
Originaltitel: Abenteurerin von Tunis. (Treffpunkt Afrika.) Abenteuerkomödie 1931; 106 min.; Regie: Willi Wolff; Darsteller: Ellen Richter, Theo Schall, Charles Puffy, Senta Söneland, Philipp Manning, Ferdinand Hart, Rosa Valetti; D. L. S.-Tobis-Klangfilm.
Ein junger Mann reist zum Entsatz einer von Arabern umzingelten Mine seines Onkels nach Afrika. Die hinter dem Aufstand stehenden Konkurrenten hallen ihn durch eine Sängerin auf. Später geht diese zu ihm über und hilft selbst die Eingeschlossenen zu befreien.
Zusammenfassung
Die Kupfermine Bertell ist von aufständischen Araberstämmen umzingelt worden. Die Besatzung ist eingeschlossen und verteidigt sich heldenhaft. Der Aufstand ist von einem Konkurrenten Bertells, dem Abenteurer Valera in Tunis, angezettelt worden. Die Regierung lehnt eine militärische Intervention ab, der Minenbesitzer muß sich selbst helfen. Rene Bertell, der junge Neffe und Erbe des alten Bertell, wird mit der Aufgabe betraut, den Eingeschlossenen Waffen und Munition zu bringen. Auf der Fahrt nach Tunis lernt Rene die junge Tänzerin Colette kennen. Sie ist eine Abgesandte Valeras und soll den jungen Mann in eine Falle locken. Statt dessen verliebt sie sich in ihn und wird seine treueste Gefährtin. Die Abenteuer werden. je näher die Expedition sich dem Ziel ihrer Reise nähert, immer ungewöhnlicher und unheimlicher. Oft scheinen die mutigen jungen Leute schon verloren zu sein, aber schließlich gelingt es ihnen doch, noch rechtzeitig der Minenbesatzung zu Hilfe zu kommen und die feindlichen Araberstämme in die Flucht zu schlagen. Daß das Abenteuer zwischen Rene und Colette hier nicht endet, sondern sich zum Lebensbund wandelt, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden.
Kritik (-ger, Film Kurier #243, 10/16/1931):
Reise-Abenteuerfilm im Stil einer phantastischen Operette . . . Dieses Genre des Unterhaltungsfilmes wird immer Berechtigung haben, der Willy-Wolff-Film trifft den Geschmack des Kino-Publikums von heute gut; jeder Kinobesucher möchte . . . fernsehen; in die Ferne; weg vom Grau des Naheliegenden, in die Oasen strahlender Horizonte.
Man wird von Willi Wolff kein „Dokument von Shanghai“ erwarten, keinen Kulturfilm, keine Belehrungstendenz . . . aber das Verführerische der von ihm so beherrschten Filmart liegt ja gerade im „en passant“, das der fremden Welt Kulisse als Nebenbei zeigt, man fährt durch Araberviertel, blickt durch maurische Bögen, Fenster und Tore, weißschimmernde Kuppeln des Orients, ein Palmental . . . schöne Illusionen des Exotischen, wobei es dem Betrachter gleichgültig, ob der Film-Wanderer in der Wüste nun wirklich beim Sandsturm dabei war, – wenn die Abenteurerfahrt nur eine angenehme Täuschung.
Und Willi Wolff versteht sich aufs Vorgaukeln, mit Hans Rameau, Harry Piels früherem „Sachverständigen“, der, wie wir immer schon wußten über viel Bildwitz verfügt, schrieb er eine temperamentvolle Verfolgungsgeschichte. Ein Munitionstransport soll zu einer von aufständischen Arabern bedrohten Kupfermine gebracht werden. Breite, doch spannende Vorgeschichte: Kampf um die Frachtbriefe dieser Munitionskisten von Paris bis Tunis.
Das Drehbuch häuft Verfolger auf Verfolger, selbst das komische Buffo-Beipaar besteht aus dem ausreißenden Ehemann, der sich zu den Kamelen hinsehnt, und der verfolgenden Xantippe.
