
Originaltitel: Meine Cousine aus Warschau. Lustspiel 1931; 92 min.; Regie: Carl Boese; Darsteller: Liane Haid, Fritz Schulz, Tala Birell, S. Z. Sakall, Charles Puffy, Paul Kemp, Hugo Fischer-Köppe; Allianz-Tobis-Klangfilm.
Eine Frau ist im Zweifel, ob sie weiterhin den eigenen Mann oder einen jungen Maler beglücken soll. Sie beauftragt ihre Kusine, die Männer auf die Probe zu stellen, welche sie beide nicht bestehen. Darauf bleibt die Frau bei ihrem Manne, die Kusine bei dem Maler . . .
Zusammenfassung
Lucienne, die junge, lebenshungrige Frau des älteren Biedermanns Burel, ist in schweren Gewissensnöten.
Lucienne hat bisher ihre Tage in Frieden auf des Gatten Landsitz in Saumur verbracht. Nicht allein natürlich, sondern in Gesellschaft eines jungen und netten Malers, Fred mit Namen, Freund des Hauses. Plötzlich schneit es den Hausherrn – Mr. Burel persönlich – gänzlich unerwartet in das Idyll. Burel war beim Arzt, der dem abgespannten Pariser Geschäftsmann Landluft und anderweitige ruhige Betätigung verordnet hat. Nun will Burel für ein paar Monate in Saumur bleiben und – eine Oper schreiben. Was dem guten Fred derartig auf die Nerven fällt, daß er Lucienne kurzerhand vor die Wahl stellt: Mr. Burel oder ihn.
Lucienne ist ratlos. Was tun? In ihrer Not fällt ihr jemand ein, der den Knoten lösen könnte. Sonja, die Cousine aus Warschau. Ein Telegramm ruft Sonja herbei. Im 100 km-Tempo donnert die elegante Cousine nach Saumur. Mit Chauffeur, zwei riesigen Doggen und mit dem dicken Verehrer Tobby. Lucienne ist glücklich. Sie bittet Sonja, die beiden Männer, zwischen denen sie wählen soll, auf die Probe zu stellen. Lucienne will bei jenem bleiben, dessen Liebe zu ihr sich als die größere erweist.
Sonja warnt die kleine Frau vor diesem Spiel mit dem Feuer. Dann macht sie sich temperamentvoll ans Werk.
Herr Burel erliegt im Handumdrehen der schönen Cousine. Bei Fred jedoch prallen alle Künste Sonjas ab. Warum? Der eifersüchtige Tobby hat ihm das abgekartete Spiel der Frauen verraten. Fred ist verärgert. Sonja gefällt ihm riesig. Er hätte gerne . . ., aber jetzt mach es ihm eine diebische Freude, die Verführerin abblitzen zu lassen.
Sonja ist ehrlich überrascht. Zum ersten Male wagt es ein Mann, ihr zu wiederstehen. Sie macht Fred eifersüchtig. Umsonst. Sie täuscht eine Autokatastrophe vor. liegt ihm leblos zu Füßen. Umsonst, Fred behandelt sie so sachlich, so kühl, so brutal, daß sie zuerst fuchsteufelswild, dann ganz klein und zahm wird und schließlich Fred wirklich zu lieben beginnt. So ist es Fred recht. Als stolzer Sieger diktiert er: Preis ihrer Niederlage ein Rendezvous. Zehn Uhr abends in Sonjas Schlafzimmer.
Aber der tückische Zufall will es anders. Lucienne kann vor Aufregung über den Ausgang des Experiments nicht schaffen. Sie will die Nacht bei Sonja verbringen. Sonja ist verzweifelt. Nichts bringt Lucienne aus Sonjas Bett. Da verläßt Sonja ihr Zimmer. Was sind die Folgen?
Der liebestolle Burel, der Sonja sucht, findet zu seinem Schrecken seine eigene Frau. Fred, der zum Rendezvous eilt, flieht vor Burel in die Vorratskammer. Der argwöhische Tobby schließt ihn ein, und läßt Herrn Burel, der erregt nach Sonja fragt, zu Fred in die Kammer. Nachdem die erste Verblüffung verflogen, hört Fred durch Burel, daß Lucienne in Sonjas Zimmer schläft. Fred hält das Ganze für abgekartetes Spiel und geht wütend in sein Schlafzimmer. Dort findet er – Sonja, die er mit Vorwürfen überschüttet. Als nun auch Lucienne, von dem immer eifersüchtigen Tobby herbeigeholt, bei Fred erscheint und über Sonja wegen ihrer Treulosigkeit herfällt, da reißt dieser die Geduld. Sie packt ihre Siebensachen und fährt in 100-km-Tempo davon. Nach Bordeaux, sagt sie.
