
Originaltitel: Keine Feier ohne Meyer. (Der Heiratsvermittler. Hotel zur stillen Liebe.) Posse 1931; 88 min.; Regie: Carl Boese; Darsteller: Sig Arno, Ralph Arthur Roberts, Dina Gralla, Maly Delschaft, Lucie Englisch, Adele Sandrock, Kurt Vespermann; Aco-Tobis-Klangfilm.
Ein junger Mann vermittelt Ehen, bringt sie auseinander, assistiert bei Hochzeiten. Alles nach letztem Tarif. Die Tücke des Zufalls will es, daß er am Ende diverser Verwicklungen die ihm selbst zugedachte Braut einem Freunde zurführt.
Zusammenfassung
In einer kleinen Villenstadt Mitteldeutschlands lebt seit kurzem ein Herr Siegmund Meyer. – Man weiß eigentlich nichts Näheres von ihm, aber er gehört schon zum Stammtisch der Honoratioren . . . er ist in den bürgerlichen Kreisen als gleichberechtigt aufgenommen, . . . er erzählt nämlich, daß er einige große Fabriken besitze . . . er ist also ein reicher Mann . . . Tatsächlich – und das weiß die ganze Stadt – fährt er ja auch jeden Morgen in die nur eine halbe Bahnstunde entfernte Großstadt . . . und Abends kommt er dann wieder zurück . . . und so ist man in dem kleinen Villenstädtchen restlos davon! überzeugt, daß dieser Herr Meyer trotz seiner Jugend ein sehr respektabler Mensch ist, dem man in jeder Beziehung Hochachtung entgegenbringen kann. – Aber –: was die ganze kleine Stadt nicht weiß . . . sobald Herr Meyer in die Großstadt gekommen ist, . . . geht eine seltsame Veränderung mit ihm vor . . . in der Kleinstadt sieht er bürgerlich aus, – und hier, in der Großstadt, wie ein Dandy . . . – Tatsächlich hat er ein Büro, sogar mit einer „Sekretärin“, – „MEYER“ steht an der Tür, worunter man sich alles und auch nichts vorstellen kann. – Er ist nämlich Heiratsvermittler, . . . er arrangiert Bekanntschaften . . . er stiftet Ehen . . . er sorgt auch für Scheidungen, wenn es nötig ist . . . kurz gesagt: Er macht alles.
„Keine Feier ohne Meyer,
Ohne Meyer geht es nicht.
Alle Sachen kann er machen,
Meyer tut stets seine Pflicht.
Wie es auch kommt,
Der Meyer, der ist wichtig,
Wo Meyer ist,
Nur da allein ist’s richtig.
Keine Feier ohne Meyer,
Ohne Meyer geht es nicht.“
Jeden Tag hat Meyer mindestens drei Trauungen als Zeuge beizuwohnen, . . . manchmal verwechselt er die Namen,. . . manchmal die Ringe,. . . aber zum Schluß klappt doch alles, – noch ehe der Standesbeamte die letzten Worte gesprochen hat, rast Meyer schon wieder im Auto zum nächsten Standesamt, wo man ihn schon sehnsüchtig erwartet. – Und wenn er abends dann erschöpft in die kleine Villenstadt zurückfährt, wird die verwegene Krawatte mit einem soliden Binder vertauscht, – der großkarierte Anzug verschwindet im Koffer, – umgibt er sich wieder mit der Hülle solider Bürgerlichkeit. . . und der Fabrikant Meyer ist wieder da. . . Und um diesen Nimbus einer soliden Persönlichkeit um sich zu haben, macht Meyer diesen Schwindel . . . denn, und das soll vorkommen, Meyer ist verliebt bis über beide Ohren in die Tochter des Stadtrates Goebel, der zu den angesehensten Leuten der kleinen Villenstadt gehört.
