Girls to Marry

Originaltitel: Mädchen zum Heiraten. Musikalisches Lustspiel 1932; 99 min.; Regie: Wilhelm Thiele. Darsteller: Renate Müller, Hermann Thimig, Wolf Albach-Retty, Gustl Gstettenbaur, Fritz Grünbaum, S. Z. Sakall, Oskar Sima, Gertrud Wolle, Margita Alfvén, Willi Grill; Felsom-Klangfilm.

Die Tonmixerin einer Schallplattenfabrik liebt einen Kollegen, der sich für ein reiches Mädchen bedrohlich interessiert. Sie schmuggelt sich als Haushälterin in sein Heim, macht ihn dann etwas eifer­süchtig, erhält schließlich den ersehnten Heiratsantrag.

Zusammenfassung
Gerda Arnhold ist in einem Grammophongeschäft angestellt. Sie liebt ihren Kollegen Robert Goll, den Propagandachef der Firma. Als sie eines Tages erfährt, daß Robert, sich für das reiche Fräulein Holbach interessiert, nimmt sie kurzerhand vierzehn Tage Urlaub und tritt bei Goll, der mit zwei jüngeren Brüdern lebt, als Wirtschafterin ein. Auf diese Weise lernt Goll das Mädchen kennen und ihre häuslichen Vorzüge schätzen. Als ein biederer Landwirt sich um die Hand Gerdas bewirbt und Gerda – zum Scheine – wirklich „Ja“ sagt, läßt Robert alle früheren Pläne im Stich und bittet Gerda, seine Frau zu werden.

Kritik (-ger., Film Kurier #090, 04/16/1932):
Ein voll genutzter Renate-MüIler-Erfolg.
Man blickt hin und erwartet etwas bei diesem Titel:
Die Komödie eines Mädels von Heute.
Ob sie in der Wunschtraumsphäre der Privatsekretärin schweben oder als realerer Zeit-Typ handeln würde, wäre gleichgültig, aber eine „Geschichte“ könnte, doch noch deutlicher gemacht werden, irgendeine „Idee“ des Mädchens, das die Heirat erzwingt (der bezähmte Widerspenstige oder das Fräulein in der Junggesellengrube) – – wenn man schon eine so sinnlich-gegenwärtige, ganz untänzerische, natürliche Frau wie die Renate Müller als Modell hat.

In einem kleinen Bogen steppen die Autoren – Henry Gilbert und Franz Schulz – an der Stoff-Vertiefung vorbei. Nur nicht zu klug, glaubhaft, wahrscheinlich werden. Denken tut weh, dramaturgische Logik schadet dem Geschäft, „Sinn“-Spiel nun gar noch.
Das muß erst mal wieder einer vormachen, bis die Gattung des heiteren, schon im stofflichen Grundriß witzigen, absichtsvollen Lustspiels erlaubt ist.
Von Franz Schulz erlebt man’s nicht mehr? Oder hat er, – was oft auch Robert Liebmanns Tragik – nur die Bearbeiter-Pflicht eines Theaterstücks (von Stephan Zagon) mit betriebsamer Eile und geschickten Näh-Fähigkeiten zu erfüllen?
Viele Ansätze sind da, reizvolle Episoden, lebenslustige Passagen. Das spricht für die Autoren.
Resolut erobert sich das Tonmixer-Fräulein ihren Kollegen zum Gatten. Der junge Bürgersmann von Heute ist schon so, wie Hermann Thimig seinen Robert Goll spielt: ein bißchen verbummelt im Dienst (Frauen sind ja viel pünktlicher!), etwas salopp im Privaten, ohne viel Nachdenken, mit einem Schuß resignierter Gleichgültigkeit.
Die Müllerin rückt seinen beiden Brüdern auf die Bude und entfaltet, um den Aeltesten zu kapern, Hausfrauentugenden: Großreinemachen und Kochkunst. Das verführt ihn halb und das Brüder-Terzett verlebt den lustigsten Abend zwischen Bett und Sofa.
Diese Komödien-Passagen Schlafzimmer an Schlafzimmer, geben dem Film Jugend-Laune, innere Frische, echte Naivität, Unbekümmertheit
Wolf Albach-Retty und Gustl Stark-Gstettenbaur folgen als freundliche Brüder in lustigster Weise ihrem gesetzten Hermann Thimig, der im Kampf mi Schweinebraten, Sex apeal und Liebe selten so echt war.