Der ahnungslose Burel fällt aus allen Wolken. Er gibt jedoch das Spiel noch nicht verloren. Er fährt Sonja kurzentschlossen nach Bordeaux nach. Statt ihrer findet er aber nur seinen angeheiterten Nachbarn, der ihm im Verlauf des Abends an Hand einer Reihe von Rotweinflaschen über Lucienne und Fred die Augen öffnet.
Burel verwandelt sich jäh in ein reißendes Raubtier. Im Gefühl eines gewaltigen Hirschgeweihs rast er nach Saumur zurück. Lucienne ist nicht zu Hause. Fred ist im Hotel. Burel lädt seine Jagdflinte und geht zu Fred ins Hotel. Alles spricht dafür, daß Fred nicht allein dort ist. Eine Frau ist bei ihm. Der rasende Burel will wissen, wer die Frau ist. Er brüllt Luciennes Namen gegen die verschlossene Tür. Da – antwortet sie ihm von der Straße her. Sie geht eben mit dem Mädchen einkaufen. Lucienne eilt erstaunt nach oben. Auch sie will wiseen, wer bei Fred ist.
Endlich öffnet sich – mitten in dem Lärmen und Toben – die bewußte Türe. Lachend erscheint Sonja. Sie ist die Dame in Freds Zimmer. In heilliger Entrüstung entfernt sich das empörte Ehepaar Burel. Beide sind geheilt. Sie sehen ein, daß angesichts solcher Unmoral eine vernünftige Ehe doch das Beste auf der Welt ist.
Kritik (-ner., Film Kurier #193, 08/19/1931):
Zweimal verboten und endlich erlaubt, startet die Cousine aus Warschau.
Louis Verneuils leichte Verwechsle-dat-Ehebett-Komödie wird – voll deutscher Gründlichkeit demonstriert – von Franz Schulz und Karl Noti mit breitem Grinsen serviert; ihr Fall ist durchaus nicht ein zwischen den Zeilen Erratenlassen, mit Geschmacksskruppeln geben sie sich keineswegs ab, sie müssens dreimal sagen. Und ihr mit ein paar freundlichen Rippenstößen aufgemuntertes Publikum goutiert es, der Titania-Palast hallt wider von Gelächter.
Auch Carl Boese, Herr des Garnisonschreckens, nimmt, was ihm geboten wird, einem Gesunden gibt man eben; derb und drastisch spielt er aus und läßt nicht locker.
Nur ein paar Meilen von Berlin liegt sein Saumur. – –
Was das Sprechtheater als soi disant Andeutung bringt, der Film kanns getreu vermerken; Schlafzimmertüren sind ihm kein Hindernis, er zeigt auch die andere Seite.
Immerhin, man begreift die überängstlichen Zensoren nicht mit den eifrigen Scheren. Unbesorgt, das Publikum, daß seinen Schwank haben will, verdauts.
An der Kamera Curt Courant, der inmitten der derben Fröhlichkeit subtil arbeitet. Das Dämmrige großer Hallen, die Julius von Borsody erbaute, holt er heraus als weiche Staffage für schöne geschmeidige Frauenkörper, seine Kamera tastet über schimmernde Stoffhüllen, sie sucht das Zwielicht, das Ungewisse auf.
Virtuos eine rasende Autofahrt; mit Tricks ist sie aufgenommen, dei Landschaft wird bewußt einbezogen und niemals zur Kulisse entwertet.
Auf Szöke Szakalls breiten Schultern ruht des Schwanks schwankendes Gebäude. Dem Ehebiedermann gibt er seine ulkige Ratlosigkeit auf den Weg, er wird immer abgerundeter in seiner Komik und schafft sich mit kleinen diskreten Nuanzierungen seine Wirkung. Wo er diesmal doch einmal zu stark aufträgt, gehts auf das Schuldkonto der Autoren.
Fritz Schulz spielt seinen Liebhaber ohne Mätzchen, liebenswürdig routiniert, gleichsam mit der linken Hand. Huszar Puffy hat die wenig dankbare Aufgabe des Punching Balls übernommen und muß seine besorgte Rundlichkeit von einer Schlafzimmertür zur anderen rollen. Paul Kemp, Hugo Fischer-Köppe, Peukert chargieren.
Im besten (Kamera)-Licht agiert Liane Haid, reizvoll noch in prekären Situationen. Tala Birell, weniger garbohaft aufgemacht als bisher, hat eine angenehm dunkle Stimme aufzuweisen.
Für den Ton zeichnet Emil Specht; Arthur Guttmann hat zu Schlagertexten von Rebner die Musik geschrieben und für eine Opernparodie geschickt alte Schlager verwandt.
Beifall und Gelächter beim Publikum.