
Originaltitel: Die Liebesfiliale. Posse 1931; 89 min.; Regie: Carl Heinz Wolff; Darsteller: Anny Ahlers, Johannes Riemann, Paul Westermeier, Lotte Neumann, Max Schipper, Kurt Fuß, Hermann Picha, Yvonne Albinus; C. H. Wolff Prod.-Tobis-Klangfilm.
Ein verheirateter Berliner Fabrikant gründet in Hamburg eine Filiale, um seine Geschäftsreisen zu einer verflossenen Freundin zu motivieren, während seine Frau ihre Komplexe durch die Verfassung erotischer Romane abreagiert. Die usuellen Verwicklungen, bis das Paar sich versöhnt, die Fieundin mit einem neuen Verehrer nach Südamerika abreist und der Verleger der jungen Frau deren Schwägerin heiratet.
Zusammenfassung
Als der junge lebenslustige Fabrikant Rudolf Möller, der nach einer ununterbrochen glücklichen fünfjährigen Ehe zum erstenmal allein nach Hamburg gefahren ist, zu seiner Frau Kitty zurückkehrt, hat er viel zu tun. Täglich kommen Stöße von Briefen und Telegrammen an und alle diese Briefe tragen als Absender die Firma „Rudiny, Alvarez & Co., Hamburg, Mönckedamm 40“. Seine Frau und seine Schwester Annemarie sahen mit Staunen der fieberhaften Tätigkeit zu, die Rudolf entfaltet Mindestens einmal in der Woche muß Rudolf unbedingt nach Hamburg fahren. Die Firma „Rudiny, Alvarez 4 Co.“, an der er sich beteiligt hat, ist – wie er den beiden Frauen erzählt – in Java beheimatet und hat unter seiner Leitung in Hamburg eine Filiale eröffnet. Um so erstaunter ist daher seine Frau Kitty, die hinter seinem Rücken an die Firma nach Java geschrieben hat, als der Brief als unbestellbar eines Tages zurückkommt. Was ist mit der Hamburger Filiale los? Tatsächlich steht zwar ah der Tür im Hause Mönckedamm 40 der Name „Rudiny, Alvarez 4 Co.“, auf einem wunderbaren Messingschild, tatsächlich befindet sich auch hinter diesem Messingschild ein sehr gut eingerichteter Büroraum, in dem der Buchhalter Peters wichtige Eintragungen in dicke Bücher vornimmt. Geht man aber weiter, so findet man hinter diesem Büro eine entzückende Wohnung und – anstoßend an diese Wohnung – auf der anderen Seite des Häuserblocks die in der Lebewelt sehr beliebte Java-Bar. Inhaber der Bar, der Wohnung und Vermieterin des Büros ist die scharmante Madame Irene, eine frühere Operettensängerin. Bei seinem Hamburger Aufenthalt war Rudolf Möller, der vor seiner Ehe als „Rudi” in Hamburg sehr bekannt war, in die Bar und damit an seine ehemalige Freundin geraten. Die Wiedersehensfreude, verstärkt durch einige Flaschen Sekt, hatte bewirkt, daß Rudolf – wie man behauptet – in dieser Nacht vergaß, daß er verheiratet ist. Deshalb hat er zum Schein und um mindestens einmal in der Woche mit gutem Grunde nach Hamburg kommen zu können, auf Anraten seines zur Zeit stellungslosen Freundes Peters die Hamburger Filiale unter dem Namen einer pleitegegangenen Firma gegründet; nach außen hin ein seriöses Geschäft, in Wirklichkeit eine „Liebesfiliale”, deren einziges Aktivum Irene ist. Durch diesen einen Schwindel kommt Rudi bald immer mehr in Schwulitäten. Eines Tages hingt seine Frau Kitty ein Telegramm ab, in dem Peters dringend eine neue Ausstattung für Irene verlangt. Rudi weiß sich nicht anders zu helfen, als daß er seiner Frau erzählt, Irene sei der Dreimastschoner seiner Firma, der eben neu aufgetakelt werden müsse. Kitty glaubt die Ausrede nicht und beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen und sich die Hamburger Filiale einmal anzusehen. Dabei kommt es ihr zustatten, daß ihre kleine Schwägerin Annemarie dringend nach Hamburg muß. Annemarie hat gelegentlich einer Reise an die Nordsee den Verleger Max Andersen kennengelernt, und die beiden jungen Leute glauben, ohne einander nicht mehr auskommen zu können. Sie haben beschlossen, sofort zu heiraten, Sobald Max gewisse Schwierigkeiten in Hamburg geregelt hat. Eine der Hauptschwierigkeiten, von denen Max seiner Annemarie allerdings nichts erzählt hat, ist Irene, die Besitzerin der Java-Bar, die sich in den hübschen jungen Hamburger verliebt hat. – Rudolf, der bemerkt, daß seine Frau der ganzen Hamburger Filiale mißtraut, beschließt, seiner Frau einen fingierten Kompagnon vorzustellen. Aus diesem einen Kompagnon wurden allerdings durch allzu hilfsbereite Freunde gleich drei. Ein Weinreisender namens Lehmann übernimmt die Rolle des Rudiny, ein Schauspieler markiert Alvarez und einer aus Rudis lustiger Hamburger Clique wird als stiller Kompagnon vorgestellt – Die Situation scheint gerettet Trotzdem treten Kitty und Annemarie, sobald Rudolf eine neue „Geschäftsreise“ nach Hamburg unternommen hat, ebenfalls die Reise nach Hamburg an. – Während in der Java-Bar großer Betrieb herrscht, ereignen sich in den Geschäftsräumen der Firma „Rudiny, Alvarez & Co.