Circus Life

Originaltitel: Schatten der Manege. Zirkus-Kriminaldrama 1931; 78 min.; Regie: Heinz Paul; Darsteller: Liane Haid, Oskar Marion, Trude Berliner, Rolf von Goth, Karl Ludwig Diehl, Walter Rilla, Hermann Picha, Hermann Blaß, Valy Arnheim, Georg Heinrich Schnell; Haase-Tobis-Klangfilm.

Zirkus. Akrobatenproduktion über dem Löwenkäfig. Ein Revolverschuß verletzt den Artisten, bringt ihn zum Absturz. Zuerst zwei unschuldig Verdächtigte. Dann meldet sich der wirklich Schuldige selbst: ein Akrobat, dessen Schwester der Erstgenannte verführte.

Zusammenfassung
Gedrängt voll . . . ist der Zirkus Busch . . . der letzte Abend des alten Programms . . . – Und während vorn vor den Augen der begeisterten Zuschauer, die Darbietungen einander jagen . . . während die Kapelle in ihrem pointierten Rhythmus die Attraktionen untermalt . . . verändert sich hinter den Kulissen das Bild. Die bisher engagierten Künstler machen sich reisefertig, neue Kollegen treffen bereits ein, mit ihren Requisiten, mit ihren dressierten Tieren, mit ihrem Ensemble.
Im Direktionsbüro ist indessen eine lebhafte Debatte zwischen der Inhaberin des Zirkus, Frau Elvira Starke, und dem berühmten Raubtierbändiger Oskar Haupt entstanden. Der Dompteur, ihr langjähriger Freund, beschwert sich heftig über die Prolongation der „Artonis“, er wüßte schon warum, dem „Henry“ liefen ja alle Frauen nach. Elvira lehnt eine derartige Zumutung schroff ab und appelliert an ihre langjährige Freundschaft. Aber die Eifersucht ist in Oskar schon zu sehr entflammt. Er verläßt mit schroffen Worten ihr Zimmer.
Währenddessen hantiert Henry Artonis an seinen Geräten und prüft das Gestänge. Da sieht er Haupt kommen, wendet sich ab, ein Lächeln verbeißend, und blickt interessiert in die Arena, wo gerade die „Rallays“ ihre Darbietungen unter großem Applaus beenden. Liebevoll hebt der Bruder seine Schwester vom Pferde, beide verbeugen sich nochmals vor der Menge, da bricht plötzlich Kitty ohnmächtig zusammen. Der herbeigerufene Zirkusarzt flüstert dem verdutzten Artisten etwas zu, der völlig fassungslos den Arzt anstarrt. – Während der Kunstschütze Morini sich produziert und mit tödlicher Treffsicherheit den Clowns Zigaretten aus dem Munde schießt – findet eine ernste Aussprache zwischen den Geschwistern in ihrer Garderobe statt. Weinend verweigert Kitty ihrem Bruder Fred jede Auskunft. Als Morini, ihr Verlobter, in diesem Augenblick in die Garderobe der „Rallays“ tritt, hat es den Anschein, als ob Fred sich auf ihn stürzen wolle . . .
Nach Schluß der Vorstellung sitzen im Zirkus-Restaurant zwei Männer. Es sind Haupt und Morini. Nur gedämpft unterhalten sie sich über Henry Artonis, der zur selben Zeit sich heimlich mit der blonden Frau Direktor auf dem luxuriösen Dachgartenrestaurant des Eden-Hotels getroffen hat . . .
– Plakate am Eingang künden das neue Programm an. Hauptsensation des Abends sind die 5 Artonis über dem offenen Löwenkäfig. – Und während in der Arena mit lachendem Gesicht die Artisten arbeiten, beginnt im Schatten der Manege das Drama seinen Lauf zu nehmen . . . Haupt, der durch Zufall von Elviras Rendezvous mit Artonis erfahren hat, macht ihr vor allen Leuten eine Szene . . .
Auch in der Garderobe der Rallays ist es zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, da der Arzt das Auftreten von Kitty verbietet. Noch immer will Kitty den Namen des Mannes nicht preisgeben, doch Fred, der außer sich vor Wut ist, schreit ihn heraus: „Artonis“ . . . Brüllend toben die Löwen unter den Schlägen des Dompteurs in der umgitterten Arena . . . noch einmal prüft Artonis die Verstrebungen, bevor er für die lebensgefährliche Sensationsnummer nach ober klettert. Der Sprechstallmeister bittet um Ruhe, nur die Bestien grollen dumpf nach oben, mitten unter ihnen steht Haupt, in der rechten Hand hält er einen Revolver, auch sein Blick liegt auf Artonis . . . ebenso wie der Blick des Kunstschützen Morini, der von seinem Auftritt her noch mit der Waffe in der Hand im Arenaeingang steht und nach oben starrt. Jäh bricht die Musik ab, gebannt blicken die Augen von Tausenden der Zirkuskuppel zu, unheimlich still ist es im Raum. Mitten über dem offenen öwenkäfig beginnt Artonis mit der Todessensation. Da plötzlich völlige Dunkelheit, zwei Schüsse fallen, Panik in der Finsternis . . . in der jetzt die ersten Notlichter aufblitzen . . . Das Publikum strömt gewaltsam den Notausgängen zu. Als endlich wieder Licht aufflammt, wird eine leblose Gestalt, – es ist Artonis – vom Zirkuspersonal aus der Arena herausgetragen, während mühsam durch Schüsse die Löwen zurückgedrängt werden.
Dem Sprechstallmeister gelingt es inzwischen, die Menge zu beruhigen, die Musik setzt wieder ein. Clowns machen ihre Späße. Da tritt plötzlich der Sprechstellmeister nochmals vor das Publikum und teilt mit, daß Artonis das Opfer eines Mordversuches geworden sei. Dem Abgestürzten ginge es den Umständen nach gut, aber das Publikum werde gebeten, auf den Plätzen zu verbleiben, da die Polizei bereits mit den Nachforschungen begonnen habe.
Fieberhaft arbeitet die Mordkommission mit allen technischen Mitteln. Nach vielen Stunden anstrengender Verhöre, Rekonstruktion des Tatbestandes und der Vernehmung aller irgendwie in Frage kommenden Leute wird der rätselhafte Fall aufgeklärt.

