecken, als an einem der nächsten Tage die ganze Irrenanstalt anmarschiert. Major Gröber will sich sofort duellieren. Die Filmschriftstellerin Ist begierig nach weiterem Material für ihr neues Manuskript und hakt sofort bei der ahnungslosen Gattin ein. Die arme Frau Klapproth, Ulrike ist ihr Name, ist ziemlich erstaunt über die haarsträubenden Familienmärchen, mit denen ihr Gemahl die neugierige Besucherin eingeseift hat. Frau Pfeiffer stiftet aber eine geradezu entzetzliche Verwirrung. Sie eilt Klapproth entgegen und umarmt ihn glückstrahlend als Schwiegersohn, Friedel hätte ihr bereits ihre Liebe zu ihm gestanden, wobei die Tochter natürlich Alfred, den Neffen, meint. Ulrike ist einer Ohnmacht nahe. Was für ein Ungeheuer von Mann hat sie ! Das ist ja Bigamie ! Als nun auch noch Bernhardy hereinplatzt, um den Hausherrn zu seiner Luftfahrt abzuholen, bricht bei Klapproth der Angstschweiß aus. In seinen schweren Nöten lockt er schließlich jeden einzelnen der Gäste in ein besonderes Zimmer und riegelt ab. Dann telegraphiert er aufatmend dem alten Schöller, die Kranken seien in Sicherheit, er möge sie sich abholen.
Jetzt platzt die Bombe.
Was bleibt dem Gefoppten übrig, als seinem Neffen den Streich zu verzeihen und seine Verbindung mit Friedel zu segnen ? Doch noch ein anderes Paar hat das diesmal recht verworrene Wege gehende Schicksal zusammen gebracht. Bernhardy mit Klapproths Tochter Gretl. Der eingesperrte Flieger hatte einfach den Weg durchs Fenster genommen und bei dieser Gelegenheit seine Braut im Garten kennengelernt. Zwei Verlobungen beschließen so das seltsame Erlebnis in der Pension Schöller.