★
Man hat an Milieu nicht gespart, nicht an Situationen.
Marseille wird zur ersten Station ungewöhnlich lustiger Polizei-Abenteuer, dabei eine besonders fröhliche Episode bei der Cook-Rundfahrt. Dort bemächtigten sich die drei Filmhelden des Reisewagens und rasen damit die ganze Riviera herunter – und es ist nicht die übliche Rivierafahrt, – – im Eiltempo des Films atmet man des Südens Wärme fast körperlich – mit doppelter Lungenkraft. Man flitzt im Blumenauto durch den Corso von Cannes, schifft sich schließlich in Genua ein – das wird alles plastisch im Film, Golf des Meeres, Hafen, Schiff.
Abenteuer über Abenteuer. Hübsch genutztes Weltkolorit von Tunis, Bettler, Araber, Neger, Heilige und Sünder, Feuerschlucker, Flammenwerfer . . . Die köstliche Drehbühne der Natur verbindet zwischendurch Atelierszene mit Szene, in die rund um Ellen Richter der glückliche Arrangeur des Films, Willi Wolff, die wortsichersten Schauspieler stellt: Ferdinand Hardt, Rosa Valetti, Julius Falkenstein, Dr. Mannig. H. H. Schaufuß, Wartau, Marlow, Bender, Rameau . . . diese allein schon in kleinen und kleinsten Rollen.
Das „Helden“-Trio, das die Abenteuer bestehen muß: Ellen Richter, Theo Shall, Karl Huszar-Puffy.
Ellen Richter, mit pikantem Akzent gut anzuhören, wird nicht mit psychologischem Spiel belastet (– keine Liebesszene!). Als Theo Shalls Feindin, die zur Kameradin wird, trifft sie durchaus den Stil der leicht genommenen Sensationen. Ihrer Colette traut man Courage zu, die Energie für Abenteuer – – als mondäne Sensationsdarstellerin bewährt sie sich auch im Tonfilm.
Ihr Kamerad: Theo Shall, der richtige Mann für eine so hemdärmelig-forsche Affäre. Mit kräftigen Farben bringt Leonard Steckel seinen Filmintriganten, den Raubtierton in der Kehle, das gehört nun mal zu einem exotischen Film. Ferdinand Hart in einer kurzen Szene wieder durch seine Ruhe gewinnend.
Bedankt mit Lachstürmen des Publikums: Karl Huszar-Puffy und Senta Söneland. Puffy noch nie so drollig, er hat ja auch diesmal mehr Möglichkeiten.
Ganz groß wieder die Söneland, dies Wunder der deutschen Tonfilm-Groteske. Ueber raschende Nuancen ihrer unglaublichen Vitalität, vielleicht nicht jedermanns Geschmack – aber wie sie mit borniertem Ernst vor dem französischen Kommissar sitzt, sich nicht abwimmeln läßt, dem Polizisten ihr „Ruhe“ zudonnert – oder jämmerlich zerknirscht mit einemmal der Meereswogen Brechreize spürt, das macht ihr keine nach.
Der Kameramann Emil Schünemann war in der Motivwahl der Expeditionsbilder geschickt – und dort, wo leider der Film darauf verzichtet, die Sensationen und Rettungen aus wilden Gefahren dem gespannten Zuschauer wenigstens ein bißchen zu erklären, schiebt sich schnell ein hübscher Blickwinkel ein, Volkstypen, belebte Szenen, – im Atelier – Dekorationen Robert Neppach, Willy Schiller hält sie Otto Kanturek mit gnwohnter Sicherheit fest. Ton gut. Geräuschsynchronisation meist geschickt.
Ein ausgesprochener Publikumserfolg. Lachlustig wird jedes Auditorium vor diesem Film sitzen und ein wenig sehnsüchtig – nach seinen Sonnenlandschaften.
Willkommen solche Film-Art: Das Auge sieht die Erde offen.