Originaltitel: Mein Herz sehnt sich nach Liebe. (Wenn Männer schwach sind. Der Hellseher.) Schwank 1931; 92 min.; Regie: Eugen Thiele; Darsteller: Max Adalbert, Marianne Winkelstern, Ernő Verebes, Trude Berliner, Paul Hörbiger, Senta Söneland, Kurt Lilien; Aafa-Tobis-Klangfilm.
Der Bürovorsteher eines Advokaten verbessert die notleidende Praxis seines Chefs, indem er sich als Hellseher etabliert und die Ratsuchenden in des ersteren Büro schickt. Als der Schwindel aufkommt, haben sich bereits die Tochter des Hellsehers mit dem Advokaten, ihr Kusin mit einer Kollegin gefunden.
Zusammenfassung
Die Praxis des jungen Rechtsanwalts Agerty geht recht schlecht. Heberlein, sein Büro-Vorsteher, schwebt in tausend Ängsten, gekündigt zu werden. Bis er auf eine rettende Idee kommt . . . . .
Professor Calvari, ein neuer Hellseher, bildet das Gespräch des Tages. Außerordentliche Fähigkeiten werden ihm zugesprochen, und ständig vergrößert sich der Kreis seiner Kunden. Zu denen auch Gerda, die hübsche Tochter Heberleins, gehört.
Und das kam so: Gerda hat eines Tages auf der Straßenbahn die Bekanntschaft Agertys gemacht, jedoch ihren Namen verschwiegen. Agerty trifft sie auf einem Sportfest wieder. Gerda möchte aber nicht von ihm als Tochter seines Bürovorstehers erkannt werden und läßt sich von ihrer Kollegin, dem Ladenmädel Elli, als ein Fräulein von Frankenstein, Filmschauspielerin aus Wien, vorstellen. – Das Fest ist zu Ende, und in Agertys Junggesellenwohnung feiert man weiter. Elli wird von dem liebenswürdigen Assessor Gehring der Hof gemacht, während Agerty nur noch Augen für Gerda hat, die auch ihrerseits den jungen Anwalt recht sympathisch findet. Aber die Lage ist hoffnungslos – Tochter seines Bürovorstehers und dann die Schwindelei mit dem Namen . . Trotz Agertys Drängen lehnt sie weitere Verabredungen ab, doch der Anwalt läßt nicht locker . . . sucht am nächsten Tag Elli im Geschäft auf, um Gerdas Adresse zu erfahren. Gerda will sich vor Agerty verstecken – doch zu spät. Da rettet Elli schlagfertig die Situation und erklärt, Gerda mache hier Studien für einen neuen Film . . . Schon wieder eine Lüge – – Gerda weiß nicht, wie sie aus diesem Labyrinth jemals herauskommen soll; zumal sie ein paar Tage später schon wieder Agerty auf einem Geschäftsgang begegnet und nur eine recht dürftige Erklärung für die an ihrem Ann hängenden Hutschachteln finden kann. – Hätte sie doch die Kraft, mit diesem Abenteuer Schluß zu machen! Aber . . . ein Rendezvous abzulehnen, wenn Agerty so liebenswürdig darum bittet – – unmöglich. Und wieder sind die vier zusammen: Elli, Assessor Gehring, Gerda und Agerty – in einem vornehmen Weinlokal. Zum Tanz spielt die Kapelle „Mein Herz sehnt sich nach Liebe . . .“ Ja – Liebe . . . und gerade deswegen will Gerda jetzt Agerty die volle Wahrheit sagen; doch mitten im Satz verliert sie den Mut – – Wer kann diesem unglücklichen Mädchen noch helfen? „Vielleicht der Hellseher Calvari“ – meint ihr Vater, Bürovorsteher Heberlein, mit geheimnisvollem Schmunzeln. – Aber nicht nur Gerda geht zum Hellseher, sondern auch Elli und Agerty. Elli, um zu erfahren, ob der für sie bestimmte Mann Assessor Gehring sei oder etwa der sie ebenso anschwärmende Fritz Heberlein, ein Vetter Gerdas und Reisender in Schönheitsartikeln. Was aber Agerty zu Professor Calvari treibt, ist ein noch ungelöstes Rätsel . . . Denn die Praxis des Anwalts hatte in letzter Zeit einen großen Aufschwung genommen, und alle Klienten – merkwürdig genug – kommen auf Empfehlung des Hellsehers Calvari . . . – Welche Ueberraschung, Agertys, Gerda ebenfalls beim Hellseher zu treffen. Aber noch größer die Ueberraschung, als der Hellseher, bisher in abenteuerlicher Verkleidung, die Maske fallen läßt. Es ist – Bürovorsteher Heberlein, der mit Hilfe eines einfachen Tricks diesen originellen Nebenberuf ausübt, um sich und seinem Chef wieder auf die Beine zu helfen.
