Masters of the Stream

Originaltitel: Die Wasserteufel von Hieflau. Sportdrama 1932; 77 min.; Regie: Erich Kober. Darsteller: Hilde Gebühr, Walter Edthofer, Willy Clever, Dina Gralla, Teddy Bill, Hugo Fischer-Köppe; Kober-Universal-Klangfilm.

Kajakfahrer verschiedener Nationalität kampieren im Freien, baden, schwimmen, fahren in Gruppen flußabwärts, retten ein Kind. Paare die nicht zueinanderpassen, gruppieren sich um. Ein netter Junge bleibt allein zurück.

Zusammenfassung
Kurt Steffen will im Faltboot den englischen Kanal überqueren und gerät in einen furchtbaren Sturm. Mutterseelenallein in seiner Nußschale kämpft er sich durch die haushohen Wellen. Seine Freundin Inge wartet in angstvoller Spannung auf die erlösende Nachricht, daß Kurt gerettet ist. Sie wollte per Flugzeug nach England fliegen, um ihn drüben zu erwarten, befindet aber die Nachricht, daß der Flugverkehr wegen der schweren Stürme über dem Kanal eingestellt sei. Vor dem angestellten Radio geht sie auf und ab, verfolgt von den Blicken des treuen Neufundländer-Hundes, den sie für die Dauer von Kurts Abwesenheit bei sich hat. Der Trainer des Faltboot-Clubs und zwei Freundinnen leisten ihr Gesellschaft. Die atemlose Spannung löst sich unter der befreienden Mitteilung des Ansagers im Lautsprecher, daß Kurt die englische Küste erreicht hat.
Das ungeheure Wagnis ist überstanden: Kurt Steffens Name hallt durch die Welt, und jubelnd empfängt den Zurückgekehrten der Faltboot-Club in echt studentischer Weise.
Und nun sind Ferien, und die langgeplante, fröhliche Ferienfahrt im Faltboot durch die schöne Steiermark beginnt: Mitten im Lagerleben sind wir und sehen die frohe Jugend in Zelt und Boot. Eine Schar von jungen Menschen, in reizender Kameradschaft einander verbunden, leben einige Wochen lang das ungebundene, freiheitsselige Leben, das der Faltbootsport bietet. Eine bunte Gesellschaft ist beisammen: leidenschaftliche Sportler, Burschen und Mädels, hie und da auch eine Großstadterscheinung, die durch Zufall oder aus Neugierde in die lustige Gesellschaft geraten ist; Liebelei, Eifersucht neue Bekanntschaften lassen Langeweile nicht aufkommen, und die frohe Ferienstimmung bleibt immer gewahrt. Unter Führung von Kurt nähert man sich immer mehr dem „Gesäuse” und der gerühmten „Hieflauer Höhle”, jenen Teilen der wilden Enns, die für unbefahrbar gelten. Kurz vor dem Gesäuse-Eingang trifft Inge auf ein einzeln stehendes Zelt: Gustel, ein junger Wiener und leidenschaftlicher Paddler, ist von Wien aus ebenfalls an die Enns gefahren, um die wilde Fahrt im Faltboot zu machen, begleitet von der kleinen Gisel. Gisel hat zum Faltbootsport nicht die geringste Beziehung. Sie ist Maniküre in einem eleganten Wiener Frisiersalon und hat die Fahrt im Faltboot wohl nur deshalb gemacht, weil sie in Gustel verschossen ist, sehr zum Leidwesen von Fritz Pomeisl, dem Sohn ihres Chefs, der seinerseits Gisel absolut heiraten will. Wie’s nun so kommt: der bildhübsche Gustel macht Inge Eindruck. Dazu kommt, daß sie sich von Kurt vernachlässigt fühlt, der während der ganzen Fahrt wirklich nur den Sport im Auge hat. „Du hast den Faltboot-Fimmel.” hat Inge ihm einmal ärgerlich gesagt, und da in diesem Augenblick auch der eifersüchtig Fritz Pomeisl zu Gustel und Gisel stößt, muß Inge notgedrungen Gustel in ihrem Boot mitnehmen – – –
