Originaltitel: Grock. Film eines großen Clowns 1931; 97 min.; Regie: Carl Boese; Darsteller: Grock, Liane Haid, Max van Embden, Betty Bird, Harry Hardt, Paul Hörbiger, Gyula Szöreghy, Julius Falkenstein; Siegel-Klangfilm.
Grock, weltberühmt, mit Glücksgütern gesegnet, gibt seine Abschiedsvorstellung, heiratet eine Frau, die eben von einem Anderen kommt, sich an den Eigenheiten ihres Gatten stößt, ihm schließlich durchgehen will. Er gibt sie frei und kehrt zum Varieté zurück.
Zusammenfassung
Also, da war einmal ein Clown, der hieß Grock und war nicht mehr sehr jung. Seit dreißig Jahren hatte er, zuerst in allen Berufen und dann in allen Varietégarderoben, die Welt abgeklopft, und nun war er langsam müde geworden und hatte schließlich nur noch den einen Gedanken: sich mit seinem sauer erworbenen Geld und mit einem möglichst jungen und frischen Fräulein zur Ruhe zu setzen. Weil das Geld da war, war das junge und frische Fräulein auch bald da, aber der verliebte, eitle Bock von Grock merkte natürlich nicht, daß das Fräulein nicht seinetwegen, sondern nur seines Geldes wegen zu ihm gekommen war.
„Adrian, schau, das ist ja, was wir suchen!“ meinte Bianca eines Tages am Frühstücktisch. Sie schiebt ihrem Grock ein Zeitungsblatt unter die Nase, und in der Zeitung steht, daß eine noch im Bau befindliche herrliche gräfliche Villa am Mittelmeer weit unter Preis versteigert werden wird.
Und nun gleich die kleine Intrige: der Graf, der Besitzer der Villa, ist der frühere Liebhaber Biancas. Er hat sich für sie ruiniert. Aber Bianca hat den alten Freund nicht vergessen, und um ihm zu helfen, dreht sie ihrem guten Muffi Grock die Villa an.
Grock und der Graf finden Gefallen aneinander. Sie fahren zusammen zurück in die große Stadt. Grock nimmt den Grafen mit in die große Abschiedsvorstellung, die noch am gleichen Abend stattfindet, und der Graf und Bianca sehen sich wieder.
Die Stunde des Abschieds ist da. Grocks Partner und die Bewunderer bleiben zurück, mit dem Grafen verabredet man den baldigen Besuch in der Villa am Meer, und Grock, Bianca und Ines, die zugleich Biancas Anstandsdame und Grocks kleine Gehilfin auf der Bühne ist, fahren dem neuen Dasein entgegen.
Das Schloß haben wir in Neubabelsberg gar nicht erst bauen müssen. Es steht da in natura, in Oneglia bei San Remo, wo der Süden und das Meer am schönsten sind, und zwar gehört es mir.. Die großen Schloß- und Festaufnahmen für den Film wurden alle in Oneglia gemacht.
Also, wir kommen an, und schon gibt’s das erste Mißverständnis. Man war nicht umsonst dreißig Jahre lang mit der halben Welt auf du und du. So begrüße ich denn meine Kammerdiener als meine Freunde. Es juckt mich in allen Gliedern. Auf einmal, wupp, bin ich oben auf dem großen Prunkmahagonitisch, segle darüber mit Glissade, lande nach einer Roulade auf dem Boden, direkt auf dem Klaviersitz, klappe den Klavierdeckel auf und beginne quietschvergnügt zu spielen. Die verdutzt abgehende Dienerschaft kichert. Bianca ist wütend: „Es ist unerhört, die ganze Dienerschaft lacht über dich. Du bist und bleibst ein Bajazzo!“ — „Ja, ich werde nie ein feiner Mann sein …“
Grock bleibt ein Bauer, aber Bianca langweilt sich zu Tod, und alles kommt, wie es kommen muß. Der Graf erscheint. Hinter Grocks Rücken fängt das alte Liebesspiel wieder an. Monate vergehen, Monate der Spannung, der nahenden Katastrophe.
Mit einem Deus ex machina setzt die Katastrophe ein. Ein Wanderzirkus ist dieser willkommene Deus. Die Paradetruppe zieht an meiner Villa vorbei. Alte Kollegen erkennen, sich aus dem Haus stürzen und sich ihnen an die Brust werfen, ist eins. Dann lade ich die ganze Truppe ein zum splendiden Diner, das zwar für hochfeudale Gäste gedeckt und zubereitet ist, aber das habe ich ganz vergessen.
Jetzt ist dem Faß sozusagen der Boden ausgeschlagen. Bianca beschließt die Flucht. Aber wie sie sich mit dem Grafen französisch empfehlen will, kommt Grock dazu, und das Publikum kommt um den fälligen furchtbaren Ausbruch des betrogenen Ehemannes, denn Grock öffnet artig die Tür und läßt sie beide ziehen. Gott sei Dank! Ein Gaurisankar ist ihm von der Seele gefallen. Das schauerliche Bürgerleben ist zu Ende, er ist frei. Besser könnte der Augenblick eigentlich nicht gewählt sein, da nun Max eintrifft mit der großartigen Offerte eines Weltvarietés.
