Originaltitel: Das Land des Lächelns. Romantische Operette 1930; 100 min.; Regie: Max Reichmann; Darsteller: Richard Tauber, Mary Losseff, Hella Kürty, Margit Suchy, Willy Stettner, Bruno Kastner,; Tauber-Tobis-Prod.
Die Fabel der bekannten Operette – die Liebe der Europäerin zum chinesischen Prinzen, welche an der Tradition seines Hauses scheitert, die Neigung seiner Schwester zum Vetter der jungen Frau – wird unter Eliminierung des ersten Aktes und einigen Umstellungen mit einer Rahmenhandlung umgeben: eine Aufführung von „Das Land des Lächelns“ auf einer Gartenbühne, während der die Tochter des Hauses die Gefährlichkeit ihrer Neigung für einen indischen Prinzen erkennt…
Zusammenfassung
Ein exotischer Fürst lernt während seines Aufenthaltes in Europa Liesa, eine junge Dame der Gesellschaft, kennen und verliebt sich in sie. Und da er wahrnehmen zu dürfen glaubt, daß er nicht ohne Eindruck auf sie geblieben ist, macht er Liesa auf einem Gartenfest einen Heiratsantrag. Liesas Vetter und Verehrer Gustl, der sich insgeheim Hoffnungen hinsichtlich seiner schönen Kusine machte, vernimmt dies voll Eifersucht. Liesa weist den Antrag des Fürsten nicht direkt ab – sie kann sich aber nicht sofort entscheiden, denn sie verhehlt sich nicht, daß ihr die Trennung von der Heimat sehr schwer fallen würde. Der liebenswürdige Hausherr, Liesas Vater, bietet seinen Gästen eine besondere Überraschung: die Aufführung der Operette “Das Land des Lächelns”, unter persönlicher Leitung des Komponisten Franz Lehár. Voll Interesse folgen die Gäste dem Verlauf des Spiels: Sou-Chong, ein chinesischer Prinz, kehrt von einer Europareise in seine Heimat zurück, wohin er sich eine weiße Frau mitgebracht hat. Um diese vor der Gehässigkeit seiner traditionellen Verwandten zu bewahren, macht er niemand davon Mitteilung und verbirgt seine weiße Frau in einem Pavillon im Park. Nur seine Schwester Mi zieht er ins Vertrauen, die der fremden Frau bald eine liebende Freundin wird. Kurze Zeit später legt Sou-Chongs Onkel, Tschang, seinem Neffen nahe, zu heiraten, und zwar soll er sich, den Bestimmungen des chinesischen Gesetzes gemäß, vier Frauen aus den vornehmsten Stämmen des Reiches der Mitte nehmen. Sou-Chong weigert sich, der Forderung seines Onkels Folge zu leisten, und als dieser ihm zuredet, gesteht Sou-Chong, daß er bereits mit einer weißen Frau verheiratet sei, die er liebt und von der er nicht lassen will. Onkel Tschang ist über diese Eröffnung höchst ungehalten. Er drängt nichtsdestoweniger weiter in seinen Neffen – und schließlich fügt Sou-Chong sich lächelnd den alten Gesetzen seines Landes. Als diese weiße Frau des Prinzen davon erfährt, ist sie tiefunglücklich. Ganz unerwartet taucht da plötzlich Gustl, der Vetter und Verehrer der weißen Frau, auf. Er bemüht sich, die so bitter Enttäuschte zu trösten, und sie verabreden eine gemeinsame Flucht. Doch der Plan mißlingt – die Flucht wird von den Wächtern Sou-Chongs vereitelt. Schließlich aber gibt Sou-Chong selbst den beiden den Weg frei. Er hatte den Geboten seines Landes folgen müssen – er hat aber auch eingesehen, daß seine weiße Frau sich in dieser so fremden Umgebung und unter solchen Verhältnissen niemals wohl, geschweige denn glücklich fühlen könne. Mit dem typischen Lächeln des Chinesen um die Lippen, sieht Sou-Chong seine weiße Frau von sich ziehen – obwohl sein Herz von tiefer Traurigkeit erfüllt ist.
★
Das Spiel ist aus, die Gäste des Gartenfestes spenden begeistert reichen Beifall. Nur Liesa ist durch das Spiel, welches sie eben gesehen, sehr nachdenklich geworden – diese Operette hat ihren Entschluß entscheidend beeinflußt. Sie erklärt dem Fürsten, der ihrer Äußerung mit innerlichem Bangen entgegengesehen hatte, daß es ihr unmöglich sei, ihm in seine ferne exotische Heimat zu folgen – zum hellen Entzücken Gustls, der seine Aussichten aufs neue in beträchtlichem Maße steigen sieht. Voll Selbstbeherrschung nimmt der Fürst Liesas Bescheid, der für ihn die Vernichtung all seiner sehnsuchtsvollen Hoffnungen bedeutet, entgegen, das asiatische Lächeln auf seinem Antlitz – die andern sollen nicht wissen, wie schmerzlich ihn sein Mißerfolg trifft, wie es um sein Inneres bestellt ist . . .
Immer nur lächeln,
Und immer vergnügt . . .
Lächeln, trotz Weh und tausend Schmerzen –
Doch wie’s da drin aussieht, geht niemand was an –!
Kritik (E. J., Film Kurier #273, 11/18/1930):
Das Reich ist schon mit Jubelsturm auf die Kassen dieses Films losgegangen. Tauber zieht. Auch Berlin applaudierte sehr freundlich.
