The Csikos Baroness

Originaltitel: Die Csikósbaroneß. Operette 1930; 95 min.; Regie: Luise Fleck, Jakob Fleck; Darsteller: Gretl Theimer, Paul Vincenti, Ernő Verebes, Albert Paulig, Julius Falkenstein, Berthe Ostyn, Isa Wüst, Camilla von Hollay, Leo Peukert; Hegewald-Tobis-Film.

Ein Graf nimmt einer exzentrischen Baroneß, die nicht heiraten will, als Csikós verkleidet den schon sicheren Preis eines Pferderennens weg und macht sie nach Liquidierung eines Mißverständnisses zu seiner Frau.

Zusammenfassung
Das Gestüt Marosicz ist berühmt weit und breit auf der Puszta – wegen der Klasse seiner Pferde – vor allem aber wegen der Majoratsherrin – der jungen, schönen Baroneß Terka – die nichts im Kopfe hat als ihre Pferde, und reiten kann wie nur irgend ein „Csikos“ – irgend einer der Reitknechte der weiten ungarischen Steppe. Selbst in der Hauptstadt – in Budapest – hat man ihr in den Kreisen der Gesellschaft bereits den Spitznamen die „Csikosbaroneß“ gegeben . . . .
Morgen soll wieder einmal das berühmte alljährlich wiederkehrende Rennen von Marosicz geritten werden. Von überall her aus der Nachbarschaft treffen die Meldungen zum Start ein.
Und da . . . nein, so eine Frechheit! – schreibt der benachbarte Gutsbesitzer, Rittmeister Elemer Graf Ruttkai, er bedauere an dem morgigen Rennen nicht teilnehmen zu können. – Weshalb? – Er wolle der Baroneß den Schmerz nicht antun, ihr den Sieg zu entreißen.
Terka ist empört. Das ist ihr noch nicht passiert . . .
Doch sie hat nicht lange Zeit, darüber nachzudenken. Noch heute abend muß sie bei Onkel und Tante sein – bei Graf und Gräfin Kövesi, die mit ihrem Sohn, dem jungen, lustigen Leutnant Camillo in Budapest wohnen.
Im Hundert-Kilometer-Tempo rast sie am Volant ihres Autos der Hauptstadt zu. Sie weiß schon, weshalb man sie gerufen hat. Sie soll sich verloben. – – –
Zum größten Erstaunen der Verwandten erklärt sie sich einverstanden. Nur schnell – sehr schnell soll es gehen – denn unter allen Umständen will sie morgen früh wieder in Marosicz sein.
Das Rennen – die Pferde – das ist ihr alles viel wichtiger als die Männer . . .
Man hat sogar schon einen Bräutigam für sie ? – will ihr aber den Namen nicht verraten?
Als aber Terka erfährt, daß sie den Grafen Ruttkai heiraten soll, kocht ihr heißes ungarisches Blut. Niemals wird sie diesen Verhaßten zum Manne nehmen, der sie in jenem Schreiben so ironisch abgefertigt hat. – Der Eklat ist ihr völlig egal. Mit Camillo verläßt sie im Auto Budapest – verläßt das gräfliche Schloß – wenige Minuten vor dem Eintreffen Elemers . . . . – Aber der junge, forsche, lebensprühende Rittmeister macht sich nichts aus Terkas Streichen. Er wird sie schon herumbekommen. Grad so ein Mädel ist ihm recht. . . . – Und als die bunten Reiter draußen la Marosicz am Start stehen – als schon die Glocke ertönen soll – meldet sich in allerletzter Minute noch ein neuer Reiter. . . .
