Originaltitel: Die Marquise von Pompadour. Austattungsoperette 1931; 93 min.; Regie: Willi Wolff; Darsteller: Anny Ahlers, Walter Jankuhn, Irene Ambrus, Ida Wüst, Ernő Verebes, Kurt Gerron, Fritz Odemar, Wilhelm Bendow, Max Ehrlich, Gustl Stark-Gstettenbaur; D. L. S.-Tobis.
Marquise von Pompadour verliebt sich in den von Ludwig XV. zu Tode verurteilten Verfasser eines gegen sie gerichteten Spottliedes. Man hinterbringt dies dem König, der den Rivalen vom Hofe entfernt. Zum erwarteten Sturz der Pompadour aber kommt es nicht.
Zusammenfassung
Eine entzückende, amüsante Geschichte aus einer ziemlich fernen Zeit, aus der Zeit galanter Erlebnisse und weißer Perücken. Verschwiegene Stelldicheins unter Laubbäumen und Rosenhecken, neckische, sprudelnde Fontänen und schönen Frauen in Krinolinen. „Politik der Weiberröcke.“ Ja, wenn ein ältlicher, aber trotzdem lebens- und liebesfroher König der seligste Untertan einer schönen Frau, wie der Marquise Pompadour ist, deren kostspielige Launen ins Märchenhafte steigen, wird selbstredend das Volk unmutig und fängt zu murren an. Ein kleines Spottlied flattert auf: „Marquise von Pompadour, du liebst nicht einen nur . . .“ welches der Anfang zu einem kurzen Liebesidyll ist. Der Spötter, ein junger Offizier, wird gefangen genommen und auf höheren Befehl der Pompadour zu ihr geführt. Ihr gegenüber soll er nochmals die Kühnheit besitzen, seine Stimme wider sie zu erheben. Doch unter dem siedeheißen Blick der schönen Frau wandelt sich der Spötter in einen verliebten Seladon und der kleine Flirt beginnt. Unter einem falschen Namen schickt die Marquise ihren Leutnant in die Kadettenschule nach St. Cyr, um ihn in ihrer Nähe zu haben und um ihn vor Intriguen zu schützen, die ihn dem furchtbaren Zorn des Königs gegen den Spötter seiner Freundin ausliefern würden. Doch die Festspiele in Versailles decken alles auf, der König ist gnädig und macht dem innigen Liebesspiel nur durch eine Verbannung des Offiziers ein trauriges, jähes Ende.
Kritik (E. J., Film Kurier #007, 01/09/1931):
„Pompadour“ – – heißt zu deutsch Strick- oder Arbeitsbeutel (nach der berühmten Marquise) und alle Operetten- und Film-Inszenierungen, die wir mit Versailles, dem 15. Ludwig und seiner galanten Abenteuerin erleben und erleben werden (in Ewigkeit!) sind so ein rundes, besticktes, großmütterliches Arbeitsbeutelchen.
Ob bei Charell oder Willi Wolff, in solchen Pompadour wird alles gepfropft, was an Gutem und Teuerem für eine sentimentale Operette aufgeboten werden kann.
Mobilmachung der Kunstfertigkeiten gegen die an den Pompadour-Stoff gekettete traditionelle Langeweile. Heiterkeit im Kostüm . . . man hat nur eine Erinnerung daran: Monsieur Beaucaire mit Valentino.
Die neue Ton-Verfilmung des uralten Bühnengebrauchsstoffes kam wegen der französischen Version in Betracht. Ein Land traut immer dem anderen die gleiche Geschmacksarmut und Filmbescheidenheit zu. Für Frankreich? – natürlich die Pompadour.
Die deutsche Ausgabe ist ein breiter, gefüllter, situationenreicher Film geworden (für harmlose Leute mit Pompadours); keine Kleinigkeit, die ausgewalzten Amourenspiele im Reifrock, unter der Perücke, zu beleben.
