In the Employ of the Secret Service

Originaltitel: Im Geheimdienst. Sittendrama 1931; 107 min.; Regie: Gustav Ucicky; Darsteller: Brigitte Helm, Willy Fritsch, Oskar Homolka, Theodor Loos, Karl Ludwig Diehl, Ferdinand Hart, Harry Hardt, Eduard von Winterstein; Ufa-Klangfilm.

Die deutsche Heeresleitung erwartet einen Angriff der Russen. Ein Agent erhält in Petersburg das diesbezügliche Material durch die Frau eines Generalstabsoffiziers, die von Geburt Deutsche ist, unter Mithilfe eines Russen, der für den Sturz des zaristischen Regimes arbeitet. Die russische Osteroffensive 1917 bricht zusammen. Im neutralen Ausland finden sich die Offiziersgattin und der Agent.

Zusammenfassung
Im Arbeitszimmer des Chefs des deutschen Nachrichtendienstes im Hauptquartier an der Ostfront laufen die Geheimberichte zusammen: Munitionstransporte aus Amerika. Landung von Ententetruppen am Welken Meer usw. usw., – rastlos arbeitet die ungeheure Maschinerie des Nachrichtendienstes. dessen letzte Fühler tief Im Feindesland sitzen: Kühne, zum letzten entschlossene Männer. die stündlich den Tod auf dem Sandhaufen vor Augen haben, oder gewandte, gerissene Agenten, die für Geld ihr Leben einsetzen, um der Zentrale Nachrichten zu liefern, von deren Richtigkeit das Leben von Tausenden Von Soldaten abhängen kann. –
Wo der Im nächsten Frühjahr zu erwartende Hauptstoß der Russen stattfinden wird, will die Oberste Heeresleitung wissen. – Eine verteufelte Aufgabe! Da muß der beste Mann heran! Der Oberst blättert in seinen Akten. „Wann kömmt Thomas Hagen aus London zurück?“ – „Am Neujahrstag – über Dänemark!“ – „Er muß den neuen Auftrag erhalten, ehe er die Grenze Überschreitet!“ – „Zu Befehl, Herr Oberst!“ – In Gjedser keucht die dänische Fähre durch den Nebel heran. Reisende steigen aus. Gepäckträger, Zollbeamte sind beschäftigt. – Da – ein leiser Pfiff im F-Moll Dreiklang. Ein junger blonder Herr im Reisemantel wird aufmerksam.
Zwei Reisende studieren anscheinend eifrig die Fahrpläne. Leise Worte fallen, eine Mappe wird schnell gereicht. „Sie werden In Petersburg einen Helfer finden. Erkennungszeichen F-Moll Dreiklang!