Originaltitel: Die Drei von der Tankstelle. Parodistische Operette 1930; 103 min.; Regie: Wilhelm Thiele; Darsteller: Lilian Harvey, Willy Fritsch, Oskar Karlweis, Heinz Rühmann, Fritz Kampers, Olga Chekhova, Kurt Gerron, Felix Bressart; Ufa-Klangfilm.
Durch die Pleite ihres Bankier ruiniert, gründen drei Freunde eine Tankstation, halten gute Kameradschaft. Bis eine autofahrende Schöne kommt, mit den Dreien flirtet, sich schließlich mit allen zerstreitet. Später muß sie den von ihr Geliebten durch einen Trick zur Verlobung zwingen.
Zusammenfassung
Drei junge Männer, Willy, Hans und Kurt kehren von einer herrlichen Autofahrt zurück nach dem Motto:
Sonniger Tag,
Wonniger Tag,
Klopfendes Herz und der Motor ein Schlag, lachendes Ziel,
Lachender Start !
Und eine herrliche Fahrt !
Rom und Madrid –
Nahmen wir mit, –
So ging das Leben im Taumel zu dritt !
über das Meer,
über das Land
haben wir eines erkannt:
Ein Freund, ein guter Freund.
das Ist das beste, was es gibt auf der Welt !
Ein Freund bleibt immer Freund,
und wenn die ganze Welt zusammenfällt,
Drum sei auch nicht betrübt,
wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt !
Ein Freund, ein guter Freund,
das ist der größte Schatz, den’s gibt !
Aber die Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt. Als die drei zu Hause ankommen, erfahren sie, daß ihr Geld futsch, ihre Wohnung gepfändet und ihr Bankier pleite ist. Was tun ? Arbeiten ? Aber was, wo und womit ? Der letzte Rest ihrer Habe, das Auto, bringt sie auf eine Idee. Sie gründen mit dem Erlös des Wagens eine Tankstelle an der belebten Landstraße.
In drei Schichten wird gearbeitet, und die Tankstelle floriert. Die treueste Kundin ist die schicke Lilian Coßmann, die ihr elegantes Auto immer wieder zu der bewußten Tankstelle lenkt, denn sie findet die drei Freunde alle drei so nett. Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Jeder der drei denkt, wenn die hübsche Lilian davonfährt:
Hallo ! Du süße Frau – fahr’ nicht allein !
Es könnte sein,
Du steuerst falsch und grad’ vorbei an deinem Glück !
Wieso, mein lieber Schatz.
Brauchst du für dich den ganzen Platz ?
Nimm mich doch mit !
Ich kenn’ den Weg hin und zurück !
Hält der rechte Mann das Steuer,
Lenkt er dich ins Abenteuer !
Aber jeder hütet sein Geheimnis streng vor den anderen und hält sich für den Auserkorenen der schönen Wagenlenkerin. Allmählich merkt jedoch Lilian, daß ihr Herz sich zu Willy hinneigt. Wie soll sie das aber den beiden beibringen ? – In ihrer Not wendet sie sich an die schöne Frau Edith, eine in Liebesdingen erfahrene Frau, in deren Banden Lilians Vater schmachtet. Edith wäre gern die Frau des reichen Konsuls Coßmann, aber der steht leider unter Lillans Pantoffel und die erlaubt dem Papa das Heiraten nicht.
Edith rät Lilian, den drei Freunden reinen Wein einzuschenken. Aber das mißglückt gründlich. Während Hans und Kurt traurig resignieren, schnappt Willy mit hörbarem Ruck ein, und bricht mit Lilian, mit den zwei Freunden, mit der Tankstelle, mit allem.
Wiederum muß die kluge Edith helfen ! Eine neugegründete Tankstellen A.-G. engagiert die drei Freunde als Direktoren. Als sie anfangen zu regieren, meldet sich die neue Direktionssekretärin, die der reizenden Lilian zum Verwechseln ähnlich sieht. Aber Willys Zorn ist noch immer nicht gebrochen. Wütend diktiert er einen Kündigungsbrief an die Gesellschaft und unterschreibt ihn stürmisch, ohne näher hinzusehen. Triumphierend zieht Lilian mit dem Brief ab. Gleich darauf erscheint dar Anwalt in Begleitung des Vaters, an dessen Arm Frau Edith hängt, und präsentiert den von Willy unterschriebenen Ehevertrag.
Der überrumpelte Hochzeiter muß nun klein beigeben, aber er tut nur widerwillig. Gleich nach der Hochzeit wird er sich wieder scheiden lassen.
Da übermannt Lilien der Zorn;
„Jetzt aber Schluß mit der Geschichte.
Ich pfeif auf Sie, und ich verzichte ?“
ruft sie dem verdutzten Willy zu. Da greift der plötzlich zum Mann und Vater erwachende alte Coßmann ein:
Jetzt wird’s mir aber zu bunt, mein Kind,
Ich bin ja doch kein Hund, mein Kind.
Du hast mich zwanzig Jahr geplagt,
ich hab’ zu allem ja gesagt.