Tanz im Dorf-Wirtshaus. Selig dreht sich Inge mit Gustel im Wiener Walzer. Drohend steht Kurt, der sich durch die Tanzenden geschoben hat, um die Auseinandersetzung mit dem Eindringling Gustel herbeizufahren, hinter ihnen, Da ertönt ein gellender Schrei: „Ein Kind treibt auf der Enns!“
In der Gruppe der Paddler ist ein junges Ehepaar, das sein dreijähriges Kind im Boote mit sich führt. Schon wiederholt hat die Kleine den Versuch gemacht, heimlich ins Boot zu gelangen und „allein” zu paddeln, und während die Eltern tanzen, ist es ihm endlich gelungen. Ahnungslos treibt das kleine Mädchen dem furchtbaren Gefälle der wilden Hölle zu. Nur Pascha, der treue Neufundländer, der unten Bootswache hält, schwimmt ihm nach.
Auf den Schrei hin, der den Tanzenden oben Nachricht von der entsetzlichen Gefahr gibt, in der das Kind schwebt, stürzt Inge als erste in ihr Boot und versucht, das immer rascher dahintreibende Kind einzuholen. Kurt und Gustel, im Angesicht der Gefahr sofort versöhnt, springen in das erste beste vor dem Wirtshausgarten stehende Auto, um das dahintreibende Boot mit dem Kind zu überholen und an einer geeigneten Stelle aufzufangen, und die anderen stürzen am Ufer entlang, um irgendwie zu helfen.
Schon ist Inge nahe an das Boot des Kindes herangekommen, als ein furchtbarer Strudel das Boot des Kindes umwirft. In dem wilden Gefälle der Enns scheint das Kind rettungslos verloren. Da kämpft sich der treue Pascha zu ihr durch, und angeklammert an das lange Haar des Neufundländers wird die Kleine von dem riesigen Hund sicher ans Ufer geschleppt. Inge aber hat vor Schreck ihr Paddel unmittelbar vor einem mitten in der Enns Hegenden Felsblock verloren, auf den ihr Boot jetzt hilflos zutreibt. Steil richtet sich im Anprall gegen den Felsen das Boot auf und im nächsten Augenblick ist Inge von den tobenden Wassern in die Tiefe gezogen. Mit letzter Kraft erreicht sie eine flache Felsplatte und von den gurgelnden Wassern der wilden Enns umspült liegt sie ohnmächtig auf dem Stein. In halsbrecherischer Abteilung, die steilen Felswände hinunter, kommt Kurt zu ihr, und Gustel, der das Seil führt, sieht von oben, wie Inge und Kurt sich in langer Umarmung finden.
Da verläßt er still die Kameraden, und am nächsten Morgen steht er oben auf dem Felsen und sieht die
Flottille Kurts in jubelnder Fahrt an sich vorübergleiten. Ein frohes Winken von Kurt und Inge aus dem Boot, hinauf zu ihm, und ein Winken von ihm zurück zum Boot:
Frohe Fahrt!

