Originaltitel: Das Rheinlandmädel (Vier Mädchen suchen das Glück…) Liebeskomödie 1930; 79 min.; Regie: Johannes Meyer; Darsteller: Werner Fuetterer, Gretel Berndt, Lucie Englisch, Trude Berliner, Ernst Dernburg, Harry Frank, Ilse Nast, George Pleß, Ernst Behmer; Aco-Klangfilm.
Eine Chemiestudentin, die als Musikerin ihr Brot verdient, verliebt sich in einen Fabrikantensohn, entzieht sich ihm aber später im Hinblick auf den sozialen Unterschied. Sein Vater ist anfänglich tatsächlich gegen eine Verbindung, besinnt sich aber später eines Besseren.
Zusammenfassung
Wenn junge Mädel musizieren,
schlägt Amor selbst den Takt dazu,
und die Musik gibt mit der Liebe
sich ein geheimes Rendezvous.
Wenn junge Mädel musizieren, dann ist die Welt voll Sonnenschein, und durch die offenen Herzenstüren zieht mit Musik die Liebe ein. Im Lokal zum „Kölsche Jung“ zu Köln am Rhein sind die vier Rheinlandmädel engagiert. Jeden Abend, wenn die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht, singen, spielen und tanzen die vier Rheinlandmädel ihren Schlager:
Und sollt’ ich im Leben ein Mädel mal frei’n,
dann muß es am Rhein nur geboren sein.
Die blonde Lore aus Bonn am Rhein spielt die Geige, Grete, eine Berlinerin, die ins Leben paßt, bedient das Schlagzeug und tanzt, die mollige Mizzi aus Wien spielt Gitarre, und Ilse, das stolze Hamburger Kind, spielt Bandonium. Dabei ist den vier Mädels manchmal gar nicht nach Singen und Spielen zu Mute. Sie sind auch keine richtige Kapelle, sondern vier Bonner Studentinnen, deren knappe Monatswechsel nicht ausreichen, um ihr Studium erfolgreich zu beenden; dazu kommt, daß die vier Mädels, jung und lebenslustig wie sie sind, unter Führung der blonden Lore, ihr Geld beim großen Kölner Karneval verjuxt haben. Die vier führen einen gemeinsamen Haushalt, und als Mizzi, die als Wienerin die beste Mehlspeise machen kann und den Küchenchef darstellt, eines Tages erklärte, sogar die eiserne Ration sei aufgebraucht, kam Lore auf die glorreiche Idee, eine Kapelle zu gründen und Abend für Abend im „Kölsche Jung“ aufzutreten. Die Kapelle heißt: „Rheinlandmädel !“ – Jeden Tag, wenn die vier Mädels zu Hause eifrig ihrem Studium obliegen, hören sie durch das geöffnete Fenster aus dem Nebenhause lustige Studentenlieder. Das Korps der Saxo-Rhenania hat nebenan sein feudales Klubhaus und feiert den Eintritt eines neuen Mitgliedes, des jungen Hans Waldorf, dessen Vater, Geheimrat Waldorf, Inhaber eines der größten Chemischen Werke ist. – Durch Köln zieht der große Karnevalszug. Alles Volk ist auf den Beinen. In allen Lokalen wird getanzt und gefeiert. Die Jugend tobt sich aus auf den Festen und Maskenbällen und in einem dieser Lokale, mitten im größten Karnevalstrubel, hat Hans Waldorf eine blonde, entzückende Kleine kennengelernt, Lore mit Namen, ohne zu wissen, daß diese Lore an derselben Universität wie er studiert und ihr bescheidenes Zimmerchen dicht neben dem Korpshaus der Saxo-Rhenania hat. Die beiden jungen Menschen haben sich auf den ersten Blick ineinander verliebt und während der Karnevalszeit selige Tage miteinander verlebt. Aber dann kommt der Aschermittwoch und der Ernst des Lebens tritt an die arme Lore wieder heran. Sie merkt, daß sie verliebt ist und daß sie von dieser Liebe nur schwer loskommen werde, wenn sie sich darin verliert, und sie beschließt, ihr Karnevals-Abenteuer – wenn auch wehen Herzens – aus ihrem Leben zu streichen. Vergebens