Originaltitel: Ihre Hoheit befiehlt. Musikalische Liebeskomödie 1931; 91 min.; Regie: Hanns Schwarz; Darsteller: Willy Fritsch, Käthe von Nagy, Reinhold Schünzel, Paul Hörbiger, Michael von Newlinsky, Paul Heidemann, Erich Kestin, Karl Platen; Ufa-Klangfilm.
Auf einem Gesindeball treffen sich eine Prinzessin und ein Leutnant als Maniküre und Delikatessenhändler, verlieben sich prompt. Tags darauf soll der Leutnant über höhreren Auftrag der Prinzessin, die er noch nicht gesehen, den Delikatessenhändler, den man bei Hof nicht kennt, vergessen machen, wird dafür befördert. Da schon der Bräutigam laut Staatsraison wartet, fliehen die beiden ins Glück.
Zusammenfassung
Jeden Donnerstag Gesindeball! Eintritt 50 Pfennige! Bei hellem Bier und Trompetengeschmetter drehen sich die Paare, eng verschlungen – Chauffeure, Kutscher, Köche, Stallknechte und reizende Kammerkätzchen, stramme Köchinnen, Ammen und Küchenmädels – –
10 Minuten Pause! Die füllt man am besten aus durch „Vertiefung“ der angeknüpften Beziehungen. „Trinken wir Brüderschaft“, sagt Karl, der fesche Diener, zu Mizzi, seiner reizenden Tänzerin. „Was bist du denn?“ fragt sie. „Ja, zum Donnerwetter, was bin ich denn?“ denkt er und tagt, schnell gefaßt: „Verkäufer im Delikateßgeschäft Lukullus“ – ein junger Heringsbändiger. –Und die Mizzi paßt ganz gut zu ihm. Sie ist Maniküre im Frisiersalon Figaro.
Das muß mit Sekt begossen werden!
Und dann wird weitergetanzt, nur noch etwas inniger als vorher!
„Die Damen wechseln die Herren!“ ruft der Ballordner. Karl muß sich fügen, läßt Mizzi aus seinen Armen. Und schon ist sie entschwunden, schnell in die Garderobe, Mantel an, Hütchen auf und rein in einen alten Schlitten, dessen Pferd steifbeinig anzieht. Ein zweiter Schlitten, in dem ein reichgalonierter Portier sitzt, folgt dem ersten.
Während Karl wütend seine Mizzi sucht, kommt der erste Schlitten vor dem Schloß an. „Halt! Wer da!“ brüllt der Posten. „Marie-Christine“, flüstert die Mizzi, aber schon hat der Posten die Prinzessin erkannt. Die Wache tritt mit Krach ins Gewehr, präsentiert und weckt damit auch den gestrengen Staatsminister, der von Pipac, dem Hofdetektiv – der im zweiten Schlitten gesessen hatte – alles erfährt. Entsetzlich! Gesindeball! Brüderschaft!
Am nächsten Morgen macht der Minister der Prinzessin ernste Vorwürfe, sie soll doch – so ist der Wunsch Seiner Majestät – den Fürsten von Leuchtenstein heiraten, und statt dessen – Brüderschaft mit einem Delikateßhändler!
Unter dem Fenster der Prinzessin bekommt auch jemand gerade ernste Vorwürfe, nur etwas gröber noch. Die Leibschwadron des Leibregiments ist angetreten, und der Rittmeister schnauzt gerade den Leutnant von Conradi an, der zu spät kam. Marie-Christine eilt ans Fenster und erkennt ihren – Karl vom Gesindeball. Sie läßt ihn zunächst einmal zum Rittmeister befördern.