Wieder bestätigt es sich – ein Kassenerfolg entsteht in Deutschland so: Wenn der Film einer Schicht aus den Dutzend Richtungen des Kinopublikums alles gibt.
Das Publikum der deutschen Kinos ist nicht unter einen Hut zu bringen, der Film muß daher ganz unter einen Hut gebracht werden – diesmal unter die Tauber-Tenor-Krone. Diesmal für die vielen, vielen Tauberianer, Lehárianer.
Wer die gepflegteste Tenorstimme in Deutschland, die sentimentale Musik liebt, mit ihrer Opernneigung, ihrer breiten Kantilene – – der kann einen Abend über dabei ausruhen.
★
Die Produktion hatte also nur das eine Ziel: Einfachste Transponierung des Bühnenwerkes in den Tonfilm, möglichst vollkommene Erhaltung alles dessen, was Tauber bei Rotters sang – und wie er es sang.
Dazu wird also nicht Geist, nicht Kunst, nicht Spiel, nicht Stil, nicht Kamerasinn, nicht Regielebendigkeit, nicht Dialogführung gebraucht. Nur sachlicher, einfacher Rahmen für Tauber und die Lehár-Töne. Nichts Filmisches stört den, der gläubig und willens ist, das Land der Tenor-Arien mit der Seele zu suchen.
Wer würde den Operettenverfassern Leon, Herzer und Löhner-Beda das singende China im Film geglaubt haben? Ein neues Autoren-Trio – Leo Lasko, Anton Kuh, C. I. Braun – stellt daher die Operette bewußt als Theateraufführung dar. Tauber-Gastspiel auf einem Gartennachtfest, auf einer Freilichtbühne, die einfach und solide von Gärtnern und Tischlern gestellt ist, asiatisches Antiquitätenmöbelment, knapp angedeutet. Regie: Max Reichmann. Ausstattung: Hans Jacoby. Produktionsleitung: Manfred Liebenau. Kostüme: Theaterkunst Kaufmann. Bildkamera: R. Kuntze.
Der Film hütet sich geschickt (der Mentalität nach darin sehr anständig), etwas vorzutäuschen, was er nicht geben könnte. Statt falscher Operettenwahrheit bewußte Theaterauführung im Film, bewußtes Theatersingen, bewußtes Theaterspiel. (Unmodernes Theaterspiel, ohne die geringste tänzerische Einfallslust.)
Die kurze Rahmenhandlung, die das Gesandtentöchterlein ein bißchen geniert von einem exotischen Fürsten umtaubert sieht, Bruno Kastner ein paar Stunden an die Säule gelehnt zeigt und Carl Platen als die alte Exzellenz vom Hofe Geenj Augusts vorführt . . . hält bis auf die bezüglich dazwischen geschnittenen Großaufnahmen mit bedeutungsvollem Hin- und Herblicken nicht weiter auf.
Der exotische Tauber-Fürst fährt, ohne zu lächeln am Ende der Operettenaufführung schleunigst zu Schiff nach Indien. So hat es ihn mitgenommen.
Damit keine Irrtümer aufkommen: Gerade so will ihn die Tauber-Gemeinde. Als China-Heiligen, in der Fibelsprache der Operette. Feierlich hergesagt. Mit Pausen zum Nachdenken. Man sieht ihn auch auf dem letzten Theaterplatz: Nahe, langsam, hört ihn deutlich laut und leise. Den großen Kammersänger für eine Kinomark. So erklärt sich der Erfolg. Er singt den Chinesenprinzen mit der inneren Geste der Canio-Partie. Lächle, Bajazzo (O, glaubt mir, wie euch . . . auch in des Chinesenbrust . . . ein Herz . . hier in Tenorlage empfunden.)
Unerschöpflich streut er die Lieder Lehárs vor sich her, „Immer nur lächeln“, „Von Apfelblüten in einen Kranz“, „Dein ist mein ganzes Herz“, dazu die Duette mit der Suchy.
Klanglich ist wieder sein Piano am reizvollsten. Allerdings verzichtet er auf manche Gesangsnuance, die man sonst an ihm kennt. Tonaufnahme: Erich Lange. Musikalische Leitung: Paul Dessau. Das meiste vollbefriedigend. Ganz ungelöst diesmal einige Momente des Fortissimo-Singens in der Höhe, da streiken Mikrophon und Lautsprecher – da brüllt China.
Als Partnerin hat er sich Margit Suchy auf die Gartenbühne geholt, eine Weiße (ohne Schuß) aus Wien, mit Stimme, die gelegentlich anspricht und sich Beifall holt.
Ueber die leicht bewegten Stehbilder des Bühnenweihefestspiels hüpft Hella Kürty imitierte China-Lieblichkeiten. Sie erobert auch hier das Kino-Parkett, auch ihre Lied-Nummern zeichnet Beifall aus.
Am glücklichsten darf Willy Stettner sein, denn er spricht, wie gewöhnlichen Sterblichen der Schnabel gewachsen ist. Dagegen – Georg John, der im Land der Lächler einen tieftraurigen Onkel Marke in Prosa mimt.
Der Erfolg dieses Gesangfilms hängt natürlich von Kino zu Kino an der Wiedergabe.
Im Berliner „Capitol“ war sie vorwiegend klangrein. Unter solchen Umständen stimmt die Tauber-Gemeinde beifallsfreudig ein: „Dein ist mein ganzes Ohr.“