Bombs on Monte Carlo

Originaltitel: Bomben auf Monte Carlo. Filmoperette 1931; 111 min.; Regie: Hanns Schwarz; Darsteller: Hans Albers, Anna Sten, Heinz Rühmann, Ida Wüst, Rachel Devirys, Kurt Gerron, Karl Etlinger; Ufa-Klangfilm.

Ein Duodezstaat hat eine absolut unkönigliche Königin und einen zur Untätigkeit verdammten Panzerkreuzer. Dessen Kapitän geht eines Tages mit Schiff und Mannschaft nach Monte Carlo durch. Trifft dort die ihm unbekannte Königin, wird indirekt zum Defraudanten, Erpresser, Seeräuber. Schließlich glaubt er dem happy end nur durch die Flucht nach Honolulu entgehen zu können.

Zusammenfassung
Über dem leuchtenden Blau des Mittelmeeres strahlt die Sonne des Südens wann und hell auf die wilden Uferfelsen der Küste, auf die Fischer, die singend ihre Netze flicken, auf die schäumende Brandung und – auf Ihrer Majestät der Königin von Fontenero Kreuzer „Persimon“, der weiß und träge in der blauen See vor Anker liegt. Die Matrosen tun lässig und singend ihren monotonen Arbeitsdienst.
Wenn der Wind weht, träum’ ich dabei
Mädel, ich träum’, du bist treu.
Der Wachoffizier, Leutnant Feier Schmidt, der friedsam angelt, erhält ein Diensttelegramm! Was wird schon darinstehen? Immer dasselbe, die Regierung hat kein Geld, um die Löhnung pünktlich zu zahlen – das alte Lied! Gähnend vom Mittagsschlaf erscheint der Kommandant an Deck, Craddock, der Hüne, der Abenteurer mit der unbändigen Lebenslust. In Fetzen fliegt das Telegramm ins Meer, aber Feier angelt es wieder, Rest es zu Ende und macht einen Luftsprung vor Freude, denn da steht klipp und klar: „Ihrer Majestät Kreuzer Persimon ist zur sofortigen Ausfahrt klarzumachen. Weisungen über Ziel usw. noch heute von der Königin persönlich!“
„Klarmachen zum Auslaufen! Alles auf Stationen!“ tönen Craddocks Kommandos, und im Nu ist alle Müdigkeit vergessen:
Ahoi, die Welt ist schön
Und muß sich immer drehn.
Da woll’n wir mal ein Ding drehn,
Jawohl, Herr Kapitän.
Und hast du eine Fee,
Dann schreib ihr: Schatz ade,
Ich muß mal eben rüber
Zum Titicaca-See.
Blitzblank liegt der Kreuzer seeklar, da kommt das zweite Telegramm, der Befehl der Königin Yola der Ersten, die von Livorno abgeholt werden und eine Vergnügungsreise durchs Mittelmeer machen will. Craddy, der Kapitän, ist empört, er, der alte Walfischfänger, Kunstschütze und Cowboy, soll ein Frauenzimmer spazieren fahren. Wasserchauffeur spielen? Niemals! Schmidt versucht ihn umzustimmen, das Mittelmeer ist doch so schön, die Riviera, Monte Carlo . . . . . „Jawohl! Monte Carlo!“ brüllt Craddy.
Man kann so süß im Hafen schlafen,
Doch heißt es bald: Auf Wiedersehn!
Das ist die Liebe der Matrosen
von dem kleinsten und gemeinsten
Mann bis rauf zum Kapitän.
I. M. Kreuzer Persimon hat Kurs auf Monte Carlo! Yola die Erste, die blonde hübsche Herrscherin von Pontenero, langweilt sich indessen in Gesellschaft der Gräfin Isabell im D-Zug nach Livorno. Da trifft per Zugtelefon die Nachricht von Craddocks Ungehorsam ein. Der Ministerpräsident ist ratlos, Yola nicht – sie fährt dann eben auch nach Monte Carlo, um den kühnen Meuterer höchst persönlich zu züchtigen.
Auf der Reede von Monaco Hegt I. M. S. Persimon angesichts des gewaltig schönen Bildes der herrlichsten Bucht der Welt.