Kein anderer als Elemer ist es – inkognito – als Csikos. . . .
Und was noch nie geschah, seitdem man in Marosicz das Csikosrennen reitet – Marosicz wird geschlagen!
Elemer ist Sieger!
Als Laszlo – Knecht des Grafen Elemer – stellt er sich der Baroneß vor – bietet ihr das siegreiche Pferd als Geschenk seines Herrn an.
Sie lehnt ab – vom Grafen Ruttkai will sie keine Geschenke annehmen. Doch der vermeintliche Csikos soll ihr Gast sein. – Merkwürdig – wie gewandt sich dieser Knecht benimmt – grad wie ein Kavalier. . . . Terka beginnt sich so ihre Gedanken über den vermeintlichen Csikos zu machen. . . . Da wird plötzlich Jola-Jola gemeldet – Elemers kleine Freundin – die von der Absicht des Grafen gehört hat, zu heiraten, und ihn sich zurückholen will. – – Camillo – der als Untergebener den Grafen kennt – ihn aber nicht verrät – weiß im letzten Augenblick das Unheil abzuwenden.
Als Jola am Tische sitzt, winkt sie Elemer verstohlen zu. . . . Doch schon hat Terka es gesehen. Sie beobachtet ihn von nun an noch aufmerksamer, und bald geht ihr über seine wahre Person ein Licht auf. – Natürlich ist sie von jetzt an eifersüchtig auf Jola, denn, wie man sich denken kann, hat sie an Elemer Gefallen gefunden. . . . Am folgenden Morgen hat sie sich einen Plan zurechtgelegt. . . . „Ich habe es mir überlegt“, sagt sie zu dem „Csikos“. „Ich werde das Pferd des Grafen Ruttkai annehmen – und Du wirst mich selbst hinführen zu ihm, damit ich mich persönlich bedanken kann.“ – Elemer ist in höchster Verlegenheit. – Alles ist umsonst. Terka besteht auf ihrem Willen. – Und als die beiden ankommen und der Graf die Baroneß durchaus nicht fortlassen will, weil es draußen wild stürmt und regnet – und außerdem das Auto eine Panne hat . . . da – da sagt Terka dem Grafen ins Gesicht, daß sie längst wisse, wer er ist . . . daß sie aber nie von ihm geglaubt habe, daß er es fertig brächte, absichtlich eine Panne herbeizuführen und das Gesinde fortzuschicken – um eine wehrlose Frau in seine Gewalt zu bekommen. – Stumm verbeugt sich Elemer, stürzt hinaus in das Wetter, läuft weiter und weiter, bis er einen Wagen erwischt. – Stumm kehrt er zurück. Begleitet die Baroneß zum Wagen. – Sie hat schon bereut, will seine Verzeihung – umsonst. Höflich, doch kühl ist seine Verabschiedung . . .
Brief auf Brief schreibt Terka dem verlorenen Liebsten in die Stadt. Keine Antwort! Bis sie eines Tages selbst nach Budapest fährt und sich die Versöhnung und den Brautkuß persönlich holt. – –