Kritik (E. J., Film Kurier #250, 10/22/1930) :
Diese Hegewald-Posse erhält den großen Preis der Lacher. Sie sorgt für’s Volksvergnügen.
Wer gestern abend die lustige Stimmung bei der Uraufführung miterlebt hat, wird zugestehen müssen, daß jeder Einwand vor einer Filmgattung zu schweigen hat, die so das Publikum ins wohlige Behagen des Warmwasserbades untertaucht. Wer da mit „verfilmtem Theater“ ankommen will, vor primitiver Bürgerlichkeit warnen und schelten will, wird einfach ausgelacht. Vom Publikum. S. M. das Publikum bestimmt : hier bin ich vergnügt . . .
Hier darf es sein : Denn hält man unter den Possen des Landes Umschau, so ist diese aus vielen Gründen die beifallswürdigste.
Die Autoren Wassermann und Schlee haben mit Georg Jacoby, dem Regisseur, unter Liddy Hegewalds Produktionsleitung mit Erfolg angestrebt, die Theaterposse mit den guten Erfahrungen wirbeliger, gewandt geschnittener und nietenloser, stummer Possenfilmtechnik zu vereinen, damit die Possen-Plattform, auf der sich die Figuren und Darsteller austoben können, im sprechenden Film genügend breit und zusammenhängend wird und so die ununterbrochene Kette drastischer, sich gegenseitig jagender, steigender Situationen wecken kann.
Das ist ja das Possen-Geheimnis. Gerade das war bisher in den Sprechfilmen nie ganz befriedigend gelöst. Bis es zum Possenanlauf kam, schlief man meist ein – und sobald dann die große Rennbahn der Witze, das juste milieu der Posse mit ihren Verwechslungstricks, ihren Komikern in Nöten, dem in heitere Verzweiflung und Angst aufgelösten Weltdurcheinander einsetzte, stockte der Fluß, klapperten die Einfälle matt hintereinander her. Dies wurde hier vermieden.
Der alte erprobte Bühnenschwank von Jacoby und Laufs kommt der dramaturgischen Bearbeitung entgegen : wenn das gute Provinzonkelchen die brave Bürgerpension Schöller, deren Insassen keinen größeren Tick haben als sonst die Sterblichen auf Erden (einschließlich der Filmautoren) für eine Irrenansalt hält, so gibts Verwechslungen, Zwangssituationen, Komikerszenen genug.
Und Jacob Tiedtke ist der komische alte Herr aus der kleinen Stadt ! Er hat das gute Herz, aber das Regiment führt die Gattin. Nun darf Jacob, der Gute, nach Berlin und gerät in die vermeintliche Irrenanstalt, das Sanatorium seines Neffen.
Er ist selig in seiner Angst vor den „Verzückten“, er der „Normale“. Fast zeigt die Posse hier schon Hintergründe.
Sogar einer gestellten Operation darf der Entdeckungswütige, schlotternd vor Angst, beiwohnen. Das Publikum rast, wenn Jacob in der Tinte sitzt, rast doppelt, wenn er sich fidel mit strahlenden Aeuglein wieder hinausmanöveriert.
In Heilbronners ansprechenden bauten, mit Muschner und Wintersteins guter Photographie, trifft Onkel Jacob ein Ensemble erlesener Irren : Fritz Kampers, den hitzigen Branddirektor, der zur Feuerspritze und den Pistolen greift, um seine Ehre zu retten – Hedwig Wangel als wildgewordene Filmautorin, – der Rekordmann Viktor de Kowa, Else Revals mannswütige Mama und Fritz Schulz als Schauspielereleve Jallings.
Drum herum die Inszenatoren des Schwanks im Schwank : Paul Heidemann, Kurt Vespermann.
Ansprechende Ensembleergänzung :  Josephine Dora, Truus van Aalten, Elga Brink, Trude Berliner.
In einem nobel aufgezogenen Kabarett taucht Werner Fink in einer Conference auf, ohne bei einem hier auf Gröberes eingestellten Publikum Kontakt zu finden. (Es liegt nicht am Fink.)
Bemerkenswert, wie bis auf die Musik-Abfälle dreier Komponisten – die hier stören und aufhalten – durch prägnant gestellte Szenenfolgen und den flotten Einsatz, den Georg Jacoby gut heraus hat, die Stimmung durchhält, ja, nach dem triumphalen Erfolg in des Filmes Mitte, nach der Flucht Tiedtkes aus dem Sanatorium noch eine neue, ergiebige Schwanksituation hochgetrieben werden kann : Der Besuch der Irren in Klapproths Kleinstadt. Da gibt’s noch einmal wilde Theatersituationen mit verbarrikadierten Türen und dem im Schrank versteckten Geistesarmen.

Schließlich noch zu konstatieren : daß dieser Versteckte und Verstörte im Schrank Fritz Schulz ist, der mit seinem Zungenfehler, dem törichten „l“, das der angehende Rezitator nicht auszusprechen vermag, der Tonfilmtechnik spottet – (die schon vieles und nicht einmal nur das „s“ nicht so spielend überwindet) – daß dieser reizende Fritz Schulz das ansteckendste Humorpulver des Blödelns ausstreut –, daß das Publikum durch seine Lachstürme die kostenlose Szenenüberblendung beiliefert –, und daß schließlich keiner den Theatersaal schmunzelnd verläßt, ohne frei nach Fritz Schunz die Gnocke von Schinner mit zu deknamieren – das wird das possenfrohe Pubnikum unserer Nichtspienhäuser zweifennos in Massen sehen und hören wonnen – wobei es submissest ein Bukett der Hochachtung, des Gnückwunsches und der Dankbarkeit übereicht : der Hüterin von Stimmung und Humor dieser tonnen Posse : Niddy Hegewand !
Silvafilm bringt einen ausgesprochenen Verleihschlager.
Man komme, höre, lache !

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