Craddy und Peter fahren an Land, gepanzert mit schlechten Vorsätzen. Im Konsulat von Pontenero wartet bereits Yola I, zürnend und neugierig auf ihren rebellischen Offizier. Aber es kommt anders. Craddy, der sieghafte Naturbursche, setzt sich durch, die Königin, die in Ihrem Versteck bleibt, gibt dem zitternden Konsul eine Perlenkette, und Craddy erhält 100 000 Frank. Damit ist für ihn der dienstliche Teil erledigt, und der Bummel beginnt.
Und was machen wir mit dem Geld?
Dafür kauf’ ich mir die hundert
Schönsten Mädels von der Welt!
Darauf gründet Yola ihren Plan! Sie wird Craddy nicht als Königin, sondern als Frau besiegen. Er soll zu ihren Füßen liegen. – – Aber auch das glückt nicht ganz; der Leitfaden „Wie verführe ich die Männer?“ ist doch wohl schon etwas veraltet denn am Ende liegt ein verliebtes, schluchzendes blondes Mädel in Craddys Armen, der es tröstet und nicht ahnt, daß er seiner Landesherrin das verheulte Näschen putzt. Yola gibt jedoch den Kampf nicht auf; sie zwingt den verliebten Craddy, ihr die Perlenkette zurückzukaufen, Craddy opfert dazu außer den 100 000 Frank noch einen Ring, und so bleibt ihm wenig Kapital für das Spiel. Die Kugel rollt. Craddy gewinnt, sprengt fast die Bank, aber die hartnäckige Yola veranlaßt ihn, den ganzen Gewinn noch ein letztes Mal einzusetzen, und er verliert alles! Das ist das Ende! Aber noch nie hat Craddock kampflos das Feld geräumt. „Wenn ich bis morgen früh um 9‘ die letzten 100 000 nicht wieder habe, beschiße ich das Kasino mit Granaten!“ erklärt er kategorisch dem Kasinodirektor. Yola ist empört, wütend, außer sich, beschimpft und beleidigt den Verwegenen und – sinkt ihm verliebt ans Herz.
Am nächsten Morgen: Panik in Monte Carlo, denn die Persimon macht sich gefechtsbereit. In der Kapitänskabine aber schläft glücklich lächelnd die kleine Yola.
Eine Nacht in Monte Carlo
Möcht’ ich lernen unter Sternen,
Wie schön es ist, wenn man eine küßt,
Die man nie vergißt.
Schwitzend vor Angst kommt in seinem Boot der Kasinoinspektor, aber Craddy ist unerbittlich. Schon senken sich die riesigen Kanonenrohre der Panzertürme. Da erscheint an Deck: die Königin! „Herr Kapitän, ich verbiete Ihnen zu schieben!“ Als Craddy nicht pariert, läßt Yola ihn verhaften. In seiner Kabine beschwört sie ihn, doch nachzugeben, er soll mit nach Pontenero, soll Marineminister werden. Vergebens! Der Abenteurer läßt sich nicht einfangen. Er springt ins Meer, wirft seinen Leuten die 100 000 Frank noch an, die der Kasinoinspektor eben bringt, und klettert an Bord der Regina Viktoria, die gerade vorüberfährt, hinaus in neue Abenteuer, in die Freiheit, nach Honolulu.
Was kann Yola die Erste anders machen, als mit Ihrem Kreuzer dem geliebten Flüchtling zu folgen – – –
Man kann so süß im Hafen schlafen – –
Doch heilt es bald Auf Wiedersehn!

Kritik (Hans Feld, Film Kurier #204, 09/01/1931):
„Bomben auf Monte Carlo“, der neue Film der Pommer-Marke, mit den alten Mitteln splendidester Ausstattung, raffiniertester Großfilmtechnik:
Eine Häufung von Bildern und Situationen, ein Aufgebot der besten Darsteller . . mit diesen Bundesgenossen startet der Kreuzer „Persimon“ seine Fahrt über die Kinoleinwand aller Theater; ein Spitzenfilm internationaler Prägung.
Es ist kein Zweifel, daß die Aufnahme dieses Werks überall die gleiche sein wird. Dort, wo eine der Fassungen läuft, in den großen Städten europäischer oder transkontinentaler Zivilisation, immer ist dem romantischen Kreuzer-Kommandanten das Publikumsecho sicher.
Den deutschen Erfolg gewährleistet Hans Albers. Er füllt die Bomben-AIbers-Rolle mit Vitalität; mit einem Charme, der nicht nur die Armee seiner Anhängerinnen besticht.