sucht der junge Waldorf nach der entzückenden kleinen Lore, die auch er nicht vergessen kann. Er kann sie nirgends mehr entdecken. Da soll ihm ein merkwürdiger Zufall zu Hilfe kommen. Bei einem Abschiedsessen, das sein Leibbursch gibt, ist von diesem als besondere Ueberraschung eine Kapelle engagiert worden und diese Kapelle ist niemand anderes als die „Rheinlandmädel“. Die vier Mädel spielen in einem Zimmer neben dem Festsaal und haben es sich zur Bedingung gemacht, daß sie nicht gesehen werden dürfen. Als die Stimmung auf dem Abschiedsfest jedoch ihren Höhepunkt erreicht hat und der Leibbursch die Kapelle auszahlt, wird er gegen Lore zudringlich. Hans hört einen Schrei, und als er die Tür anfreißt, steht er derjenigen gegenüber, die er seit Wochen überall vergeblich gesucht hat . . . seiner Lore. Sie versucht, sich ihm zu entziehen, aber schließlich ist sie damit einverstanden, ihm noch drei Tage ihres Lebens zu schenken. Drei Tage wollen sie vollkommen die Welt und alles um sich herum vergessen, drei Tage fahren sie durch die schönsten Gegenden des Rheins, drei Tage kannte Hans nur seine Lore und Lore nur ihren Hans. Dann nach diesen drei Tagen soll es ein Abschied für immer werden. Sie singt ihm ihr schönstes Lied:
Du bist meine große Liebe
und mein kleiner Kamerad,
und aus dieser großen Liebe
tat ich alles was ich tat . . .
Aber Hans hat niemals die Absicht gehabt, es bei diesen drei Tagen bewenden zu lassen. Er will Lore heiraten und er versucht, seinen Entschluß sofort in die Wirklichkeit umzusetzen, indem er vor seinen Vater hintritt und erklärt: Lore oder keine. – Der alte Waldorf ist ein Mann, der mitten im Leben steht. Er kennt keine Umstände und er will für seinen Sohn, den er abgöttisch liebt, das Beste erreichen, was es gibt. Insgeheim sucht der alte Waldorf Lore auf. Er bittet sie, von seinem Sohn zu lassen, aber im Grunde genommen wird ihm diese Unterredung schwer, denn auch ihm gefällt die kluge, tapfere Lore ausgezeichnet. Schade, schade, daß sie, wie er glaubt, ein Musikantenmädel war. – Als der Geheimrat von Lore scheidet und schon auf der Treppe steht, erfährt er, daß Lore etwas ganz anderes ist, als sie sich ihm gegenüber ausgegeben hat. Er eilt so schnell er kann, zu ihr zurück und hat mit ihr eine lange, ernste Unterredung. – Am nächsten Tage steht Hans Waldorf seinem Vater gegenüber und dieser erklärt ihm kategorisch, daß er beschlossen habe, ihn nunmehr zu verheiraten, und zwar an ein Mädel, das geeignet sei, in die Leitung der Chemischen Fabriken mit einzutreten und mit Hand anzulegen an dem großen Werk, das er aufgebaut hat und das er seinem Sohn übergeben wolle. Als Hans seinem Vater daraufhin mitteilt, daß er Lore niemals vergessen könne und keine andere heiraten werde, erklärt ihm dieser, daß es zu spät sei, denn die Braut warte bereits im Nebenzimmer. Hans will sich diesen Ueberfall nicht gefallen lassen und geht zur Tür. Da erklingt aus dem Nebenzimmer eine weiche Mädchenstimme, die er kennt, und diese Stimme singt ein Lied, das er niemals vergessen kann:
Du bist meine große Liebe
und mein kleiner Kamerad . . .
Hans reißt die Tür des Nebenzimmers auf und steht vor seiner Lore. Von der Straße aber erklingt das Ständchen, das ihm seine Korpsbrüder der Saxo-Rhenania und die drei Freundinnen von Lore bringen, das Lied vom Rheinlandmädel:
Und sollt’ ich im Leben ein Mädel mal frei’n,
dann muß es am Rhein nur geboren sein.
Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #108, 05/07/1930):
Gustav Althoff, bei den Theaterbesitzern geschätzt als Lieferant von wohlfeilen Filmen für das nicht gerade anspruchsvolle Publikum, hat sich auf den Tonfilm geworfen. Hat sogar als erster Produzent außer der Ufa, in Deutschland einen Spielfilm auf Klangfilm gedreht.
Daß Althoff seine Kalkulation auf sicher gemacht hat, ist ihm nicht überzunehmen. Schließlich ist ein solcher Lichttonfilm immer noch ein zu teurer Spaß, als daß sich Fabrikanten, die auf sich selbst gestellt sind, gleich beim ersten Mal auf „Experimente“ einlassen könnten.
Man hat also gerechnet: Rheinfilme waren immer beliebt, Studentenfilme auch. Macht man also einen Film, der die zukünftigen Momente beider Arten enthält, und der ihre Wirkung durch beliebte Musik- und Gesangseinlagen noch verstärkt, so kann der Erfolg nicht ausbleiben.
Die Rechnung stimmt.
„Rheinlandmädel“ wird für viele Theaterbesitzer jetzt, an der Schwelle des Sommers, ein willkommenes Sanierungsobjekt sein.
Was sind die Meriten dieses Films im Publikumssinne ? Ein Quartett hübscher Mädchen, Originalaufnahmen vom Kölner Karneval, die durch die synchronisierte Musik bedeutend an Wirkung gewinnen, ferner schöne Rheinaufnahmen und ein halbes Dutzend populärer Rheinaufnahmen und ein halbes Dutzend populärer Rhein- und Studentenlieder. Und außerdem lustige Dialoge mit Trude Berliner und Lucie Englisch.
Walter Wassermann und Fritz Falkenstein sind in der Verwendung dieser „Publikumshappen“ geschickter gewesen, als bei dem Aufbau ihrer Grundhandlung. Diese „Alt-Heidelberg“-Geschichte mit happy ending ist zwar leicht „greifbar“, aber nicht gerade mehr originell. Netter ist schon, daß man zeigt, wie sich vier arme Studentinnen redlich im Kampfe gegen den Dalles durchs Leben schlagen, und sei es als Schlager-Quartett.
Johannes Meyer, der erfolgreiche Schöpfer des „Tiger“, zeichnet als Regisseur. Er hat etwas gewagt, was bisher noch keiner wagte, wovor jeder bisher eine instinktive Abneigung hatte: Nämlich seriös gemeinte sentimentale Tonfilm-Liebesdialoge. Frisch gewagt – und doch nicht geglückt. Wir haben beim Tonfilm noch lange nicht ausgelernt. Zur Notiz ist zu nehmen, daß der unfreiwillige Heiterkeitserfolg bei solchen Szenen unvermeidbar ist, wenn schlechte Sprecher, ohne Bühnenerfahrung, wie es nun einmal Werner Fuetterer und Gretl Berndt sind, unglücklich stilisierte Dialoge bei allzu gedehnter Inszenierung sprechen müssen. Das Publikum nahm dieses Ausglitschen in die Schmiere nicht weiter tragisch, es scheint mehr Verständnis für das tastende Vorwärtsgehen der deutschen Tonfilmer zu haben, als es sich mancher Kritiker träumen läßt.
Sonst arbeitet Johannes Meyer recht geschickt. Seine Studentenszenen haben Schmiß, der Karnevalstrubel wirkt echt. Und mit seinen vier Mädels, der ernsten, anmutigen Gretl Berndt, der keßschnäuzigen Trude Berliner (die sich in einem Solotanz Sonderapplaus holt), der sympathisch wienernden Lucie Englisch und der (ein wenig in den Hintergrund gedrückten) Ilse Nast gewinnt er das Rennen.
Werner Fuetterer ist der schwache Faktor in der Kalkulation. Möglich, daß sich seine Starrheit bei weiteren Tonfilmen gibt.
In den Nebenrollen spielt ein glücklich ausgewähltes Ensemble.
Charles Stumar besorgte den sauberen photographischen Teil. Dr. Leistner zeichnet für die mit wenigen Ausnahmen klaren Tonfilmaufnahmen. (Von dem Couplet der Berliner ist leider kein Wort zu verstehen.) Bauten: Willy Hermann.
Die schmissige Musik lieferte Milde Meissner.
Das Publikum nahm den Film sehr beifallsfreudig auf.