Tonight – Maybe

Originaltitel: Heute Nacht – eventuell… Lustspiel 1930; 89 min.; Regie: Emerich W. Emo; Darsteller: Jenny Jugo, Johannes Riemann, Sig Arno, Otto Wallburg, Fritz Schulz, Karl Etlinger; Allianz-Lignose-Breusing.

Die Frau eines Privatgelehrten bessert insgeheim ihr Garderobebudget auf, indem sie einem im gleichen Hause wohnenden Schlagerkomponisten Liedertexte schreibt. Ihr Mann aber vermutet intime Beziehungen zu dem Musiker und konsultiert einen Scheidungsanwalt, erkennt aber in letzter Stunde seinen Irrtum.

Zusammenfassung
Die jungverheirateten Eheleute Jürgen haben nur in einem Punkte Differenzen: Dr. Jürgen, ein bekannter Nervenarzt, liebt die klassische Musik, während seine Frau Jenny für moderne Schlager schwärmt.
Dabei weiß Dr. Jürgen gar nicht, daß seine kleine Frau sich dadurch ein nettes Taschengeld verdient, daß sie für die von ihm gehaßten Schlager Texte schreibt, die Teddy, ein junger Komponist, mit Begeisterung in Musik umsetzt. Endlich fällt es dem Doktor doch auf, daß seine Frau für Kleider und Pelze Summen ausgibt, die nicht ins häusliche Budget passen, und er beschließt, seiner Frau näher auf die Finger zu sehen. Und eines Tages glaubt er, den Beweis für die Untreue seiner Gattin in Händen zu halten, und zwar in Form eines Telegramms, das da lautet: „Biete für heute Nacht eventuell 5000 Mark, Treffpunkt Olympiabar Schmalkopf“. An diesem Abend sitzen in der Olympiabar in einer versteckten Loge Dr. Jürgen und sein Rechtsanwalt. Aufmerksam verfolgen sie die Vorgänge. Sie sehen Frau Jenny mit verschiedenen Herren in intimen Gesprächen, und schließlich bemerken sie deutlich, wie ein älterer Herr der Frau mehrere Tausendmarkscheine zusteckt, Den Herren scheint das Gesehene Beweis genug, und Dr. Jürgen will sich schon auf sein ungetreues Weib stürzen, als sich der Saal plötzlich verdunkelt, die Scheinwerfer aufflammen, und ihr Kapellmeister den neuesten Schlager kreiert: „Heute Nacht – eventuell. . .“, Text von Frau Jenny, Musik von Teddy.
Als Frau Jenny an diesem Abend heimkommt, findet sie auf dem Tisch des Eßzimmers ein Riesenblumenarrangement mit einer seidenen Schleife, auf der zu lesen ist: „Meiner süßen kleinen Frau Jenny, der großen Dichterin, von ihrem glücklichen Gatten !“

Kritik (E. J., Film Kurier #100, 04/26/1930):
Deutscher 100%er Tonfilm.
Dieser anspruchslose Star-Quartett-Film mit Jenny Jugo, Fritz Schulz, Johannes Riemann und Siegfried Arno wird bestimmt beim Nachspieler ein noch größerer Erfolg als in der Uraufführung. Auch hier gab es schon viel Zwischenbeifall, berechtigten sogar bei den ohrenfälligen Schlagern des Rhythmus-Routiniers Robert Stolz. Zum Schluß starke Ovationen für die Jugo.
Der Nachspieler bringt die Posse ja vor ein harmloseres Publikum, das sich lachend die Zeit vertreiben kann. Womit sich der Sinn dieses Films erfüllt.
Und er hat ein Gutes:
Die Schallplattenapparaturbesitzer können aufatmen:
Die Reihe der miserablen Schallplattenübertragungen ursprünglicher Lichttonfilme wird durch dieses Gemeinschaftswerk der Lignose-Breusing-Allianz-Orplid-Messtro erfreulich unterbrochen.
Lignose-Hörfilm ist zum Anhören. Musik und Gesang sind sogar vorzüglich.
Die Schallplatte zeigte hier ihre Entwicklungfähigkeit – bitte das festzustellen ! Schon dieser Lignose-Film braucht einen Vergleich mit Vitaphone nicht mehr zu scheuen.
Die neuen Arbeits-Zwangsverhältnisse im Tonatelier muß man den Leistungen aller Techniker, vom Regisseur bis zum Tonmixer zugute rechnen. Keiner braucht sich seiner Leistung zu schämen.
Am besten: die musikalischen Eindrücke der Lewis-Ruth-Band, die klangschön die Stolzsche Musik spielt. Auch der Gesang sehr wirkungsvoll – wobei der Vorteil zur Geltung kommt, daß wenig Dialekt gesprochen wird. Endlich einmal kein Naturtheater, das das Publikum nur in den wenigsten Gegenden Deutschlands versteht.
Die Autoren haben auch einen Einfall gehabt: Bei einem netten Ehepaar die kleinen Plänkeleien zwischen alter und neuer Musik anzudeuten. Ein lobenswertes Vorhaben und manche wirkungsvolle Nuance von W. Wassermann und W. Schlee. Große Lacher – bei dem Einfallsdurchschnitt des (witzschwachen) Dialogs.
Die Arno-Sterbeszene gefährdet fast den Erfolg, die allzu profunde Kenntnis guter jüdischer Witze muß nicht immer verraten werden. Was du ererbt von deinen Vätern, behalt’s für dich. (Aber gerade da wird in den Arbeiterkinos am meisten gelacht.)
Der Inhalt ? Wie Schlager entstehen und wie man damit Geld verdient.
Wenn man Rotters berühmte Texte anhört, weiß man es: Eine gewisse beharrliche Unkenntnis der Sprachmöglichkeiten gehört dazu. Rilke hätte nie Couplets dichten können. Zelluloid muß sich auf Soidenkloid reimen. Nur nicht schüchtern ! (Schlagerkomponist kann man nicht werden, man muß daran erkrankt sein.)
Wenn ein Schlager kein Schlager ist – dann schimpfen alle Leute darüber.
Wenn aber ein Schlager ein Schlager wurde – dann rollen die Tantiemen. (Wieviel werden wohl die Verfasser des Deutschland-Liedes verdient haben ?)

Allen Tonfilmschlagerdichtern zum Trost: Wir leben in einer Zeit, die ihre Schlagobers bezahlt macht.
Der Erfolg des Films wird neben den guten Schlagern von der ausgezeichneten Darstellung errungen. Allen voran Jenny Jugo, deren Begabung der Tonfilm gelöst hat. Fürs Auge die Grübchen, fürs Ohr der Reiz der dunklen Stimme. Ein Gewinn für die Sprechfilmkomödie.
Johannes Riemann und Fritz Schulz natürlich gute, große Klasse.
Siegfried Arno übertreibt diesmal. Wallburg und Stössel bleiben fast unverständlich. Der Dialog muß technisch noch leichter erfaßt werden.
Regie: E. W. Emo, der sich auch hier als brauchbares Talent mit niedrigem Blutdruck erweist, Planer photographiert korrekt – und so baut auch Hasler, der Architekt. In seiner Bar fehlt der Glanz.
In den Beifall teilen sich alle Beteiligten. Der Verleih Orplid-Messtro hat seinen ersten brauchbaren deutschen Sprechfilm.

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