Die filmbewährte Form der Mischung aller leichten Filmelemente ist in diesem Werk beibehalten und wird mit Virtuosität gemixt: Vom Lustspiel stammt das Amüsement der Konversation; vom Optischen her kommt die Erweiterung des Schauplatzes. Musik wird zum Agens und, wo die traditionelle Unlogik des Operetten-Librettos einsetzt, zur Ueberbrückung. All das in den Ablauf eines Kinoabends gepreßt, ins Fließen gebracht –, und fertig ist das Rezept für den Weltstandard filmtechnischen Produzierens.
– (Und gehört nur eine Kleinigkeit dazu: Zusammenfassung und Zusammenwirkung aller Faktoren. Denn dieser Wurf beruht auf Kalkulation. Die Strategie seiner Herstellung ist das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung und Führung, aus der Praxis erwuchs die Erkenntnis. Und aus dem Willen zu bewußter Verwertung das in sich geschlossene Resultat.)
Die große Filmschau wendet sich an alle. Sie gibt gegen bar Kasse eine Zweistunden-Unterhaltung. Hereinspaziert! Wer da kommt, um zu hören und zu sehen, wird vollauf befriedigt.
Eine Welt ist eingefangen. Eine Welt des Scheins und der Illusionen. Welch Raffinement der Effekte, mit denen der Zuschauer umschmeichelt wird: Die Magie des Tonfilms übt ihren Zauber. Hat man schon je zuvor die Verschmelzung von Bild und Ton zu solcher Vollkommenheit konstatieren können –?
Das Wunderwerk der Schaumannskunst entrollt einem Apparat, der noch im kleinsten Teil des Produktionsprozesses als Sektor des Ganzen funktioniert.
Die Geschichte eines Abenteurers, der seiner Balkankönigin mit einem ganzen Schlachtschiff durchbrennt und beinahe das Kasino von Monte in Trümmer legt, ist nur Vorwand. Was auf der Bühne lockende Gestalt und Farbigkeit nur annehmen könnte durch Kleinkunst und Phantastik eines Charell –, der es sich ja selbst vom Film erborgte – wird durch die neuen Ausdrucksmittel von Klang und Schau zu einer dekorativen Revue.
Die Kamera des Günther Rittau (K. Tschet sekundierte ihm) gibt alle Lockungen der sonneatmenden Südlandschaft wieder. Wir spüren Glanz und Wärme, noch in der kleinsten Kinohütte. Brillierende Starporträts sind dazwischen, und pulsendes Leben in Menschenansammlungen, am Spieltisch, in Bars, auf der Promenade. Hier überschneidet sich die subtile Kunst der Kameraschöpfer mit dem differenzierten Malergefühl des Regisseurs Hanns Schwarz.
So wird, was sonst nur allzu häufig Staffage bleibt, unbelebte Ausstattung, zum selbstwirkenden Aktivum.
Diese Fähigkeit zur Eigenkraft geht auch von der Musik aus. Werner Richard Heymann zeigt sie nicht zum erstenmal. Aber sein prozentualer Arbeits-Anteil am Erfolg wächst von Film zu Film.
Sein Seemannslied hat Rhythmen und Fascination des echten Schlagers bei aller Wahrung der rein musikalischen Belange. Dazu ein gefälliger Tango, ein frisches Spottliedchen. Und schon zeigt sich, darüber hinaus, in der Kontrastierung von Bild und Ton der neue Weg des Musikfilms: in der rauschenden visuell-akustischen Symphonie vom Riviera-Strand; in den knappen Momenten, da eine Eisenbahnfahrt kompositorisch stilisiert wird. (Wie vor Jahren zur Stummfilmzeit, Arthur Honegger es unternahm, mit dem „Pacific 231″.)