Willi Wolff und Hans Rameau gruppieren um König und Dame geschickt den tenörlichen Geliebten für die Marquise, die Minister-Intriganten gegen sie, komische Hoffiguren, ein Buffopaar und eine reizende Kadettenbande . . . das stehende Figuren-Heer der Operetten alten Stils wird in Bewegung gesetzt, und wenn dazwischen von Bendow, Ehrlich und der Wüst unbedenklich gekalauert wird, findet die lyrisch-sentimentale Linie des Films willkommene Unterbrechung.
Neben solchem Charell-Verarbeitungs-Vorbild klingt bei Willi Wolff die klassische Stummzeit der deutschen Historien-Filme an. Die Anna Boleyn (für Gerron als Nochgenießer feister Jannings-Großfreuden) und die Dubarry. Diese alte Film-Tragik – sie würde heute unerträglich sein – wird ins Freundliche gewendet, aber mit derselben Kostümfreude, Dekorierungslust und Maskenmacherei von einst geboten.
Kerzen, Korridore, Wandspiegel, Spieluhren, Prunkbetten, Massenszenen, Soldatenaufmärsche, Ballettintermezzi bei Gartenfesten . . . schon vor zehn, vor fünfzehn Jahren hat man drauf geschaut.
Gespenster-Renaissance in der Tonfilm-Operette.
Der Ton wird delikat behandelt. Dramaturgisch und technisch auffallend gelungen.
Die Regie Willi Wolffs findet mit Hans Rameau die richtige Mitte zwischen Stumm, Sprache und Lied. Dabei sogar mit Einfällen, z. B. die „Blindszene“, bei der die Leinwand dunkel und man nur Schrittgeräusche hört.
Auch die Chorlieder, mit einer artigen Verbeugung vor der „Liebesparade“ (hier – Kadettenparade) wirken. Das beste Stück: der Jungenschor vom Adjutanten (Komposition Robert Stolz: man horcht gleich auf. Weitere Kompositionen von Eduard Künnecke und Rudolf Nelson. Außer dem Liebesduo ziemlich schwach, am schwächsten die Texte. Fritz Rotter – ganz ausgeleiert. Ohne zündende Einfälle auch der Tanzmeister Mac Arley. Wohlklingend A. Strafsers Orchester.
★
Der Tonfilm-Aufwand um ein schimmerndes Nichts wird von Robert Neppach aufgebaut. Die Spuren des gemalten Hintergrundes verwischt er nicht ganz. Die Kamera-arbeit Willi Hameisters befriedigt, er regt nicht gerade durch Beleuchtungskünste an.
Die Kostüm-Ausstattung wurde von Theaterkunst-Kaufmann Peter A. Becker, Carl Töpfer und Willi Ernst besorgt. Das vermottete Jahrhundert – auf neu geschneidert, gebügelt: Glanzstoff fürs Auge.
– – Die Schauspieler, die’s tragen und ertragen?
Das Liebhaberpaar Anny Ahlers – Walter Jankuhn. Er – sympathisch zurückhaltend und doch zu nichts sagend. Bei unserem Tenormangel – – Ideal-„Ersatz“. Seiner Tenorhöhe folgt das Mikrophon recht schüchtern.
Anny Ahlers – – reizvolle Stimme; blässer als Darstellerin. Zu sehr nette Bürgerin. Kein Perlchen Champagner. Findet gewiß Aufgaben im Film – aber keine
Pompadour-Zauber.
Kurt Gerron mit Löckchen-Perücke. Der dicke, böse König Ludwig. Nicht die übliche
Schablonenbesetzung – und schon das lohnt sich. In einer Szene spielt er . . . ein königliches Nachtgespenst im verwunschenen Schloß. Glück muß man haben.
Viel gelacht wird über Ernst Verebes, Ida Wüst, Irene Ambrus. Fritz Odemar und Hans Rameau (der Autor) bemühen sich als korrekte Sprecher. Der Regie-Umsicht Willi Wolffs sind nur geringe Dialog-Entgleisungen in einigen Szenen entgangen.
★
Die traditionelle, technisch so einwandfreie Film-Operette wendet sich an ein traditionsfrommes Publikum.
Bei der Uraufführung freundlichster Beifall.