Kritik (-d., Film Kurier #044, 02/21/1931):
Zirkusfilme haben schon zur Zeit des Stummfilms immer wieder ihr Publikum gefunden. Es war die Atmosphäre der Manage, die eine Mischung von sachlicher Vormittagsarbeit und romantischem Abendflitter, von Tierdressur und Menschenschicksal, die einen eigenen Reiz hat.
Gemeinsam mit Paula Busch, der für die Echtheit des Milieus glaubhaft bürgenden, bat Fritz Falkenstein dem alten Zirkusbild neue Belebung unter geschickter Verwendung von Ton und Sprache gegeben.
Immer wieder wird an seinen Arbeiten der deutliche Wille spürbar, im Rahmen der Möglichkeiten das Besterreichbare herauszuholen. Ein ehrliches Bemühen, Handlung im Menschlichen zu vertiefen, auftretenden Personen ein reales Gericht zu geben, Vorgänge durch die Echtheit des Rahmens zur Wirkung zu bringen.
Eine Zirkusgeschichte wird also mit dem Zirkus selbst eng verknüpft. Keine Zuspitzung gesuchter Konflikte, keine Verkleidung von Schauspielern im Manegendreß. Sondern ein Bild von Dingen, wie sie sind oder sein können:
Zirkus in vielfacher Einstellung. Arbeit, Beruf, mit den Gesichtern, die eben dieser Profession entsprechen, mit Situationen, die charakterisieren. (Für die diskrete Behandlung der beiden Parallel-Liebeshandlungen weiß der kritische Zirkusbesucher besonderen Dank.) Das Publikum geht willig mit und applaudiert herzlich.

Eine gute Unterlage für den sie nach besten Kräften nutzenden Heinz Paul. Mit sichtlicher Freude am Ausspielen dirigiert er ein Ensemble guter Namen:
Liane Haid als Zirkusdirektorin, bildhübsch, splendid angezogen: ihr Partner, von sympathischer Zurückhaltung, ist Oskar Marion. Trude Berliner in einer ihr nicht liegenden sentimentalen Rolle, bringt den Vorteil guten Aussehens mit. Ganz auf Schönling: Rolf van Goth.
Walther Rilla beweist, daß ein Künstler mit Selbstdisziplin auch kleine Aufgaben durchzuführen vermag. Karl Ludwig Diehl gibt den Bösewicht, ohne zu übertreiben.
In kleineren Rollen: Valy Arnheim, Rudolf Meinhard-Jünger, G. H. Schnell; und als Typen sehr ergötzlich: Trude Lehmann, Ellen Plessow, Geza Weiß.
Die Komiker haben einen leichten Stand. Hermann Blass und Hermann Picha brauchen nur aufzutreten, und schon wird gelacht.
Im Übrigen wird innerhalb der Zirkusvorstellung ein ausgezeichnetes Programm gezeigt: Die fünf Artonis, Rodolfos, Francini. Außerdem eine Reihe von Tierdressuren.

Die technischen Aufgaben des Films sind mit besonderem Geschick gelöst, – ein Verdienst der umsichtigen Produktionsleitung. Schnitt und Einstellung bewirken eine gute Verschmelzung von Schauspielern und Artisten.
Besonderes Lob für die Kameraleute Victor Gluck und Georg Bruckbauer, deren Arbeit den Betrieb der Manege mit allen Lockungen eingefangen hat.
Haase-Film hat mit diesem Film ein Werk geschaffen, das als Bereicherung des Programms in den Spielplan eines auf Abweisung bedachten Theaters gehört.

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