Two People

Originaltitel: Zwei Menschen. Liebesdrama 1930; 109 min.; Regie: Erich Waschneck; Darsteller: Gustav Fröhlich, Charlotte Susa, Fritz Alberti, Friedrich Kayßler, Hermine Sterler, Bernd Aldor, Harry Nestor, Lucie Englisch, Theodor Loos; Cicero-Tobis-Klangfilm.

Ein Tiroler Junker wird ob des Gelübdes seiner verstorbenen Mutter Priester, drängt seine Liebe zur Jugendfreundin zurück, wiedersteht der Versuchung zu ihr zurückzukehren, die später Selbstmord begeht.

Zusammenfassung
Seit Jahrhunderten wohnen die Grafen Enna in dem altersgrauen Gemäuer hoch oben auf den Bergen: seit Jahrhunderten ist es Brauch, daß der älteste Sohn dem weltlichen Herrn, dem Kaiser, dient und der zweite Sohn ein Diener Gottes wird.
Junker Rochus beendet heute sein 20. Lebensjahr, und der Vater versucht an diesem Tage, seinem Sohn klar zu machen, daß er sich nun endlich auf seinen geistlichen Beruf vorbereiten muß. Auch die Mutter wünscht es. Rochus aber – der beste Skiläufer, der sicherste Schütze des Landes – denkt gar nicht daran, jeden Wunsch wird er seiner Mutter erfüllen – nur nicht den, Priester zu werden. In seinem Aerger stürmt er aus dem Zimmer und läuft den Berg hinab zum Platterhof, zu Judith, um ihr, der Jugendfreundin, sein Leid zu klagen. Da hören Judith und Rochus von dem Großknecht Martin, daß das Hochwasser der letzten Tage, stärker geworden sei und Vieh und Wohntungen bedrohe. Alles stürmt hinunter zum Fluß. Auch Ruchus und Judith. Beide stehen auf einer schmalen Landzunge, um ein Lamm, das verzweifelt mit den Wellen kämpft, zu retten – als plötzlich, die Wucht der drängenden Wassermassen dieses Stück Ufer abreißen. Die Beiden treiben mit dem Stückchen Land in die Mitte des Flusses und werden von dem reißenden Wasser ins Tal getrieben.
Auf Schloß Enna sitzen in fassungsloser Trauer die Eltern von Junkers Rochus. In ihrer Not fleht die Gräfin die Jungfrau Maria an, ihren Sohn zu retten und sie gelobt dafür, daß er auch Priester werden solle. Ein ganzer Tag und eine Nacht vergehen; keiner hat mehr die Hoffnung, daß die beiden jungen Menschen gerettet worden sind, und auf Schloß Enna ruft die Glocke der kleinen Schloßkapelle traurig zum Bittgottesdienst für Junker Rochus und Judith Platter. Plötzlich ein Wispern – ein Schreien „Sie leben. Sie leben!”
Und wirklich – es ist ein Wunder geschehen – Rochus und Judith kommen Hand in Hand zurück. Sie sind gerettet. Stundenlang trieben sie auf ihrer Insel, jeden Moment gewärtig von den reißenden Fluten verschlungen zu werden, und in der Angst um ihr Leben fanden sich ihre Herzen, und Rochus versprach der Judith: „Jetzt werden wir immer zusammen bleiben!“ Die Gräfin starrt verklärt auf ihren Sohn – für sie gibt es nur eins: die heilige Muttergottes hat ihn errettet!
Die Zeit ist vergangen, Rochus und Judith lieben einander, sie wissen nichts von dem Gelübde der Mutter. Täglich will sie es ihm sagen, aber immer wieder verschiebt sie diese Eröffnung, denn sie sieht wie sehr Rochus an Judith hängt. In ihrer großen Herzensnot beschließt sie eine Wallfahrt nach der Bergkapelle, um dort der Jungfrau mit dem blutenden Herzen eine geweihte Kerze zu opfern. Heimlich in aller Frühe verläßt sie das Haus. Neuschnee ist seit Tagen gefallen, und oben in den Bergen heult der Sturm. Stunden später erst, erfährt Rochus, wohin seine Mutter gegangen ist und gleichzeitig auch, was der Grund dieser Wallfahrt ist. Er steigt ihr nach, und als er endlich nach Stunden die Kapelle erreicht, findet er seine Mutter vor Erschöpfung und Kälte eingeschlafen         – – und erfroren.
In Seelenqual gehen die nächsten Tage für Rochus dahin, und der Kaplan erinnert ihn immer wieder daran, daß seine Mutter ein Gelübde getan. In seiner großen Gewissensnot will er nach Rom. Dort ist ein Mann, der ihm helfen könnte. In Rom hat Rochus, als er den Kardinal, einen Freund seiner Familie, aufsucht, ein gewaltiges Erlebnis. Er sieht ihn während der heiligen Handlung in der Peterskirche, und später, in einer langen Unterredung, bricht der ganze Trotz und das ganze Ich des Rochus zusammen. Vor der Milde und der Seelengröße dieses heiligen Mannes vergißt er sein Versprechen, das er einst Judith gegeben hat – er wird Geistlicher.
Monate vergehen. Rochus hat wohl das Versprechen, welches er einst Judith gegeben, vergessen können, aber das Mädchen kann er nicht aus seinem Herzen reißen. Wo er sich auch befindet, bei einer heiligen Handlung oder im Gebet, stets denkt er an Judith, und endlich beichtet er dem Prior des Klosters seine qualenvollen Seelenkämpfe. Das Gebot des Priors schickt ihn jetzt in die Heimat. Dort in der Nähe des Mädchens soll er vergessen. Judith hat nichts wieder von Rochus gehört, und erst bei einer Hochzeit, die Judith auf dem Platterhof für den Knecht Martin und die Magd Josepha veranstaltet, sehen sich die beiden Menschen wieder. Denn Rochus ist vom Kloster zur Trauung des Paares auf den Platterhof geschickt worden. Mit starren Augen betrachtet Judith das stille, demütige Gesicht Rochus, und dann, als sie sich oben in der Stube allein gegenüberstehen – während von unten der Hochzeitsjubel herauftönt, bricht alle Qual und aller Schmerz bei beiden auf. Rochus, in einer jähen plötzlichen Erkenntnis seines Unglücks, gesteht ihr seine zurückgedrängte, nie erloschene Liebe – aber Judith erstarrt in ihrem Schmerz, und ohne Hoffnung für die Zukunft schickt sie ihn fort.
Rochus stürmt zurück ins Kloster – verzweifelt – mit sich und Gott hadernd. – Judith verläßt ebenfalls den Hof – die Nacht geht zu Ende. – Da findet Rochus endlich sich selbst, er verläßt das Kloster, er will zu ihr gehen für immer. Als er in Judith’s Haus tritt, sind viele Menschen da, er hört unterdrücktes Weinen, eine schreckliche Ahnung treibt ihn vorwärts durch die Leute hindurch. Auf einer Bahre mit Tannenzweigen liegt die tote Judith – sie ist abgestürzt und gefunden worden, denn sie wollte nicht, daß Rochus auch seinen zweiten Eid bricht.