Was auch geschah, ich halte Schuld,
Jetzt aber reißt mir die Geduld,
Ich sage nein, und nochmals nein.
Entsetzt schaut Lilien auf den Wüterich, doch der ist einmal im Zuge und fährt fort:
Sei still, hör’ zu und merke dir genau,
ich nehme Edith jetzt zur Frau.
Wann, wo und wie ich Lust verspür’,
Und wenn du muckst, so hau ich dir,
Egal, was dann geschehen soll,
Den frechen, kleinen Hintern voll.
Diese Grausamkeit kann aber Willy nicht mit ansehen, voll edler Leidenschaft stellt er sich vor den bedrohten Körperteil des wehrlosen, schwachen, bezaubernden, süßen Geschöpfs, und die Liebenden finden sich in einem langen Kuß.
Liebling, mein Herz läßt dich grüßen !
Nur mit dir allein
Kann es glücklich sein !
All meine Träume, die süßen,
Leg’ ich in den Gruß mit hinein !
Laß nicht die Tage verfließen,
Bald ist der Frühling dahin –
Liebling, mein Herz läßt dich grüßen
Und dir sagen, wie gut ich dir bin,
Und auch die abgewiesenen Freier trösten sich mit dem Lied:
Ein Freund, ein guter Freund,
Das ist das beste, was es gibt auf der Welt !
Ein Freund bleibt immer Freund,
Und wenn die ganze Welt zusammenbricht,
Drum sei auch nie betrübt,
Wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt.
Ein Freund, ein guter Freund.
Das ist der größte Schatz, den’s gibt.
Kritik (E. J., Film Kurier #219, 09/16/1930):
Erich-Pommer-Filme pflegen die Kritik zur Filmphilosophie anzustacheln. Es wird da nach Mentalitäten geschnuppert, – internationale Filmphilologie getrieben und die sehr gelehrte kritische Wissenschaft entrollt sich in Talar und Perücke.
Diesmal kommt der todernste Producer und Mensch uns so unbeschwert wie er noch nie war. Leichtsinnig, liebenswürdig.
Selbst das „Stempelngehen“ aus dieser Zeit wird zum Coupletrefrain und drei pleitegegangene, reiche, junge Leute singen und tanzen zu ihrem Konkurs einen Foxtrott.
Gewichtige Transportarbeiter, der böse Herr Gerichtsvollzieher, nahen im Tanzrhythmus und im Hof der Fabrik treten die Dienstmänner, die Arbeiter, mit Karren und Kisten an, sie walzen und steppen im Takt an die Arbeit . . . lasset uns singen, tanzen und springen. Glücklich ist, wer vergißt . . .
Ja, diese heitere Filmart will vergessen lassen, sie will lustig, ohne Sinn sein . . . sie will leicht-sinnig sein.
Jener prickelnde Geist etwa aus dem charmantesten aller Vorkriegsoperettenakte. Lehárs „Graf von Luxemburg“ erste Szenen oder die ewige „Fledermaus“-Stimmung bezeichnen das Klima, in dem dieser Film entstand. Ein mildes, sonniges Land – auch wenn nur die Ateliersonne scheint, ein Gelände, bewußt getrennt vom schweren Wirklichkeitsfilm, aber auch vor der Zeitsatire.
Künstlerisches Verdienst solcher Film-Erfindungs-Künste: daß der Un-Wirklichkeitsfilm eben bewußt geschaffen wird, daß darauflos gesungen, gemimt, getanzt wird ohne den üblichen bitterlichen Humor des Sich-Ernstnehmens auch in der Posse durchzudrücken – – und weiter – – : daß diese bewußte Führung zum Heitergemeinten den Tonfilm-Stil endlich wieder bereichert. Der Film greift in die geheiligten „Theaterbezirke“ ebenso erfreulich bedenkenlos ein, wie er tonfilm-motivisch, akustisch und optisch, neue Einfälle riskiert.
Zu unterstreichen bleibt: An Stelle der zähen Operettentradition tritt der Versuch der musikalischen Komödie, der eigene Stil einer neudeutsch-bürgerlichen Unterhaltungsfreude.
Sonst singen kostümierte Chöre – jetzt hüpfen die Schwerarbeiter dahin, die Barmixer gruppieren sich, der seriöse Rechtsanwalt erledigt seine Post im Chanson – – das will alles sagen, seht doch genauer hin: Alle ihr blutig Ernsten im armen Leben von heute tragt ja auch Kostüm, werft’s doch ab, seid so unbedenklich wie die drei lustigen Brüder von der Tankstelle, ob ihr nun den Frack oder die Bettlerkluft auf eurem Leibe tragt, es ist doch immer der Leib darunter, der tanzen soll, der springen soll. (Um Gottes willen, es soll Keineswegs philosophiert werden; siehe einleitenden Absatz ! . . !)
Oberstes Schaffensprinzip für diesen Film: Die harte, schwere Technik des Tonfilms mit Laune zum luftigsten Unwirklichkeitsgebilde zu formen. Die Pommer-Produktion besiegte diesmal die Technik völlig. Keine wunde Stelle, kein Tonfilmkratzer, kein Sprüngchen. Ein Conzertino von eineinhalb Stunden, eine Darstellungssuite von frischer Durchdrungenheit ist geschaffen.