Pipac erhält vom Minister den Auftrag, die Personalien des verdächtigen Karl aus dem Delikateßgeschäft festzustellen und ihn zu photographieren. Das Liebespärchen vergnügt sich abends auf der Eisbahn, Conradi ahnt nicht, daß seine kleine Mizzi eine Prinzessin und sein Regimentschef ist. – Der frischgebackene Rittmeister wird am nächsten Morgen wiederum, dieses Mal von seinem Major, kräftig angehaucht, weil er, statt seinen Stubenarrest abzusitzen, auf der Eisbahn war. Die Prinzessin hört zu und befördert ihn – zum Major. – Weil es Pipac nicht gelungen ist, den fraglichen Karl festzustellen, beschließt der Minister, diesen Karl durch einen andern schönen Mann bei der Prinzessin ausstechen zu lassen, und wählt dazu den neu ernannten Major von Conradi. Da die Sache eilt, begibt sich der Minister selbst in Conradis Wohnung und stört dort dessen Liebesidyll mit der kleinen Mizzi, die sich, als der Minister eintritt, im Nebenzimmer versteckt. Sie hört, daß Conradi der Prinzessin vorgestellt werden soll, damit sie Karl vergißt. Als der Minister fort ist, beschwört sie ihren Geliebten, nicht ins Schloß zu gehen, aber er muß gehorchen. Befehl ist Befehl!
In stramm dienstlicher Haltung tritt der inzwischen zum Oberstleutnant beförderte von Conradi zur Meldung vor die Prinzessin und – steht seiner Mizzi gegenüber! Beschämt und verärgert will er sich zurückziehen. Er wird Adjutant, wird Oberst, wird General, alles vergeblich! Auf dem Hofball, der zu Ehren des künftigen Bräutigams der Prinzessin, des Herzogs von Leuchtenburg, gegeben wird, erscheint Conradi wieder als – Leutnant. Der Herzog interessiert sich jedoch nur für tote Pharaonenfrauen und weiß mit lebendigen Fürstentöchtern so rechts nichts anzufangen. Tanzen kann er auch nicht, und so tanzt denn wieder. Karl mit der Mizzi, das heißt, der Herr von Conradi mit der Prinzessin, den Eröffnungswalzer. – Da erscheint überraschend – Seine Majestät und gibt Befehle, die seinem Alter entsprechen. Aber Mizzi und Karl sind nicht mehr zu trennen, die Prinzessin flüchtet vom Hofe, und trotz Hofmarschall, trotz Winterkälte küßt sie im Schlitten ihren Karl, ihren Leutnant, Major, Oberst, General – und Leibkürassier!
Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #054, 03/05/1931):
Es ist das alte Lied von hochgestellten jungen Leuten, daß sie sich incognito kennenlernen und verlieben, daß die ans Tageslicht kommende Wahrheit einige Verwirrung stiftet, und daß sie sich zum Schluß doch kriegen.
Von diesem Thema haben vor Paul Frank und Billie Wilder schon viele gezehrt, und es wird auch noch fernerhin für absehbare Zeit Stoff für Operetten, Romane und Filme geben.
Die Helden sind diesmal die Prinzessin Marie Christine und der Leutnant von Conradi. Kennen lernen sie sich auf einem Gesindeball, Eintrittspreis 50 Pfennig, das Bier wird in derben Henkelgläsern serviert, die Dekoration besteht aus Papier und der Held des Abends ist der beleibte Ansager.
Er schwindelt sich zum Delikatessenverkäufer und sie zur Maniküre herab. Die Inkognitoschleier fallen dann allmählich, ein sich Klug glaubender Minister läßt den windigen Leutnant innerhalb von drei Tagen zum General avancieren, und zum Schluß, nach einem Skandal auf dem Hofball, fliehen in kalter Winternacht Prinzessin und General, höchst romantisch per Schlitten. Ueber das weitere Schicksal wird der Besucher im im Unklaren gelassen. Wahrscheinlich werden die beiden von der Generals-Pension ihre Lebenskosten bestreiten.