“ Thomas Hagen weiß Bescheid. Im Nebel verschwindet die Heimat, die Pflicht ruft! Thomas Hegen ist wieder Thomas Higgins, der amerikanische Konzertgeiger, der überall in den neutralen und auch In den kriegsfahrenden Ländern der Entente seine Kunst ausübt, als harmloser am Weltgeschehen uninteressierter Zeitgenosse. – Im Hotel „Astoria“ in 51. Petersburg ist ein amerikanischer Geiger aus Ohio eingetroffen. Eine Stunde später ist sein Paß bei der Ochrana, dem gefürchteten russischen Geheimdienst. Higgins? Wer ist Higgins? Auf alle Fälle verdächtig! Der Agent Dubbln soll ihn beobachten. – Higgins meldet sich bei der amerikanischen Botschaft und wird freundlich aufgenommen. Als er Ins Hotel zurückkehrt, ist sein Gepäck durchwühlt. Es klopft! Erschrocken horcht er auf. Dubbin tritt ein. „Guten Tag, Herr Thomas Hagen!“ Mit eiserner Energie beherrscht sich Higgins. Ist das das Ende? Da zupft Dubbin spielend den F-Moll Dreiklang auf der Geige. Er ist der Helfer, ein Fanatiker des Nihilismus, der das russische System bekämpft und – Geheimagent der Ochrana. Higgins Plan ist, sich durch seine Konzerte in die beste Gesellschaft einzuführen, und er baut dabei auf seine Wirkung auf Frauen. Das kühne Spiel beginnt. Im Musiksalon des „Astoria“ ist grobes Konzert. Die Spitzen der Behörden und der Armee sind versammelt. Higgins spielt, aber in der ersten Reihe ist ein Stuhl noch frei für die Frau des Generalmajors Lanskoi vom Generalstabe, und diese Frau Ist, wie Higgins von Dubbin weiß – eine Deutsche. Auch Vera Lanskoi, die schöne, blonde Generalin, weiß von Dubbin, wer Thomas Higgins ist. Vier Augen senken sich ineinander, als ihr nach dem Konzert der amerikanische Geiger vorgestellt wird. – Und nun beginnt der Kampf der drei Menschen gegen den allmächtigen russischen Generalstab, mit List und Gewalt, rücksichtslos und mißtrauisch, Oberwacht seine Frau, schon scheint Higgins verloren! Schüsse krachen Ober das Eis der News, auf dem ein Mann flieht. Die Schollen brechen, das eisige Wasser schlägt über einem Verwundeten zusammen. Der deutsche Spion ist wohl ertrunken Aber Lanskois Gegenplan wird zuschanden durch Thomas Higgins geschickte technische Falle und durch Dubbin, in dessen Auftrage Vera Lanskoi ihrem Vaterlande hilft, als sie auf den Wunsch des Generals Rußland verIäßt. – in einem schwedischen Hospiz findet Vera den Deutschen wieder, gibt ihm Dubbins Brief, „Vielen Tausenden Menschen ist so das Leben gerettet“ sagt Higgins ernst zu der geliebten Frau.
Ober dem neu angelegten großen russischen Zentralmunitionsdepot zwischen Lody und Ustaty erscheint in der Nacht zum Karfreitag ein deutsches Bombengeschwader. Mit ungeheurem Knall fliegen Millionen von Geschossen in die Luft.
Die Osteroffensive der Russen ist verhindert.

Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #190, 08/15/1931):
Die Ursache für den starken Eindruck, den dieser Film über die Spionage im Weltkriege hinterläßt, ist die Fähigkeit von Autor und Regisseur, die Filmvorgänge glaubhaft zu machen. Es geht dem Zuschauer nicht wie bei so vielen ähnlichen Filmen, daß er den Filmstoff innerlich immer nur als Fabel, zuweilen als sehr spannende, empfindet. Die Geschehnisse in dem vorliegenden Ufa-Film haben einen glaubhaften Hintergrund, dem Publikum wird durch die Logik der Szenenführung, durch die sichere Beherrschung aller militärischen Details, durch die Meidung alles Grell-Sensationellen, und schließlich durch die imponierenden Ausmaße von Besetzung und Aufmachung der Glauben suggeriert, daß von der Mission des deutschen Spions wirklich das Schicksal der deutschen Ostfront abhing.
Unter diesem Gesichtspunkt muß auch der Vorspann gewertet werden, der mit dem eigentlichen Filmgeschehen nichts zu tun hat: Die Bekanntgabe des deutschen Friedensangebotes durch den Reichskanzler im Dezember 1916 und seine Ablehnung durch die Entente. Ob hier nebenbei noch innerpolitische Momente mitgespielt haben, sei dahingestellt und der Beurteilung der dafür berufenen Tagespresse überlassen. Filmisch ergibt sich jedenfalls, daß der Zuschauer sofort in eine hochpolitische Atmosphäre hineinkommt, die ihn veranlaßt, das Nachfolgende wichtiger und bedeutungsvoller zu nehmen, als er es vielleicht ohne den Auftakt getan hätte.
Das Buch von Walter Reisch ist als geglückt zu bezeichnen. Es ist eine klug abgewogene Mischung von Menschlich-Interessierendem und Politisch-Sensationellem. Ein solcher Mittelweg war notwendig, aber bestimmt nicht leicht zu finden. Es galt einerseits zu verhindern, daß die Vorgänge durch das Ueberwuchern privater Konflikte an Wucht einbüßten, auf der anderen Seite bestand die Gefahr, daß durch die Hintanstellung der menschlichen Motive weite Kreise des Publikums den Film als kalte Sensationsmache empfunden hätten.
Daß trotz der Besetzung mit zwei großen Ufa-Stars aus diesem Stoff kein Starfilm gemacht werden durfte, erscheint jetzt, da der Film vorliegt, als selbstverständlich. Aber wie oft sind beim deutschen Film gerade die nächstliegenden Selbstverständlichkeiten außer acht gelassen worden! Gustav Ucicky hat mit sicherem Instinkt die drohende Gefahr erkannt. Er hat Willy Fritsch und Brigitte Helm in ein hochwertiges Ensemble eingefügt, in dem auch andere Darsteller „gleichberechtigt“ sind.
Ucicky, der bereits im „Flötenkonzert“ dadurch verblüffte, wie ungekrampft und sicher er einem großen Publikum hochpolitische Zusammenhänge in ein paar Filmmetern und mit ein paar Dialogworten verständlich machte, brilliert auch hier wieder durch eine virtuose Art, komplizierte Zusammenhänge kristallklar erscheinen zu lassen, ohne das durch diese Popularisierung das Format leidet.
Dieser Film hat Spannung. Je nach Temperament werden die Zuschauer drei- oder zehnmal den Atem angehalten haben. Unberührt wird keiner geblieben sein. Die Art, diese Spannung mit noblen Mitteln zu erregen, ist für mein Empfinden bisher nur von Fritz Lang übertroffen worden.
Das bildliche Moment ist erfreulich sorgsam behandelt worden. Hauptsächlich dank der musterhaften Bauten von Herlth und Röhrig. Da blitzen Hotelräume auf, daß man sich sagt: „Allerhand für Petersburg“. Da wird der Gang eines Luxusschlafwagens so raffiniert angeschnitten, daß man Lust zum Reisen bekommt. Und dem eisstarrenden Brückenbau glaubt man die Minustemperatur.
An der Spitze der Darsteller ist Oskar Homolka zu nennen, als hoher russischer Militär, dessen Frau eine Deutsche ist und dem deutschen Spion hilft. Homolka legt in seine Figur Brutalität, militärische Haltung und überlegenes weltmännisches Wesen. Aus allem erwächst ein Mensch von Fleisch und Blut. Welch eine Szene, wenn er seinen Todfeind begrüßt, wenn sein Gesicht für Sekunden sich zu einem Katzenlächeln verzieht: Ein sprungbereites Raubtier.
Willy Fritsch spielt ohne heroische Pose den Spion, der sich in der Maske eines amerikanischen Geigers Zutritt zur Petersburger Gesellschaft verschafft. Es ist immer wieder Willy Fritschs sympathische Schlichtheit, seine natürliche Haltung und Sprache, die für ihn einnimmt.
Brigitte Helm stellt in ein paar hochdramatischen Szenen ihr starkes Talent für solche Rollen erneut unter Beweis.
Theodor Loos umkleidet geschickt die Figur eines russischen Verräters mit revolutionärem Idealismus. Carl Ludwig Diehl gibt einer Chargenrolle großes Format. Friedrich Kayßler, Eduard von Winterstein, Harry Hardt, Ferdinand Hart, Alfred Beierle, Alexander Murski, Georg Schnell, Margarete Schön und die reizvolle Tamara Desni stehen mit durchweg erfreulichen Leistungen auf der weiteren Besetzungsliste.
Carl Hoffmann lieferte eine bei aller Sachlichkeit künstlerisch empfundene Photographie. Der Ton, für den Hermann Fritzsching zeichnet, kommt in den Dialogen klar, das Geigensolo kann nicht befriedigen. Mängel im Spiel oder in der Aufnahme?
Der Film fand starken Beifall, ihm sind erstklassige Geschäftsaussichten zu prophezeien.

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