Der Heiratsvermittler Meyer hätte natürlich nie Aussicht, Gnade vor den Augen des Stadtrates zu finden, denn dieser Herr legt auf die gesellschaftliche Stellung einen außerordentlichen Wert. . . und deshalb mußte Meyer zu dem kleinen Schwindel greifen, denn ein „Fabrikant“ ist eine seriöse Partie. – Die Sache hat nur einen kleinen Haken, denn Mary Goebel kann den Meyer nicht ausstehen . . . und wenn auch über dieses Thema die größten Familienkrachs entstehen – unter starker Beteiligung der Baßstimme der Großmutter, die das Regiment im Hause führt –, . . . so läßt sich doch Mary nicht kleinkriegen, zumal sie schon in einen netten Jungen verliebt ist, – aber das weiß niemand. . . – das ist ihr ganz kleines Geheimnis. . . – Siegmund Meyer sieht indessen mit den schönsten Hoffnungen in die Zukunft. . . der Herr Sudtrat hat mit ihm schon über Mary gesprochen . . . alles scheint in schönster Ordnung . . . im Büro sitzen wieder ein Halbdutzend Klienten, – jedes Empfangszimmer ist mit einem Pärchen besetzt,. . . Siegmund eilt glück- und segenstiftend von einem Raum in den andern, – da, wie er über den Korridor geht. . . wer steht vor ihm: Herr Sudtrat Goebel – Eben ist er angekommen. . . er wollte sich nur einmal den Betrieb seines zukünftigen Schwiegersohnes ansehen. . . aber schon der erste Eindruck war äußerst angenehm. – Siegmund hat nämlich ein paar Zimmer in einem riesigen Büropalast, wo viele große Firmen ihre Büros besitzen. . . – Einen Moment ist Meyer fassungslos. . . in seine eigenen Büroräume kann er Goebel doch unmöglich führen. . . aber im nächsten Augenblick hat der brave Junge schon einen Ausweg gefunden und führt den zukünftigen Schwiegervater mit der größten Selbstverständlichkeit, die er überhaupt aufbringen kann, durch die – neben seinen Zimmern liegenden – riesigen Büros der „Rheinischen Suhlwerke“. – Er kommt in die schlimmsten Verwicklungen . . . aber immer wieder gelingt es ihm, aus den gefährlichsten Situationen zu entwischen und Herrn Goebel zu bluffen, so daß dieser von der Tüchtigkeit, von dem technischen Wissen, von dem kaufmännischen Können des Meyer ganz begeistert ist . . . – Eines Tages bekommt Meyer den Besuch eines alten Freundes, den er lange nicht gesehen hat.. . dieser Walter ist nämlich in eine Affäre geraten, in der ihm nur Meyer helfen kann . . . – Walter hat sich nämlich in ein entzückendes Mädel verliebt . . . doch der Vater will nicht, . . . der will sie mit irgendeinem reichen Trottel verheiraten . . . und dabei sind sich die beiden jungen Menschen einig –.
Nun – Siegmund Meyer ist ja Spezialist für schwierige Fälle. Er entwirft auf Grund seiner Kartothek sofort einen Feldzugsplan. . . Walter soll das Mädel entführen . . . mit ihr in einem Hotel absteigen. . . das Mädel rettungslos kompromittieren. . . den Vater benachrichtigen. . . – Walter ist einverstanden. . . er will sofort seinem Mädel Bescheid sagen, das ihn in der Stadt erwartet. . . und wer ist es? Mary Goebel! – Die beiden sind überaus glücklich,. . . zwar können sie sich nur selten treffen . . . aber um so schöner ist es! . . . Walter erzählt ihr natürlich sofort von dem Plan, sie zu entführen, – natürlich ohne zu sagen, von wem die Idee stammt –, und Mary sagt zu allem ja, wenn sie nur ihren geliebten Walter bekommt:
„Nur wenn du willst,
Werd’ ich dich küssen.
Nur wenn du willst,
Bleib’ ich bei dir.
Du wirst bestimmt dran denken müssen,
Drum sage heimlich ja zu mir.
Denkst du dann oft in spät’ren Jahren
An unsere Liebe, unser Glück.
Nur wenn du willst,
Werd’ ich dich küssen.
Der erste Kuß kehrt nie zurück!“
Meyer hat inzwischen etwas Furchtbares durchgemacht, seine langjährige Sekretärin, übrigens eine hübsche, fesche Person, hat gekündigt und ist sofort gegangen, nicht ohne das Arbeitsamt wegen Ersatz zu verständigen, und nun muß Siegmund alles allein aufstellen für die Sache „mit seinem Freund Walter“ . . . vom gemieteten Auto bis zum Verlobungsring wird alles ausgearbeitet. – Die neue Sekretärin kommt . . . es ist ein unfaßbar dummes Kind vom Lande . . . und da sie sich Marie nennt, glaubt Meyer im Drang der Geschäfte, daß dieses die Braut seines Freundes Walter ist, er instruiert die Ahnungslose, wie sie sieh zu kompromittieren hat, er läßt das arme Mädchen gar nicht zur Besinnung kommen und fährt mit ihr einfach in das Wochenendhotel, wo das Verhängnis nun seinen Lauf nimmt. – Inzwischen hat der Vater den Zettel seiner durchgebrannten Tochter gefunden,. . . er fährt auch in das Wochenendhotel, und hier klärt sich nach vielen Komplikationen alles auf . . . Goebel sieht, was Meyer wirklich ist . . . Meyer entdeckt, daß er sich selber Mary abgejagt und sie mit seinem Freunde Walter zusammengebracht hat. . . Es kommt zu einer Kette komischer Komplikationen, die schließlich damit enden, daß Meyer seinen Freund mit Mary glücklich macht, selbst aber mit seiner Sekretärin fürlieb nimmt.