Kritik (Hans Feld, Film Kurier #056, 03/05/1932):
Dem Volkssport des Kajakfahrens wird mit diesem Film von den Wassern der wilden Enns neue Anhängerschaft geworben.
Mit Recht: Denn um eine neue Jugend geht es. Die heraus will aus der Enge der Zeit und der Zeit-Verhältnisse in die Weite der Natur.

Das ist es, was dem Menschen der Großstadt nottut Entspannung, Rückkehr zu den alten Quellen der Kraft. Von dem Regenerierungsprozeß der im Wohnungselend, im Arbeitskampf über das Maß beanspruchten Körper hängt die Reaktion aufs Seelisch-Geistige ab.
In dieser Generation, für die der Sport zugleich Ueberbrückung der nationalen Begrenzung durch die Möglichkeit konnationaIen Austauschs von Wandergruppen bedeutet, liegt die Garantie einer besseren Zukunft.
Jungs und Mädels der deutschen Arbeitersportvereine, man trifft sie überall, auch im Ausland; wie man die Angehörigen entsprechender ausländischer Organisationen bei uns als Gäste sieht. Ihnen allen gemeinsam ist die praktische Durchführung einer Einstellung zur Welt, die sich durchsetzt: Nicht, obwohl ihre Sach’ auf nichts gestellt ist; sondern, gerade dank der Unbeschwertheit.
Das ist keine Frage der materiellen Mittel, viel eher eine blutsmäßige. Wem es nicht gegeben ist, wer es nicht in sich hat, das Sehnen, sich umzuschauen in der weiten Welt, der wird von diesem Zauber nie etwas spüren.
Der Film als Kunst der Massen darf an Zeiterscheinungen von so ausschlaggebender Wichtigkeit nicht Vorbeigehen. Er ist es der eigenen Weiterentwicklung schuldig, Kenntnis zu geben von der Entwicklung auch in diesem Lager.
Komt hinzu, daß man mit der Zeit bei einer Einreihung des Spielfilms in das Gesamtprogramm des Lichtspielhauses immer mehr von der Ueberschätzung dieses Genres abkommt.
Die Situationen des Nur-Menschen-Spiels sind, wir wissen es, nicht ins Unendliche auszutauschen. Die Möglichkeiten der Permutierung sind sogar recht beschränkt. Nicht daran liegt es, jedoch an der abgegriffenen Art der dramaturgischen Fixierung, mit der man jedweder Verlockung aus dem Wege geht, alte Situationen zum wenigsten neu zu formen.
Eine Lücke droht zu entstehen. Jetzt ist der richtige Augenblick, um die Starre des Schemas zu durchbrechen.
Längst hat der Film sich von der Tyrannei des Tons freigemacht. Die Apparatur ist gemeistert; der Weg in die Weite des Landes steht offen.
In diesem Sinne ist der Film der Universal-Leute ein begrüßenswerter Anfang.
Expedition ins Land einer Jugend, die sich nicht unterkriegen läßt. Die genau weiß, was sie will, wenn sie den Zwang maschineller Arbeit los ist. Mit jeder Freistunde wird gegeizt; die Erholungs-Minuten, sinnvoll genutzt, erhalten einen neuen Feier-Charakter.
Solche Anregung zur Debatte gestellt zu haben, ist ein Verdienst.