Neben dem „Woher“ der Gesinnung ist alles auf das „Wie“ der Durchführung gestellt. „Handlung ?“ „Dort wo das Leben heiter ist, besteht es aus Episoden. So auch im Spiel.
„Darum seid gegenwärtig, Schauspieler, darum füllt jede Minute mit dem Etwas der Musik. Komponisten – so wird die unmittelbarste Wirkung entstehen“, unmittelbarer, als wenn Franz Schulz und Willy Frank ein sauber durchkonstruiertes Schablonen-Lustspiel geschrieben hätten. Der Schablone wollte man gern den Rücken kehren und so ist die komische Alte, der kugelige Komiker aus diesem Film ganz verschwunden. Er zeigt nur, was die Drei von der Tankstelle, die fast zur Tanzstelle wird, vor die Augen bekommen und die sechs dahinflitzenden Füße.
Drei Freunde und ein Mädel – daß der Willy die Lilian kriegt, das ist ja nun schon standesamtlich (aber darauf kommt’s nicht so an), was die zwei Freunde dazu sagen, der Papa und eine fesche Stiefmama in spe, darauf blickt man, das wird entwickelt.
Man kann alles, wenn man es . . . „kann“. Das bestätigt sich wieder.
Kein übermäßiger Szenenwechsel in den ersten Akten und doch welche Belebtheit aus Ton und Bild, der Autodienst vor der Tankstelle, vom ersten sauer verdienten Groschen bis zum florierenden Betrieb. Das Junggesellentrio im Eigenheim, die Schlaf- und Frühstücksintermezzi dabei. Dann der Auszug der Drei auf die Freite, ihr Fiasko und ihr Avancement in die Kutag – –
– – und schließlich das gloriose Finale, der letzte Akt im Büro; das Hübscheste, was bisher im Tonfilm gestaltet und komponiert ist. Die Perle im Werk.
Da trifft Witz und Können aller überwältigend zusammen. Jeder Takt sprühend, treibend. Der Illustrator Werner R. Heymann, der dann am schöpferischsten wirkt, wenn er seine eigenen Einfälle auswerten und steigern kann und die Linie seiner Schlager parodistisch umbiegt – ein expressives Lied und der flotte Freundschaftsmarsch sind darunter, die bestimmt populär werden, oder vielleicht werden sogar alle vier Stücke die große Runde machen, herzlichen Glückwunsch dafür.
Wilhelm Thiele, der Inszenator. Frei von jeder Regiepedanterie, ausgeklügelte Führung und doch stets voller Antrieb, ideal angemaßt dem Streben der Gesamtkomposition, jede Sekunde des Filmablaufs in Bewegtheit aufzulösen. So empfindet man trotz der starken Verwendung des Gesanges kaum Retardierungen. Wichtiger Helfer: Der Tanzmeister, Heinz Lingen, der ganz entzückende Arrangements getroffen und für die Lockerung der Schauspielerauftritte sicher viel beigetragen hat.
Die Darsteller, das jugendliche Trio, Fritsch, Karlweis, Rühmann hat bei einer so außerordentlich sorgfältigen Produktion leichten Sieg, dafür aber um so strahlenderen. Fritsch, der Männliche, Rühmann, der Kindliche, sezten ihren ganzen persönlichen Charme ein, dazu Karlweis als Dritter im Bunde, mehr Hintergrund für die beiden kräftigereren Profile. Die drei Tankjungens werden sicher populär werden, ihr Frohsinn wirkt ansteckend.
Auch Lilian Harvey darf endlich wieder ihre tänzerische Ausgelassenheit spielen lassen. Am bestrickendsten – von Franz Planer vorträtlieblich, photokünstlerisch aufgenommen – wenn sie tanzt und mimt. Aber auch das Sprachliche und selbst der Gesang glücken ihr schon recht anmutig.
Im Ensemble Kurt Gerron mit ein paar gutsitzenden Szenen, Fritz Kampers. Olga Tschochowa, gutmütig, gutwillig im Hintergrund.
– – – man hat noch im Auge, die wie immer außerordentlich gepflegte Raumgliederung und Dekoration von Otto Hunte – – man hält noch im Ohr, wie fehlerlos gelungen Wort- und Witzwiedergabe jeder Szene (wundervoll melodisch und ganz unmechanisch die Gesänge der Comedian-Harmonists mit Leo Monosson, das klangschönste Stück, das man in der mechanischen Wiedergabe seit langem hörte): für Klangfilm-Ufatechnik ein ganz großer Erfolg. Leitung: Eberhard Klagemann. Ton: Hermann Fritzsching. Schnitt: Viktor Gertler.
Niveaubewußter Film, gekonnter Film – brausender Beifall des Publikums als Dank – nachdem man einen Abend über so lustig getankt – die frische Luft der heiteren Stimmung, das Benzin des Humors, auch ein Quäntchen Harvey-Oel für empfindsamere Seelen.