
Originaltitel: Hilfe! Überfall! (Alarm um Mitternacht.) Kriminaldrama 1931; 81 min.; Regie: Johannes Meyer; Darsteller: Hans Stüwe, Gerda Maurus, Hans Brausewetter, Otto Wallburg, Eva Schmid-Kayser, Hermann Vallentin, Veit Harlan, Hugo Fischer-Köppe, Harry Nestor, Siegfried Berisch; Lothar Stark-Tobis-Klangfilm.
Ein Bankeinbruch, ein Eisenbahnraub, die Ermordung eines Kriminalkommissars . . . Taten der gleichen Bande, mit der eine elegante Frau im Bunde zu sein scheint, welche einem Kollegen des Ermordeten nahe steht. Schließlich stellt sich heraus, daß sie nur um ihren, in die Affäre verwickelten, Bruder gebangt, der Auftraggeber der Verbrecher und Mörder aber ihr Onkel und Adoptivvater ist.
Zusammenfassung
Bei einem Bankeinbruch wird stiller Alarm ausgelöst. Die Polizei kann jedoch nur den Einbrecher Matrosen-Emil verhaften, während dem eigentlichen Täter die Flucht durch die Räume einer Pension gelingt. Hier hat er Rauchbomben geworfen, in deren Schutz er entkommen kann. Die Kriminalkommissare Braun und Bremer finden in einem der Zimmer eine junge Dame namens Irene Matthes vor und bringen sie noch in der Nacht zu ihrem Onkel, dem reichen und schrulligen Karl Matthes. Die Verhöre Emils verlaufen ergebnislos. Das Verbrechen deutet in seiner Art auf einen Täter hin, der unter dem Namen der „Schränker“ bekannt ist. Dieser Verbrecher befindet sich aber noch einige Tage in Haft. Daher wird er nach seiner Entlassung beobachtet. Bei weiteren Nachforschungen in der Pension trifft Kommissar Bremer zu seiner Überraschung Irene Matthes wieder, in die er sich verliebt hat. Da sie sich offenbar auch für ihn interessiert, begleitet sie ihn zum Bahnhof, wo er am gleichen Abend einen Goldtransport mit der Eisenbahn überwachen soll. Auf dem Bahnhof treffen sie Braun, der den „Schränker” im Wartesaal beobachtet hat. Auch Braun ist in Irene verliebt, und so ist er einen Augenblick unaufmerksam. Diesen Moment benutzt der „Schränker” zur Flucht. Während der Fahrt wird der Zug mit dem Gold ausgeraubt. Die Tat, die ebenfalls dem „Schränker“ zugeschrieben wird, wurde mit Hilfe eines Flugzeugartisten durchgeführt. Die Spur, die Bremer findet, führt ihn in einen Zirkus, in dem er zu seiner Überraschung Irene und Braun trifft, die sich die Vorstellung ansehen. Anschließend besucht man zusammen ein Verbrecherlokal, weil dort auch der verdächtige Artist verkehrt. Hier taucht auch der „Schränker“ auf. Seine Verhaftung wird jedoch von Irene verhindert. Bremer muß nun zum Polizeipräsidium fahren. Er bittet daher seinen Kollegen Braun, Irene sofort nach Hause zu bringen. Als Bremer auf dem Präsidium eintrifft, erfährt er, daß Braun im Lokal erschossen wurde. Zu seinem Erstaunen muß er feststellen, daß sich unter den zu Vernehmenden auch Irene befindet. Fast glaubt er schon, daß sie die Hauptschuldige ist, als er im Treppenhaus einen unscheinbaren Fund macht, der ihn auf eine neue Spur führt. Noch in dieser Nacht kann er den Mord und die übrigen Verbrechen aufklären.
Kritik (-g., Film Kurier #253, 10/28/1931):
Bei diesem Film eilt es, wie bei so manchem in dieser Saison, die Frage aufzuwerfen: Gab es einen Produktionsleiter und warum hat dieser den Kardinalfehler, den jeder Kinobesucher nach einmaliger Besichtigung herausfindet, nicht entdeckt?
In diesem Kriminaltonfilm ist manches gut, so die Darstellung, so die Regie von Johannes Meyer.
Die Grundidee ist mäßig, aber nicht unbrauchbar. Man führt einen Bankeinbruch vor, dann, sehr spannend, die Beraubung eines Goldtransportes, schließlich wird noch ein Kriminalkommissar erschossen. Täter ist, nach berühmter Wallace-Manier, der, den der Verdacht des Publikums am wenigsten trifft. Schön, das erhöht die Spannung.
Aber nachher, nach der Entlarvung des Harmlosen, muß man doch dem Publikum klar machen, wieso und warum er der Schurke ist. Die Tatsache, daß einer 7 1/2 Akte offensichtlich nichts mit den Verbrechen zu tun gehabt hat, ist doch noch kein Grund, ihn im letzten halben Akt als Herrn der Unterwelt erscheinen zu lassen. Der Film ist zwei Akte zu früh aus; wenn das Publikum wissen will, worum sich die Geschichte überhaupt dreht, wie sich viele Ereignisse erklären lassen, wer beispielsweise der Haupttäter beim Bankeinbruch war, wird das Kino hell.
Es kann sein, daß die Autoren, in diesem Fall Jane Beß und Paul Bayer, nach wochenlanger Arbeit an einem Manuskript die Distanz zu den Vorgängen verlieren. Für den Regisseur läßt sich ebenfalls eine solche Entschuldigung konstruieren. Für die Produktionsleitung nie. Sie hat klaren Kopf zu behalten.
Johannes Meyer erweist an zahlreichen Details seine Eignung für Kriminalfilme. Die Untersuchungsmethoden der Polizei werden mit raffinierten Details demonstriert, die Spannung wird geschickt gesteigert, die Dialogführung ist auf nüchterne Sachlichkeit eingestellt.
Gerda Maurus in der weiblichen Hauptrolle macht durch Spielsicherheit eine sehr konstruierte Figur einigermaßen glaubhaft. Hans Stüwe ist diesmal gelockert, sein Kriminalkommissar ist eine ansprechende Leistung. Otto Wallburg blubbert munter in das Mikrophon hinein. Hans Brausewetters Jungenhaftigkeit berührt sympathisch. Herrmann Vallentin flößt als Kriminalrat Respekt ein, Eva Schmidt-Kayser hat ein paar nette Momente. Sonst sind noch zu nennen Hugo Fischer-Koeppe, Veit Harlan, Hairry Nestor.
Der Film ist mit erheblichem Aufwand hergestellt. Es gibt sehenswerte Zirkus-Szenen, darunter einen hervorragenden Luft-Akt. Der Betrieb in einem Verbrecher-Lokal ist mit erfreulicher Sachlichkeit gestaltet.
Photographie: Karl Drews. Musik: Dr. Felix Günther, Ton: Max Kagelmann.
Ein Schulz- und Wüllner-Film im Mondial-Verleih.