Wie leben sie, die Mädels und Jungens in der selbstgewählten Robinsonade? Vermögen sie wirklich den grauen Alltag der deutschen Gegenwart zu vergessen?
Ist es ihnen gegeben, einen Schimmer jener Mantrap-River-Romantik zu empfinden, den die amerikanische Jugend, unbelastet durch traditionelle Zerrissenheit von Jahrhunderten, ungeschwächt durch einen verlorenen Krieg, sich bewahren konnte –, bis zum Ende der Prosperity?
Viele Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind.
Aber just dieses Trennende herauszuarbeiten, Distanz zu finden auch zum Erlebnis vergangener Generationen, ist reizvoll. Die Zweck- und Ziellosigkeit der Eichendorff-Epoche ist zur Vergangenheit geworden. Zugleich ein Traum, der in der Wirklichkeit nur verzerrte Gestalt annehmen kann.
Wir kennen und fürchten sie alle, die Pathetiker des Waldeinsamkeit-Aposteltums, die Blümlein-Traut- und Sangesnarren. (Wer den Wald so hoch da droben aufgebaut, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Zeitgenossen von anno 52 wissen auch ganz genau, was das bedeuten soll, daß sie so traurig sind.)
Mit beiden Beinen auf der Erde stehen und deshalb diese Erde lieben, darauf kommt es an. Menschen erkennen, Zusammenhänge begreifen lernen; und in den Zeiten der Nichtarbeit oder der erzwungenen Untätigkeit sich stählen für die großen Auseinandersetzungen.
Keine andere Gattung der Kunst ist imstande, die gleiche Intensität des Lebens an den Betrachter mit einer suggestiven Kraft heranzubringen, die ihn zur Aktivität zwingt. (Und keine wird wie der Film, dazu ausgenutzt ein Dasein fern allem Wirklichen und Gedanklichen ertragbar zu schildern.)
Vorbedingung eines Films aus dem Sportleben also ist die Abgrenzung des Thematischen. Wasserteufel von Hieflau – sie sind nicht halb so höllisch, wie man sie betitelt damit ist der Gegensätze Fülle gegeben:
Gemeinverbundenheit oder Vereinsmeierei: neuer Eros zwischen den Geschlechtern; kleine Tragödie, Konflikte noch innerhalb dieser Welt für sich; Gegensätze der Mentalität zwischen den Gruppenahgehörigen verschiedener Völker. Dazu die stärkste Antithese von Stadtluft, die unfrei macht, und dem Sprung ins Freie.
Wichtig immer, daß die Einzelmotive kontrapunktisch miteinander verbunden werden. Daß der Sport an sich, das Bekenntnis zu des Körpers eigenem Geist, als Grundmelodie hörbar. Eine Regie-Aufgabe, die zur Vollendung stärkerer Kräfte bedarf, als E. Kober, unsicher in Szenengestaltung und Spielerführung, mitbringt.
Ein Kontrast entsteht solchermaßen, und während die Unverbildetheit junger Menschen über die Inszenierungsschablone triumphiert, geben Nordsee und wilde Enns einen bildhaft schönen Hintergrund. Viel Zauber geht dazu von den Darstellern aus.
Sie bewegen sich mitsamt ungezwungen, und die Kamera hat keinen Schrecken für sie. Oesterreicher und Deutsche haben ihre Filmunion. Und es spricht für die Zünftigen in Schauspielerschaft und Sportlertum, daß ihr Gehaben beim Uebertritt ins Gebiet des Anderen nicht fremd wirkt.
Da sind die beiden van-Elben-Schwestern, sehr gracil, die Frische und Blondheit der Hilde Gebühr, die junge Männlichkeit von Willy Clever und Walter Edthofer. Ein bißchen Sprechunterricht wird ihnen nicht erspart bleiben, wenn sie Professionals des Ton-Films werden wollen.
Die Belange der Branche werden von Hugo Fischer-Köppe and Teddy Bill gewahrt. Dina Gralla macht sich durch die Ungezwungenheit ihrer Drolerie angenehm bemerkbar. Und Paul Heidemann, textmäßig allzu stiefmütterlich bedacht, ersteht sich ein paar verdiente Sonderlacher.
Die Kameraleute haben eine dankbare Aufgabe. Ein Dreiblatt zeichnet dafür: Herbert Körner, Richard Angst, Ernst Kunstmann. (Der als Autor genannte F. Köllner (?) könnte seit dreißig Jahren beim Film sein; so einfallslos ist er.)
Ton: Hermann Birkhofer und Gustav Brinkmann. Schnitt: Laszlo Benedek, Hanny Kuyt. Durchschnittsarbeit
Der Musiker Herbert Lichtenstein hat sich seiner kompositorischen Pflicht auf eigene Art entledigt. Nicht so sehr mit seiner Musik, die einen bunten (Richard) Strauß bietet, als in ihrer technischen Verwendung.
Dort gibt er, geschickt den Pace da an, wo die Gleichförmigkeit wiederholter Wasserfahrt-Aufnahmen eine Bildsteigerung nicht möglich machen. Gebt ihm Zeit sich weiter zu entwickeln, und zu einem selbstgeformten Stil zu kommen.

Wie steht solche Jugend, die da den Glauben an eine bessere Zeit nicht verliert und deren Selbst-Sicherheit diesen Glauben auch uns mitzuteilen vermag, zum Kino?
Die Antwort auf so entscheidende Fragen liegt nicht bei ihr. Das Niveau der Produktion hat sie zu geben.

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