Die Autoren haben sich mit der Ausarbeitung dieser Handlung fühlbare Mühe gegeben. Sie ersetzen den Mangel an Originalität durch viele nette Einfälle, die das Parkett mit fröhlichem Schmunzeln und starkem Beifall quittiert. Die Atmosphäre eines kleinen Hofes bietet genug Gelegenheit, harmlose Scherze anzubringen. Der Film ist im Endeffekt unter der Produktionsleitung von Max Pfeiffer eine launige Verulkung des Militärs und eine Karikierug der Kleinstaat-Diplomatie, wie sie in Vorkriegszeiten in Mitteleuropa ihr zuweilen operettenhaftes Regime führte.
Hanns Schwarz holt durch tempobedachte, flüssige Regie viel aus dem Stoff heraus. Sein Gesindeball strömt Stimmung aus, seine Kleinstadtstraßen vermitteln dem Zuschauer Märchen-Atmosphäre, auf daß er nicht frage nach dem Warum.
Die Comedian-Harmonists begleiten die Entstehung eines Grießbreis mit melodischem Sang, ein Diener passiert zahllose Flügeltüren, ehe er zu der geheimnisvollen Majestät gelangt, die sich schließlich als ein achtjähriges Kind entpuppt.
Auf einer Eisbahn muß sich der gute Paul Hörbiger als Detektiv im Rekord-Fallen produzieren, damit das liebe Publikum etwas zu lachen hat. Hier entsteht einer der besten Einfälle des Films: Der Detektiv, der sich seit Stunden vergeblich bemüht, die Liebesleutchen heimlich zu photographieren, wird, nachdem die Linse seines Apparates zerbrochen ist freundlich von beiden aufgefordert, doch ein Bildchen herzustellen.
Sehr reizvoll sind die Schlußszenen, wenn auf dem Hofball Prinzessin und Leutnant in einem Walzer die Umwelt vergessen und seine Exzellenz der Minister nicht verhindern können, daß sich die Szene allmählich zu einem Skandal auswächst.
Der Trumpf des Films ist seine Darstellung. Eine Sensation für zahllose Starverehrer ist zu melden: Willy Fritsch filmt nicht zusammen mit Lilian Harvey. Das in vier Tonfilmen bewährte „klassische“ Liebespaar ist von rauher Produzentenhand geschieden worden.
Käthe von Nagy ist an Lilians Stelle getreten. Die Nagy, eine der letzten großen Entdeckungen des deutschen Stummfilms, hat wie kaum eine Kollegin Anschluß beim Tonfilm gefunden. Der „Andere“ und „Ihre Majestät die Liebe“ waren stärkste Erfolge, wie sie wenige Darstellerinnen des deutschen Tonfilms aufzuweisen haben.
Die Nagy hat eine einschmeichelnde, sehr sympathische Stimme, die zu ihrem Wesen paßt, sie hat auch beim Sprechen Talent, wirkliches Talent das sie instinktiv die richtige Geste, den richtigen Ton finden läßt. Die Gründe für die großen Nagy-Erfolge sind ähnliche wie bei der Garbo: Hier wird der Star nicht vom Regisseur auf die paar großen Szenen abgerichtet, sondern hier wird jede noch so nebensächliche Passage, jedes unwillige Detail mit Leben ausgefüllt. Die Nagy hat die seltene Gabe, auch dann zu fesseln, wenn sie nichts zu spielen hat.
Willy Fritsch hat es schwerer, gegen die neue Partnerin aufzukommen. Er hat in seiner Rolle ein bißchen viel stramm zu stehen, aber wenn ihn die Regie frei läßt ist er charmant und sympathisch wie immer.
Einen starken Erfolg holt sich Reinhold Schünzel als ungeschickter Staatsminister. Ungezählte Lacher kommen auf sein Konto.
In weiteren Rollen sind zu erwähnen Paul Heidemann, Michael von Newlinksy, Eugen Tiller und Erich Kestin.
Erich Kettelhut gab dem Film durch graziöse Bauten den so nötigen Hauch der Romantik.
Günther Rittau und Konstantin Tschet photographierten, Hermann Fritzsching schuf den Ton.