“ seltsame Dinge. Zuerst erscheint Max Andersen, um sich von Irene loszusagen. Irene, die gar nicht an eine Trennung denkt, verschwindet mit ihm im Schlafzimmer. Gleich darauf betritt Rudolf Möller das Büro. – Auch der Weinreisende Lehmann erscheint und tritt sehr ungeniert als Teilhaber auf. – Um die Verwirrung noch größer zu machen, taucht ein Südamerikaner namens Diego auf, ein früherer Geschäftsfreund der erloschenen Firma Rudiny, Alvarez & Co., und bietet eine preiswerte Sendung exotischer Tiere an, von denen er gleich einige Musterexemplare mitgebracht hatte. – Signor Diego hält Irene, in die er sich sofort mit dem ganzen Temperament seiner Rasse verliebt, für die Frau Möllers. Max Andersen, der nicht mehr ganz nüchtern ist, wird vor Möller von Irene in der Telefonzelle versteckt Er glaubt in seinem Schwips, in einem Hotelzimmer zu sein, macht es sich bequem, zieht sich aus und hängt seine Sachen vor die Tür der Telefonzelle. – Das ist natürlich der ungünstigste Moment für den Besuch der Frau Kitty und Annemarie. In seiner Angst stellte Möller Irene als Frau seines Sozius Rudiny vor. Der Weinreisende Lehmann ist auch mit dieser Rolle sehr zufrieden. Annemarie entdeckt Max, dem es in der Telefonzelle zu heiß geworden ist und nur der Geistesgegenwart von Peters gelingt es, die Firma wenigsten vorläufig zu retten. Heimlich öffnet er die Musterkiste von Diego, und vor den ausbrechenden Schlangen, Krokodilen und Eidechsen ergreifen alle die Flucht. Signor Diego, der sich sterblich In Madame Irene verliebt hat, wird von Frau Kitty über den wahren Sachverhalt aufgeklärt und beide vereinen sich, mit Hilfe von Madame Irene ihrem Mann einen gehörigen Denkzettel zu geben. Rudi und Max erhalten zu gleicher Zeit die Einladung, zu einer bestimmten Zeit in der Java-Bar zu erscheinen. Ihr Erstaunen ist nicht gering, als sie Frau Kitty und Annemarie, als scharmante Bardamen umringt von jungen lustigen Herren, entdecken. Außer sich vor Eifersucht, stürzt Rudi davon. Kitty folgt ihm, und es kommt zwischen beiden zu einer Aussprache. Sie finden sich wieder unter einer Bedingung: Auflösung der Liebesfiliale.
Kritik (-r., Film Kurier #287, 12/08/1931):
– und nicht einmal nach einem Bühnen-schwank, – – sondern ein Possen-Original schrieb die Firma Wassermann und Schlee.
Wer auf Mädchenhändler oder so tippt, schießt fehl.
Denn die „Filiale“ wird gegründet, damit ein leichtsinniger, junger Ehemann mit seiner früheren Freundin in Hamburg Sekt trinkt und Schlager singt. Die Gattin indessen tröstet sich mit „vier Liebesnächten“ . . . ein lasterhafter Film also? Pardon, bei der Gattin handelt es sich um Lotte Neumann und die „vier Liebesnächte“ entpuppen sich als Titel eines Romans, den die Dame heimlich schrieb. Mit Erfolg natürlich – 50. Auflage. Außerdem bleibt ihr Verleger im Haus, er verlobt sich mit der Schwägerin seiner Autorin.
Ins traute Familienleben wird trotzdem viel Unruhe gebracht, denn für die „Liebesfiliale“, die Johannes Riemann in flotter Spielmanier eröffnet, müssen der mißtrauischen Gattin Kompagnons serviert werden – Anlaß zu drastischen Verwechslungsszenen. Hermann Picha, Hans Schüren, Max Wilmsen haben dabei dankbare Episoden.
Der Possenwirbel dreht sich aber um den Hamburger Vamp aus der Java-Bar, der schließlich nach Brasilien entführt wird.
Reizend diese Madame Irene – denn Anny Ahlers spielt sie, jetzt filmgewohnt und offenbar schon ein Liebling – auch des Kinopublikums.
Ueber die meisten Lacher des Abends quittiert Paul Westermeier, als treuer Stabstrompeter in Zivil hinter seinem ehemaligen Rittmeister her, – er trompetet sehr ulkig, er und seine Autoren sind mit Berliner Mutterwitz bedacht. Das Ehepaar: Johannes Riemann und Lotte Neumann, die heiteren Nebenspieler: Max Schipper und Yvonne Albinus.
Die Inszenierung von Carl Heinz Wolff sichert sich gute Musik (Reisfeld und Egen) für das entsprechend besetzte Ensemble. Wo die Possen Situation auf der Höhe, beweist auch der Regisseur seine Routine.
Ein paar Krokodile, in der „Liebesfiliale“ vom eifersüchtigen Südamerikaner losgelassen – Kurt Fuß spielt ihn ausgezeichnet – wirbeln den Film mehr durcheinander als Jazzmusik und Kognak-Serien – – das Publikum ist da sehr zufrieden und spendet Zwischenbeifall mitten ins Spiel. Auch zum Schluß Applaus.
Muschner und Hansen an der Kamera, Ton: Walter Rühland, musikalische Leitung: Dr. Günther, Bauten: Hermann und Günther.