Im Fabrikationsmäßigen gibt es kein Versagen. Die Babelsberger Ufastudios halten die Führung in der Welt des Films:
Ton: Hermann Fritzsching, Bau: Erich Kettelhut, Modeentwürfe: René Hubert, Schnitt: Willy Zeyn, Regieassistenz: Paul Martin. N. Ottavi, Leitung: Max Pfeiffer. Liedertexte Robert Gilbert (die besten Texte sind die, von denen man nichts Böses spricht). Eine Sonderleistung: die zweckmäßige Ausnutzung des Architektur-Konplexes. Die nachgebauten Hallen des Spielkasinos, der Riesenbau des Kreuzers werden mit einer erstaunlichen Variablität der Einstellungen gezeigt. Der Filmzweck heiligt die Geldmittel; und das Bildresultat rechtfertigt sie.
Es ist ein glückhaftes Schiff geworden, dieser pontenerische Kreuzer „Persimon“ Die Autoren Hans Müller und Franz Schulz allerdings sind während der Fahrt über Bord gegangen; ein kleiner Betriebsunfall. Für sie springt der Kapitän persönlich ein.

Da steht er auf der Kommandobrücke, der Hans Albers. Fünfzehn Jahre hat er sich herumgeplagt, im Geltungswillen des echten komödiantischen Menschen verzehrt. Im Film und Theater hat er sich, endlich, durchgesetzt. Und nun geht er los, im vollen Lichte der Scheinwerfer, ein Kerl. Einer, der nichts zu sein vorgibt, sondern ist.
Es ist keine Mache an ihm und keine falsche Allüre. Er ist weder Tenor noch Star; und – das dankt man ihm – schon gar nicht bewußt auf erprobte Wirkungen aus. Aber er weiß, was er kann und es strahlt von ihm aus: Männlichkeit, die Sieghaftigkeit, der Optimismus. Die Kraft eines, der oben angelangt ist. Die Spielfreude das Schaffensgefühl.
Eine Paraderolle gewinnt plastischen Hintergrund. Tausend Albers-Situationen werden zusammengefaßt zu einer Albers-Gestalt.
Der blonde Hans sprengt den Rahmen einer Operette. Er braucht keinen Sekt und keine Songtöne. Aber ein Schuß Seewind wird spürbar; Abenteurerlust, blutmäßiges Vagabundentum. Und im feinfeinen Filmmilieu erscheint die leibhaftige Phantasiefigur eines Brechtschen Tramp.

Viele witzige Intermezzi sind zwischendurch gestreut. Die Qualität der Produktion wird auch in der Besetzung der kleinen Rollen ersichtlich. Beim Dialogfilm ist es, mehr als je in der stummen Aera unerläßlich, dem Hauptdarsteller durch seine Umgebung die Resonanz zu sichern.
Vergnüglich trollt Heinz Rühmann sich durch Schlachtschiff und Kasinoräume. Sicher in der Pointierung und nie aufdringlich. Prachtvoll, mit ein paar kleinen Grimassen, einem halben Ton der Zweideutigkeit, zeichnet Ida Wüst eine erfahrene Frau. Peter Lorres Eigenkomik setzt sich in kurzen Auftritten nachhaltig durch.
Noch in kleinsten Aufgaben: Karl Etlinger, Otto Walburg, Kurt Gerron und Charles Kullmann mit seinem biegsamen, weichen Tenor.
(Wo blieb denn nur die Königin von Pontenero? Eine Rolle voller Möglichkeiten an Mädel-Grazie. Anna Sten bringt nichts mit als einige wenige Augen-Blicke in Matrosendreß.)
Rund um den Albers ein Aufwand an Schauspielerwerten. Er ist nicht vertan.

Der deutsche Tonfilm und seine Fortentwicklung sind von der Weltgeltung abhängig. Dieser Film schafft sie ihnen mühelos.
Er ist die große Attraktion, die das Millionenpublikum der Kino-Internationale ins Theater lockt. Erst auf solcher Basis läßt sich Produktion auf weite Sicht überhaupt ermöglichen.

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