
Originaltitel: Wie werde ich reich und glücklich? Parodistische Filmoperette 1930; 96 min.; Regie: Max Reichmann; Darsteller: Hugo Schrader, Georgia Lind, Paul Hörbiger, Ilse Korseck, Willy Stettner; Emelka-Tobis-Film.
Eine Broschüre weist Wege zu Glück und Reichtum. Ein Modezeichner verläßt ein armes Mädel um sich mit einer Kommerzienratstochter zu verloben, welche wieder ihr Vater einem Geschäftsfreunde bestimmt hatte. Doch diese Wahlverlobung geht bald in Brüche und die ursprünglichen Paare finden sich wieder.
Zusammenfassung
In einer Dachkammer haust ein armer Schlucker namens Kibis. Lis, ein kleines Mädel, das auch vom Reichtum verschont blieb, ist die treue Liebe des Junten, dessen einziges Kapital grenzenlose Frechheit ist. Mit dieser Frechheit und einer Broschüre, die unter dem Titel „Wie werde ich reich und glücklich?“ Wege zum Glück und Reicht um verheißt, gelingt es Kibis auf nicht gerade ebenen Pfaden, sich in die vornehme Gesellschaft, einzuschleichen und sich den erträumten Reichtum in Gestalt der reizenden Mary, der Tochter des Geheimrates Hagen, geneigt zu machen. Mary, die nach der gleichen Broschüre zwar nicht reich, denn das ist sie ohnedies, aber glücklich werden will, glaubt in Kibis ihr Ideal gefunden zu haben, und schlägt die Hand des ihr zugedachten Bräutigams aus, der vornehm resigniert. Bald erweist es sich aber, daß eine Broschüre nicht das richtige Mittel ist, um in Wahrheit reich und glücklich zu werden. Die Elie ist so gut wie gar keine Ehe, beide Teile fühlen sich todunglücklich, bis die Verbindung wieder gelöst wird. Kibis findet zu Lis, seinem Mädel, zurück, und Mary, die reiche Geheimratstochter, wird an der Seite ihres ehemaligen Bräutigams und jetzigen Gatten glücklich.
Kritik (h.f., Film Kurier #232, 10/01/1930):
Richard Tauber, Herr einer der schönsten und bestgepflegten Tenorstimmen der Welt, ein Musik-Kenner und -Könner, ist unter die Film-Produzenten gegangen.
Die Umstellung auf den Ton hat nicht nur ihn selbst dem Lichtspielhaus gewonnen – und damit der Gattung Film eine vermehrte Anziehungskraft; sie hat ihn zugleich angeregt, in den Schöpfungsprozeß einzugreifen.
So präsentiert er sich, als Unternehmer in musis und musicis; denn Musik ist bei ihm die Voraussetzung.
Er wagt und gewinnt schon beim ersten Schritt, mit einer anderthalb-Stunden-Unterhaltung der Film-Musikrevue.
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Wie werde ich reich und glücklich . . ., wer wüßte das nicht gerne. Unbesorgt, auch Felix Joachimson kennt das Rezept nicht; aber er drückt sein Schweigen in Kammer-Revue-Form mit liebenswürdiger Beredtheit aus.
Was er kennt, ist, neben den ewig gültigen Gesetzen, nach denen die Majestät des Publikums unterhalten sein will, jene alte talmudische Anekdote, die besagt, daß der Heiratsvermittler aus reich und glücklich zwei Partien macht.
Nach der gleichen Methode würfelt Joachimson zwei junge Paare durcheinander. Reichtum wird zwar nicht zur Schande, aber dafür macht Armut glücklich. Jedem das Seine, dem Zeichner aus dem Volke, das Mädchen von der Tiergartenbank, dem jungen Mann vom (Auto-)Stande die Geheimratstochter. So ist das Leben, und Spoliansky macht Musik dazu.
Diese Musik dient zur Auflockerung der Vorgänge. Sie stilisiert ein Geschehen, an dessen Realität sowieso niemand glaubt und zieht ihren Nutzen gerade durch Unterstreichung der Unwirklichkeit.
Nirgends ist die Prätention eines Schlagers: Die musikalische Floskel herrscht vor; auf die Arabeske, die Verschnörkelung des Abgangs, die Ueberleitung des Auftritts kommt es an.
Eine Ueberbrückungsmusik, die sich rein gebrauchsmäßig dem Filmvorgang einordnet.
Die Handlung selbst hält sich, von Walter Reisch ins Filmische transponiert, mit Recht an die Bühnenvorgänge der in der Berliner „Komödie“ erfolgreich gestarteten Revue. Sie ist nicht aggressiver, aber auch nicht weniger charmant.
Filmleute, freundet Euch mit diesem Joachimson an. Er hat die leichte Hand, um sorglos Sorgenlosigkeit zu propagieren; er ist ein guter Führer ins Märchenland der unbeschwerten Unterhaltung. Denn er bringt als Voraussetzung eine Dosis Witz mit und als Entschuldigung die Geste des Verzichts, mehr zu scheinen als er ist. Freundet Euch an!
Der Uebergang, der Uebergang vom Sprechen zum Singen, von der anderen Ebene der Musik zur Pseudo-Realität, da liegt das Problem des Opernfilms. (Und das der Krise der in der Umformung begriffenen Oper, die den Anschluß an eine veränderte Zeit nicht fand.)
Die Film-Revue schafft die Verbindung durch Einschaltung von Tanz und Chor. Ein anerkennenswerter Versuch, Groteske als Umrahmung zu verwenden. Der step beseitigt Bedenken, die bizarre Figurine schläfert die Logik ein.
Was zu tun übrig bleibt, um die Illusion zu schaffen, bleibt Aufgabe der Darsteller.
Auch hier war man bemüht, Neues zu unternehmen, jungen Schauspielern Gelegenheit zu geben. Georgia Lind, mit guter Haltung, sprachlich noch nicht ganz sicher, das Armeleutekind; Ilse Korseck, einer tragenden Rolle ohne Stärke und Führung nicht gewachsen.
Die beiden Vertreter der Species Mann: Hugo Schrader und Willi Stettner, Buffo-Liebhaber, geben den Beweis für die Unerschöpflichkeit des Schauspieler-Reservoirs im Reich.
Beide machen sich den Stil körperlichsprachlich-gesanglicher Beweglichkeit mit Selbstverständlichkeit zu eigen. Hugo Schrader, liebenswürdig unbefangen. Willi Stettner sehr gewandt auf Ungeschicklichkeit.
Paul Hörbiger, der immer Sichere, holt sich wohlverdienten Episodisten-Applaus.
Die Münchener Umstellung auf den Ton wird sich in weiteren Filmen bewähren. Unter der Produktionsleitung von Manfred Liebenau sind Kameramann Reimar Kuntze, Architekt Hans Jacoby, Choreograph Mc. Arley am Werk. Regie: Max Reichmann.
Der Tonmeister Erich Lange arbeitet auf unbekanntem Gebiet. Auch im Ton- und Bildschnitt – G. Pollatschek – zeigen sich ein paar Anfangskrankheiten.
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Alles in allem: Ein unterhaltsamer Film, der den Vergleich mit dem Theater-Vorbild durchaus aufnehmen kann.