Ich nehme an, engagiere die ganze Zirkustruppe, fahre in die Stadt und spiele im Rahmen eines herrlichen Programms die berühmte Grock-Nummer wieder.
Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #047, 02/25/1931):
Grock, der Clown, der sich von der Bühne zurückgezogen hat, gibt seine Abschiedsvorstellung. Die ganze Welt ist Parkett, solange das Negativ dieses Tonfilms existiert und Tonkopien durch die Apparat rasseln. Grock hat sich selbst ein Denkmal gesetzt. Nach Jahren werden die Menschen, die diesen Film sehen, noch sagen: Dieser Grock war ein großer Clown, ein begnadeter Künstler, ein Genie in seinem Beruf. Dieser Film wird eindringlicher von Grocks Ruhm erzählen als jede gedruckte Schilderung. Das „klassische“ Grock-Repertoire wird auf der Leinwand des Ufa-Palastes absolviert. Da tönt es „Waaarummm“ und „Nit mööööglich“, wenn Mister Jack mit einem „k“ mit seinem Partner zwerchfellerschütternde Dialoge spricht. Grock spielt kleine und ausgewachsene Geige, Klarinette und Klavier und schließlich Ziehharmonika. Er singt und tanzt und jongliert und schneidet Grimassen – es ist herrlich! Das Riesenhaus lacht Tränen über Grocks Tricks, die den meisten gute alte Bekannte sind. Ueber den Flügel, der an den Stuhl geschoben wird, über den Violinbogen, der sich so störrisch beim Jonglieren zeigt, über die phantastisch plattgedrückten Schuhe, über die stolz getragenen weißbaumwollenen Handschuhe, kurz: über Grock!
Ein paarmal werden die Trickmöglichkeiten des Tonfilms hinzugezogen, um Bühnenwirkungen zu unterstreichen. Da fliegt Grock in hohem Bogen von seinem Sessel in die Kulissen, da tönen aus dem Flügel plötzlich Turmglocken, da wird die Kulissenmalerei lebendig.
Der Clown Grock wird auch im Tonfilm überall gefallen.
Aber vor diesem großartigen Bühnenauftritt laufen etwa tausend Meter „Rahmenhandlung“. Und jetzt sind wir dran, Herrn Grock vernehmlich zu fragen: „Waaarumm?“.
Herr Grock, wir haben bisher, und wohl mit Recht, angenommen, daß Sie ein intelligenter Mensch sind. Haben Sie da nicht gemerkt, was für eine geistlose, langweilige, undurchdachte Handlung Ihnen da ein Herr Edmund Behrens geliefert hat? Und daß der Regisseur Carl Boese plötzlich von allen guten Geistern verlassen wurde. Und daß die Darsteller leere Worte deklamieren? Und daß Sie selbst, der Sie in Ihrer Clown-Maske eine so grandiose Selbstkontrolle besitzen, in „Zivil“ reichlich oft mimisch danebengreifen?
Herr Grock, war das wirklich nötig, daß bei einem Film, in dem Sie die Titelrolle spielen, das Parkett bei ernsten Szenen lacht und unruhig wird? Sehen Sie, Ihre Kunst ist schwer, und Sie würden den Kopf schütteln, wenn sich irgendein prominenter Filmmensch eines Tages als Clown auf die Varieté-Bühne stellen würde. Umgekehrt ist aber auch das Filmen nicht so leicht. Herr Leo Peukert ist ein sympathischer Episodenspieler, aber nie ein Produktionsleiter für ein schwieriges Filmthema.
Warum haben Sie sich nicht von Anfang an unter die Fittiche erfahrener Filmproduzenten begeben? Waaarumm?
Den Darstellern dieses Films, die neben Grock spielen, würde man Unrecht tun, wenn man sie verantwortlich für das machen würde, was sie spielen. Die schöne Liane Haid muß sich mit einer psychologisch unmöglichen Rolle herumplagen, über Betty Bird hält kein Regisseur seine fördernde und schützende Hand Harry Hardt zieht sich als einziger geschickt aus der Affäre.
Halt, da ist noch einer: Max von Embden, Grocks Partner, der liebenswürdige, charmante Künstler, dessen Pech es ist, immer im Schatten des Riesen zu stehen.
Fred Fuglsang und H. K. Gottschalk lieferten gute Bilder, über die Ausleuchtung beim Bandonium-Spiel Grocks läßt sich streiten.
Robert Neppach zauberte ein Großtheater ins Atelier. Eine erhebliche Leistung.
Für den klaren Ton zeichnet Dr. Seidel.
Viel Beifall für Grock. dessen großer Auftritt den Schluß des Films bildet und mit vielem aussöhnt.