Kritik (E. J., Film Kurier #216, 09/12/1930):
Silva-Hegewald-Start. Anlauf der nach der Ufa zahlenmäßig, wie man las, größten Produktion.
Hegewald war in der stummen Aera eine Spezialmarke, charakterisiert, beeinflußt durch eine Frau, die sie führte, durch eine Frau, die sie nach oben gebracht hat.
Es war nicht zu erwarten, daß sich die Marke, nunmehr tönend, – „diese Filme gehören der Hausfrau“ – zu geistigen Rebellionen, zu stofflicher Neuerfindung entschließen würde. Für jede Firma ist die ungewisse Ehe mit den Tonspektakelmachern (Tobis) ja das größte Risiko. Daher begründete Vorsicht der Kalkulation.
Hegewald fing deshalb beim Tonfilm dort an, wo die Firma in ihrer besten stummen Zeit zum Erfolg gekommen war – – damals die „Zarewitsch“-Operette – jetzt die „Csikosbaroneß“.

Diese Art Filme werden bewußt für eine Publikumschicht geschaffen, die offenbar gern zur Kinokasse geht, für alte und junge Weiblein, die das Einfache noch einmal übereinfach, das Simple noch überprimitiv gesagt und gespielt haben wollen.
So gibt es denn nach einer früher in der Provinz viel gegebenen Operette von Grünbaum und Jarno einen Tonfilm mit tönenden Geräuschen und Dialogen, dem Trotzköpflein von Baroneß, von der unsere Großmüter träumten, die selbstverständlich ihren nicht minder trotzköpfigen Rittmeiser und Reitknecht nach einer seelischen Kniebeuge doch kriegt, – – kein Hauch der aufgeregten Zeit drang noch in diese Inseleinsamkeit der Tonfilmoperette.
Ihre Vorzüge: Die Noblesse der Aufmachung – Produktionsleitung Liddy Hegewald, das reiche Bautendetail – Jack Rotmil und Heinz Fenchel, die ganz ausgezeichnete Photographie – Willy Woldberger und Georg Muschner – – und darüber hinaus das Bemühen nach Farbigkeit im Szenenwechsel; man soll nicht nur gute ungarische Stuben sehen; Volkstreiben, Pußtaleben, Musik und Pferde, Frauen und Tänze werden da vorgeführt.
Und das Regie-Ehepaar Fleck bewegt sich auf diesem Gebiet scheinbar sicherer als früher in der stummen Pantomime; nur wenn ihre Figuren „sinnlich“ werden und rund um die Liebe seufzen, schmollen oder necken, dann wird die Zone unfreiwilliger Komik zu leicht berührt.
Unsere Tonoperetten-Regisseure werden beobachtet haben, daß ihre Inszenierungen auf allzu lange Strecken meist ohne Brio sind. Zuviel Sentimentalität in Zeitlupe!
Der trivialste Stoff kann gewinnen, wenn man ihn mit Munterkeit vorträgt – die Mehrzahl unserer Regisseure verschleppt aber die noch durch die Musik in den Film getragene Tangodehnung und überlangsame Bluesstiminung, anstatt anzutreiben und wegzuschneiden.
Auffallend, daß man auch diesmal sich wieder im Publikum besonders amüsierte, als es auf der Leinwand lebendig wurde; – als Verebes den wohlabgewogenen Zirkel der Anständigkeit mit etwas eiligeren Schritten durchbrach und mit etwas gelenkerer Technik durch die Gegend flitzte – – und dann einmal, als zwischen Magd (Camilla von Hollay) und Bürgermeister im wüsten Platzregen ein kurzes, flottes Dialogchen entsteht. Da ist Pointe, Schmiß, Auftrieb – gegenüber der fatalen Pseudovornehmheit sogenannter Geschäftsszenen und neckisch tuender Gänsemädchen.
Autoren: Fritz Grünbaum und Ida Jenbach, Tonfilmbearbeiter: Hans Zerlett.
Sympathische Darsteller! Gretl Theimer – die mit Grazie auch die schwierigen Situationen überwindet, hübsch anzuschauen und zu hören. Paul Vincenti – glücklicherweise mehr Darsteller als singender Csikos – – dann vor allem der Sieger der ungarischen Kolonie, Ernst Verebes, der sich schon fast vollkommen eingedeutscht hat – er gibt dem Film einen sehr geschickt improvisierten Schluß.
Aus der Fülle der Mitwirkenden noch: die drei Unwiderstehlichen Albert Paulig, Julius Falkenstein, Ida Wüst; Berthe Ostyn wieder sehr apart, Camilla von Hollay mit dem Mut zum Drastischen und die vielen anderen.
Musik: Haftend durch einen gut wiedergegebenen Tango von Schmidt-Boelke und Rolf Marbot. Drumherum geschickt illustriertes Ungarnmusikmilieu mit moderner Kapelle und Zigeunermusik.
Das Tonverfahren der Tobis – darin liegt oft das Groteske der heutigen Situation, – ist auch hier wieder die bittere Zugabe zum Können und Fleiß der Filmleute.
Schade, daß man keine Ohrenbeleidigungsprozesse anstrengen kann. Selbst der Tonschnitt ist nicht durchweg einwandfrei und der Tonmeister scheint für das Ton-Im-Raumgefühl nicht immer Verständnis gehabt zu haben. Bedauerlich, daß die Filmindustrie das Lehrgeld zahlen muß, wenn die Tobis ihren Stab von Tonlehrlingen allmählich zu Gesellen ausbildet.

Ein Zulauf-Film für die Hegewald-Silva-Marke.
Ein Auftakt, der für den Ausbau der Firma und ihre Zusammenarbeit mit den Kinobesitzern Gutes verspricht.

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