The Daredevil

Originaltitel: Der Draufgänger. Kriminaldrama 1931; 91 min.; Regie: Richard Eichberg; Darsteller: Hans Albers, Mártha Eggerth, Gerda Maurus, Ernst Stahl-Nachbaur, Senta Söneland, Eugen Burg, Alfred Beierle, Anna Müller-Lincke; Eichberg-Tobis-Klangfilm.

Ein Hamburger Hafenpolizist rettet ein ertrinkendes Mädchen, wird von ihrem Begleiter niedergeschlagen. Findet es später als Werkzeug einer Verbrecher-bande, bringt geraubten Schmuck zustande, macht einen doppelten Mörder dingfest. Sein Lohn: sie.

Zusammenfassung
Seltsamer Vorfall im Hamburger Hafen: Zwei Polizisten, Martin und Hans, der „Draufgänger”, patroullieren mit ihrem Boot in nebliger Nacht. Sie lauschen der Musik, die von einer amerikanischen Luxusjacht tönt, beobachten das elegante Maskentreiben an Bord, bewundern das prächtige Feuerwerk. Jähes Krachen, ein gellender Hilfeschrei aus dem Nebel läßt sic aufhorchen. Ein Zusammenstoß! Das Polizeiboot rast zur Unfallstelle. Im Scheinwerferlicht sieht Hans einen treibenden Körper. Er springt ins Wasser und rettet ein Mädchen. Hans und Martin bemühen sich um die Bewußtlose. Da klettert unbemerkt ein Mann aus dem Wasser in das Boot, stößt die Polizisten über Bord und saust in die Nacht davon. Fluchend schwimmen Hans und Martin an Land. Dort finden sie ihr Boot und hören von Umstehenden, daß der Fremde und das Mädel mit einem Auto stadtwärts fuhren. Hans schwingt sich auf ein Motorrad, erreicht und verfolgt den Wagen, der plötzlich im „American Hippodrom” verschwunden ist. – Der glänzende Maskenball, den Mr. Patterson aus New York an Bord seiner Jacht im Hamburger Hafen gibt, wird durch die Entdeckung eines sensationellen Diebstahls jäh unterbrochen. Ein wertvoller Perlenschmuck ist gestohlen worden. Man ruft die Polizei. Kommissar Andersen erscheint mit der Kriminalbeamtin Schönholz. Beide verhören Patterson, seine Freundin Gloria und die Gäste. Man durchsucht das Schiff, ohne eine Spur des Diebes zu entdecken. – Da meldet Hans am nächsten Morgen Andersen das nächtliche Abenteuer. Das gerettete Mädchen trug ein Maskenkostüm. Hans vermutet, daß ihr Begleiter mit dem Diebstahl im Zusammenhang steht. Der Kommissar betraut Hans mit den weiteren Nachforschungen. – Barini, Direktor des „American Hippodrom”, holt am folgenden Tage den aus Amerika eintreffenden Mr. Brown am Kai ab. Brown wird im Hotel Splendid von Gloria erwartet. Er ist aus Sing Sing, wohin ihn Patterson gebracht hat, entflohen. Gloria liebt Brown. Sie will ihm bei der Rache an Patterson helfen und entwickelt einen seltsamen Plan, in dessen Mittelpunkt ein junges, ahnungsloses Mädel steht: Trude, die Animierreiterin im „American Hippodrom”. Trude war es, die mit Barini die Jacht Pattersons während des Maskenfestes unbemerkt verließ, ohne ihr Wissen den von Barini gestohlenen Schmuck bei sich trug und nach dem Zusammenstoß im Nebel von Hans gerettet wurde. – Glorias Plan beginnt. Barini stellt Trude Mr. Brown als einflußreichen Manager vor, der sie zur berühmten Sängerin machen wird. Trude ist selig. Da lernt sie Hans kennen, der im Hippodrom nach dem Perlendieb sucht. Barini hat den gestohlenen Schmuck Brown als Ersatz für eine ölte Geldforderung angeboten. Brown will sich die Kette am Abend im Hippodrom holen. Trude hat inzwischen mit Schrecken festgestellt, daß die Polizei sie in Beziehung zu dem Perlendiebstahl bringt. Sie ahnt den wahren Sachverhalt und vertraut sich dem jungen Stallmeister Willy an. Dieser rät ihr, den Schmuck von Barini zurückzuverlangen und der Polizei zu übergeben. – Im „American Hippodrom“ ist großer Abendbetrieb. Hans und Fräulein Schönholz sind unter den Gästen, Hans amüsiert sich mit Trudi, die seltsam verstört ist und ihn plötzlich allein läßt. Als Brown von Barini die Herausgabe des Schmuckes fordert, sind die Perlen verschwunden. Brown gibt dem fassungslosen Barini fünf Minuten Zeit, die Perlen zur Stelle zu schaffen und verläßt das Büro. Da entdeckt Barini hinter einem Vorhang Trude, die den Schmuck aus seinem Schreibtisch geholt hat. Wütend will Barini das Mädchen zwingen, die Perlen herzugeben. Er gerät mit dem herbeieilenden Stallmeister Willy in ein Handgemenge. Schüsse fallen. Barini bricht tot zusammen. Willy wird von Fräulein Schönholz als Mörder verhaftet. Trude ist in der entstandenen Panik geflüchtet. Hans, der die Situation rasch erfaßt hat, eilt hinter ihr her und führt das verstörte Mädchen in eine Hafenkneipe. Zu seinem Entsetzen findet er dort die Perlenkette in Trudes Besitz. Während einer Rauferei mit verdächtigen Gesellen, die den wertvollen Schmuck stehlen wollen, entkommt Trude. – Gloria und Brown vollenden ihren Racheplan. Brown bringt Trude aus der kleinen Artistenpension in das Hotel Splendid. Dort soll sie am Abend in einem Wohltätigkeitskonzert unter dem Künstlernamen von Pattersons Tochter, Vivian Grey, der Trude ähnlich sieht, mitwirken. Gloria bewegt Patterson unter dem Vorwand, daß er seine Tochter Vivian wiedersehen wird, zum Besuche des Konzerts. Den Polizisten Hans, der eine ernste Gefahr zu werden beginnt, macht Gloria vorher durch einen Schuh mit der Gaspistole unschädlich. So kommt Hans, der die Zusammenhänge zu erkennen beginnt, zu spät, um Pattersons Ermordung im Hotel Splendid zu verhindern. Er eilt zur Jacht, die eben in See gehen will, und löst dort in überraschender Weise das Geheimnis von Barinis und Pattersons Tod. Nach atemraubendem Verfolgungskampf überwältigt Hans, der Draufgänger, den Mörder. Glücklich kann er die kleine Trude, deren Liebe er seit jenem Abend in der Hafenkneipe verloren hatte, als Kampfpreis in die Arme schließen.

Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #278, 11/27/1931):
Hans Albers ist in der Tat ein Draufgänger. Kein Zaun ist ihm zu hoch, kein Wasser zu naß, kein Wagnis zu gefährlich. Er boxt sich durch einige kitzliche Situationen, er scheut keine Revolverkugel, schließlich hat er die Schurken zur Strecke gebracht und einen geraubten Schmuck zurückerobert. Auch im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ist der Hafenpolizist Hans Röder keineswegs schüchtern, er holt sich seine Trude, siegesbewußt vom ersten Auftreten an.
Für Albers stehen in dem Manuskript so viele wirkungsvolle Situationen, daß er sich körperlich und darstellerisch austoben kann. Er liefert einem begeisterten Publikum das große ABC. aller Albers-Künste. Er ist koddrig-frech zu seiner Konkurrentin, er kann sehr weich und zärtlich zu seiner Trude sein, er ist von stechender Schärfe gegen die Firma Schurke u. Co. Er tanzt und schwimmt und rauft und klettert und springt. Albers in allen Hafen-Gassen von St. Pauli.
Das Manuskript, basierend auf einer Novelle von Franz Hoellering, mitverfaßt von Josef Than, beschränkt sich darauf, Stichworte für den Star zu geben. Bezüglich seiner logisdien Zusammenhänge und der Wahrscheinlichkeit der Vorgänge gehört es in die große Lohengrin-KIasse der deutschen Produktion „Nie sollst du mich befragen!“. Man frage nicht, weshalb die Schurken die kleine Trude überhaupt für ihre Pläne gebrauchen, man frage nicht, weshalb einem Vater Komödie um seine Tochter vorgespielt wird. Vielleicht wissen die Autoren selbst nicht die Antwort.
Richard Eichberg entwickelt mit fester Hand seine wirkungsvollen Situationen. In einem Hippodrom werden die Freuden eines höchst gefährlichen Pferdesportes anschaulich geschildert, in einem Verbrecherkeller herrscht erheblich dicke Luft, in einem Luxushotel geht es pikfein zu, und was die nächtlichen Hafenanlagen Hamburgs anbetrifft, so sei harmlosen Wanderern das Betreten nicht gerade angeraten.
Die Darstellung hat ihre Meriten. Neben Albers kann den Haupterfolg Senta Söneland als übereifrige, falschtippende, leichtpikierte Kriminalbeamtin buchen. Sie hat ein paar sehr lustige Dialoge mit ihrem blonden Kollegen.
Martha Eggerth sieht reizend aus und hat eine nette Stimme, aus den gefährlichen Strudeln sentimentaler Situationen wird sie jeweils kühn von Albers errettet.
Die gutaussehende Gerda Maurus leidet unter der inhaltlichen Leere der ihr zugeteilten Sätze. Ernst Stahl-Nachbaur gibt einem Schurken nichtalltägliche Haltung, Leonhard Steckel bestätigt sich glaubhaft in dem gleichen Milieu.
Sonst noch: Anna Müller-Lincke, Reinhold Bernt, Alfred Beierle, Sigurd Lohde, Eugen Burg, Fritz Klippel.
Hans May hat für den Film eine ins Ohr gehende Musik geschrieben, einige Schlager, Texte: Kurt Schwabach, haben Chancen.
Heinrich Gärtner und Bruno Mondi photographierten sehr sauber, besonders hübsch ist die Feuerwerksszene. Jack Rotmil und H. Minzloff bauten, wie es die Szene erfordert. Hrich und Zeunert zeichnen für den klaren Ton.
Während des Films gab es häufig Beifall für Albers, zum Schluß gab es diverse Vorhänge für die Darsteller auf der Bühne. Das deutsche Kino dürfte einen neuen wirkungsvollen Reißer für sein Repertoire haben.

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