Diesen eigentlichen Lustspiel-Kern hat man mit einem drastischen Komiker-Schwank verbunden: „Alle Ehen werden durch Bernstein geschlossen.“ Heiratsvermittler-Geschichten, bei denen Fritz Grünbaum den männlichen Bernstein des Glücks-Anstoßes spielt, sein Assistent, Willy Grill, mit fast dämonischer Dämlichkeit ein bedeutendes Sonder-Talent aufdeckt (ein ernsthafter Spaßmacher, ein Darsteller, der durch neue Belustigungsformen bereichert) und Szöke Szakall aus Lobowitz, der sich für die Braut tonfilmen lassen muß, ein Filmchen im Film, bejubelt von jedem Publikum. Die so beliebte „echte“ Type stellt Gertrud Wolle mit Spielvergnügen dazu, eine Haushälterin, die sich nicht gewaschen hat. Oskar Sima wieder einmal ein freundlicher Chef.
Also ein sehr reiches Ensemble um Renate Müller –.
Die – schon von sich aus allein zu hundert Prozent die Zugkraft des Films garantiert. Man hat sie selten gezeigt – und so freut sich alles Kino-Volk über die Begegnung. Wirkung aus unaffektierter, ungezierter Geradheit. Dabei kein langweiliger Zug an ihr; Beweis, daß auch in Deutschland der „Pfeffer“ wächst. Liebevoll ruht Otto Kantureks Kamera (der mit B. Timm arbeitet) auf ihrem Antlitz.
Sie hat wieder ihr Tralala-Liedchen, mit dem sie uns diesmal so glücklich machen will. Sie schnurrt wie ein vergnügtes Tierchen. Kein großes Aufheben von ihrer Vergnügtheit. Deshalb belustigt sie wirklich.
Sie hemmt auch instinktiv Wilhelm Thieles Tanzfreude, der nach Metern gezählt den Rekord im Dauer-Tanz beim Film hält. Mancher Hopser geht dabei ins Leere, manches einexerziert, zu gestellt. Er muß sich auf das innere Allegro der Szene besinnen, wenn er zu oft vor seinen eigenen Schöpfungsideen verliebt dasteht. Mit Hans Jacoby, dem Architekten, stellt er gern überreichen Milieu-Schmuck vor die Kamera.
Seine Inszenierung gehört trotzdem zu den gekonntesten. Aus der Regie-Krise, die heute ahnt wird er sich als einer der ersten zu einem eigenen klaren Stil finden. Ihm fehlt nur ein Tropfen künstlerischer Ehrlichkeit vor jedem Bild. Er schielt so gern nach dem (vermeintlichen) Glück in Oel-Druck – und wo liegen die größten Lacher dieses Films? Dort, wo er echt.

Musik und Ton (Dr. Leistner) runden den günstigen Gesamteindruck. Michael Krausz, dessen „Lindenwirtin“ so populär, lehnt sich an, doch er ist nicht ausgeschrieben. Seine Melodien liegen in der Luft, man nimmt sie den Sängern vom Munde. (Bemerkehrwert die orchestrale Wiedergabe durch „Melody Gents“, Mikro-Jazz-Orchester; Leitung Paul Hühn.)
Ein Publikumserfolg. Schlagermelodien begleiten ihn. („Mädchen zum Terminieren“.) Die Müller ist des Kinos Lust.

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