Kritik (-e-, Film Kurier #303, 12/24/1930):
Der viel gelesene Roman von Richard Voß, „Zwei Menschen“, hat zu Zeiten des stummen Films sagenhafte Kassenrekorde erreicht. Auf das gleiche Ziel geht nunmehr der Ehrgeiz des vertonten Werkes, und es ist kein Zweifel, daß es zahlreiche Freunde. finden wird.
Der Roman hat seinerzeit viele Debatten hervorgerufen und der Kampf zwischen himmlischer und irdischer Liebe, der Konflikt des jungen Grafen Enna, schien katholischen Kreisen nicht scharf genug gegenüber dem Heidentum der Judith Platter herausgearbeitet.
Der Film muß auf weltanschauliche Auseinandersetzungen dieser Art verzichten. Er beschränkt sich auf das rein Menschliche und nimmt die Gegensätze als gegeben an. Außerdem tritt in den Mittelpunkt der Handlung das Ritual der Kirche selbst. Die Wandlung des Rochus vom Tiroler Schützen zum Priester wird nicht motiviert, sein Ringen um die Bekehrung der Judith wird ganz fortgelassen.
Da ist übrigens ein nicht uninteressanter Schnitt von der Zensur gefordert worden: Ein Kerngespräch zwischen dem Kardinal und dem zu Bekehrenden muß nach einem Hinweis darauf, daß die Kirche keine Propaganda kennt, abblenden. Der Kinobesucher kommt in diesem Film auf seine Rechnung. Schon die Aufnahmen aus Tirol sind von einer seltenen Schönheit. Mutz Greenbaum, Richard Angst und G. Vitrotti, die Kameraleute, haben prachtvolle Bilder einzufangen gewußt.
Besonderen Wert hat man auf die Motive der einzelnen Bild-Ausschnitte gelegt, die von außerordentlicher Wirkung sind. Schloß Enna selbst, die Schnee-Wanderung zur Berg-Kapelle, die sehr geschickte Montage des Hochwassers.
Der Gegensatz zwischen Norden und Süden ist auf diese Weise glücklich herausgearbeitet. Ein paar wunderschöne Aufnahmen von römischen Plätzen und eine charakteristische Campagna-Landschaft ergänzt den Kontrast.
Die technisch hochwertige Leistung findet ihre Fortsetzung in den Bauten des Architekten Leopold Blonder. Bauernhof mit Nähstube und Ställen, Tiroler Wirtshaus und der Herrensitz, kirchlicher Pomp und Einsamkeit der Berg-Kirche finden bei ihm einen Rahmen von größter Wirksamkeit.
Das Zusammenwirken der technischen Faktoren unter der umsichtigen Produktionsleitung von Joe Pasternak hat den Hauptanteil am Erfolg. Schirokauer und Zerlett haben als Autoren die angenehme Aufgabe, die bei Voß klar vorgezeichnete Handlung ins Filmische zu übertragen. Daß sie im Dialog sich auf knappe Verbindung zwischen den Szenen beschränken, ist eine lobenswerte Selbstbescheidung.
Für die beiden Hauptrollen, die zwei Menschen Judith und Rochus, hat der Regisseur Erich Waschnek eine ausgezeichnete Wahl getroffen. Charlotte Susas blonde Schönheit gibt eine Verkörperung der Judith, besonders erfreulich durch die schlichte Art, sich zu bewegen. In ihrer Wandlung zur Herbheit wirkt sie durchaus echt.
Mit dem Rochus beweist Gustav Fröhlich wieder, daß er an der Spitze der Film-Darsteller steht. Seine Art in Dialog und Bewegung ist fern von jeder Künstelei. Mit reinen Mitteln der Schauspielkunst erzielt er die stärksten Eindrücke.
Der Film ist nun einmal vom Aeußeren nicht unabhängig. Bei Fröhlich aber wird dieses Optische vom Künstlerischen vertieft und vollendet.
In den anderen Rollen ein ausgesuchtes Ensemble. Fritz Alberti, Hermine Sterler, Friedrich Kayßler, Bernd Aldor. In einer lustigen Episode finden Lucy Englisch und Harry Nestor besonderen Beifall.
So startet die Deutsche Universal mit den zwei Menschen Charlotte Susa und Gustav Fröhlich einen Tonfilm, der unter den günstigen Vorzeichen der einstigen stummen Verfilmung steht.

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