Kritik (-e-, Film Kurier #253, 10/28/1931):
Meyer (mit ey) – eine Großstadt-Type – solistische Wirkungsrolle für Arno; er vermittelt Ehen, vereint dabei die widerspenstigsten Bewerber, hilft beim Standesamt, bei der Hochzeitsfeier, überall als Schönredner und Schnellhelfer dabei, das personifizierte Tempo in allen Lebenslagen – – nur selbst kann er sich nicht helfen, unfreiwillig dienen er und sein Institut sogar dazu, die Braut, auf die er selbst losging, dem andern, dem Freunde, zuzuschanzen. Ein rechter Possenstoff, der unter der Bearbeitung; von Curt I. Braun und Fritz Falkenstein Grotesk-Formen annimmt und durch den Komiker Arno im Bunde mit dem galligen Spießer Ralph Arthur Roberts (der alle fünf Minuten hörbar explodiert) seine Belustigungsprobe besteht.
Der schlichte Meyer ohne Firmenbezeichnung muß seinem Schwiegervater in spe ein Riesen-Unternehmen, dem er angeblich als Generaldirektor vorsteht, vorgaukeln und vorführen.
Geistesgegenwärtig führt er ihn durch die nachbarlichen Räume der großen Stahlwerke, jongliert den Alten durch dichtbesetzte Büros an den staunenden Angestellten vorbei, gibt Orders, schnauzt einher, – die verdutzten Beamten wähnen, so könne wohl nur ein neuer Aufsichtsrat regieren. Sehr komische Passagen – und Arno, in schwebender Pein, entdeckt zu werden, bewältigt diesen Schlagerakt in seiner fidelen Art. wobei Roberts Glück aus allen Poren strahlt.
Den Autoren, wie dem ganzen Film muß besonders zugute gehalten werden: Es ist ein Originalstoff. Gustav Althoff beerbt nicht Arnold und Bach, er läßt dem Autoreneinfall freien Lauf. Es geht also auch so, selbst beim anspruchslosesten Genre, geht sogar besser als bei den der Theaterform nach kopierten Schwänken.
Noch eine Besonderheit. Lucie Englisch. Diesmal bewußt als Unikum herausgestellt, erscheint entsetzlich doof-vertrampelt, versteht alles miß und unterzieht sich einer Kartoffelsalat-Kur, bei der der Zuschauer vor Lachen gleichfalls Magenschmerzen erhält. Triumph ihrer Charakterisierungsgabe. So was von einem Häufchen Unglück hat man noch nicht gesehen.
Carl Boese bringt Tempo in die vielen belebten Szenen – – vor Gericht, am Spießerstammtisch, im Durcheinander der Wartezimmer Meyers, im Ausflugshotel, am Wannsee. Althoff, der Produktionschef, sorgt für ausgeglichene Technik. Ton: Dr. Seidel, Kamerameister: Gottschalk, Montage: Hildegard Grebner, Bauten: Hermann und Günther Sogar gefällige Musik dabei, für deren Qualität Arthur Guttmann bürgt.
Vermerkt man noch im figurenreichen Ensemble Adele Sandrock, Dina Gralla (mit immer noch bemerkenswerten Sprachreizen), Curt Vespermann, Maly Delschaft, Else Reval, Berisch, Behmer, Krehan, so sind Rahmen und Wirkungsmöglichkeit der Posse genügend angedeutet. Man wird sie gern im Repertoire spielen. Arno hat seine Gemeinde – und Gustav Althoff als Kinomarke, hat sie auch, – nicht nur im Uraufführungstheater, wo lebhafter Beifall, Hoch- und Bravo-Rufe die Premierenfeier für Meyer belohnten.
Althoff-Erfolg von Kino zu Kino.