Das ist ihm auch gelungen. Und dazu, zwei Verlobungen zu stiften.
Agerty verzeiht Gerda alles. Elli aber läßt sich davon überzeugen. daß nur ein Reisender in Schönheitsartikeln der ihr vom Schicksal Bestimmte sei.
Kritik (-g., Film Kurier #216, 09/15/1931):
Ein löbliches Beginnen, die edle Gilde der Hellseher und der „verwandten Betriebe” einmal unter die karikierende Lupe zu nehmen. Eine schöne Aufgabe für ein Lustspiel, so nebenher beizutragen für Volksaufklärung. Denn die Zahl derer, die auch heute noch zu den Astrologen, Kartenlegerinnen und ähnlichen Geistesgrößen laufen, ist größer, als sich unsere Schulweisheit träumen läßt.
Wenn dieser moralische Zweck im Rahmen eines amüsanten Lustspiels verfochten wird, und das Publikum lachend die Kino-Ausgänge passiert, ist die Sache doppelt erfreulich. Für den Theaterbesitzer, der diesen Film spielt, tun sich hundert Reklame-Möglichkeiten auf, dieser Film kann mit einer eigenen Note aufgezogen werden und dadurch über seinen Lustspielcharakter hinaus interessieren. Das Beste wäre natürlich, wenn der deutsche Hellseher-Verband – so etwas wird es wohl geben – umgehend einen flammenden Protest in die Welt hinaus trompetet.
Franz Rauch hat zusammen mit dem Regisseur Eugen Thiele die Geschichte von dem Bürovorsteher, der seinen wegen Kundschaftmangel völlig verpleiteten Rechtsanwalts-Chef dadurch auf die Beine helft, daß er ihm die Besucher der schnell eröffneten Hellseher-Praxis zuführt, amüsant entwickelt. Die lustigen Situationen jagen sich, daß der große Zusammenhang fehlt, ist es mehr eine Feststellung als ein Vorwurf, denn achtzig Prozent unserer Lustspiele werden nach dem gleichen Rezept, und nicht immer mit einem so erfreulichen Ergebnis wie hier fabriziert.
Der Regisseur Eugen Thiele hat Blick für komische Momente und Darstellerwirkung. Es ist hier eine Entwicklung nach oben zu spüren, auch wenn man über die Anlage mancher Szene prinzipiell streiten kann. Das eine ist zu konstatieren: Im Parkett und im Rang amüsierte man sich gut, und die hochwillkommene Gefahr, daß Dialogteile verlacht werden, drohte des öfteren während des Abends.
Max Adalbert in der Titelrolle hat wieder einmal eine Rolle, die ihm hundertprozentig zusagt, seine gutmütige Bärbeißigkeit hat ihre bewährten Effekte, seinen mysteriösen Hellseher-Sitzungen folgt man mit dem größten Vergnügen.
Einen starken Erfolg erzielt Senta Sönland als stimmgewaltige Dame im gefährlichen Alter. Ihr Mundwerk ist von rasanter Durchschlagskraft; das Publikum gab sich willig geschlagen.
Johannes Riemann spielt eine Liebhaber-Rolle mit erfreulicher Haftung, Ernst Verebes, diesmal mit Schnurrbart, tollt wild durch die Gegend, Trude Berliner singt und tanzt und macht in Keßheit. Die blonde Marianne Winkelstern gefällt wieder durch ihre natürliche Anmut. Paul Hörbiger, Kurt Lilien, sehr lustig, und Margarete Sachse sind in weiteren Rollen zu sehen.
Technisch ist der Film guter Durchschnitt. Höfer und Schwidesky lieferten sehr reizvolle Bauten, Altmeister Seeber sorgte für klare Bilder und Emil Specht für einen klangreinen Ton.
Leo Leux schrieb für den Film eine flüssige Musik, die effektvolle Schlager enthält.
Der Primus-Palast, der bereits über Sonnabend und Sonntag mit dem Film erfreuliche Kassen machte, hat wieder einen Treffer, und alle Anzeichen sprachen dafür, daß sich der Publikumserfolg bei den Nachspielern und im Reiche fortsetzen wird.