Originaltitel: Der falsche Ehemann. (Der doppelte Moritz.) Schwank 1931; 87 min.; Regie: Johannes Guter; Darsteller: Johannes Riemann, Maria Paudler, Jessie Vihrog, Tibor Halmay, Gustav Waldau; Ufa-Klangfilm.
Zwei täuschend ähnliche Brüder: Peter, verschlafen, energielos, Paul das Gegenteil. Letzterer bringt erst das Geschäft des Bruders, dann dessen Ehe in Ordnung. Dabei kommt ihm die erwähnte Ähnlichkeit sehr zu gute, stiftet aber die tollsten Verwicklungen.
Zusammenfassung
Jeder Beruf färbt etwas ab, und wenn ein Mann jahraus, jahrein Schlafmittel herstellt, so ist es kein Wunder, wenn er sich allmählich in eine Schlafmütze verwandelt und seine Sekretärin, sein Personal und sogar seine hübsche junge Frau nur noch angähnt. So war Peter Hannemann, über dessen Firma der Pleitegeier – selbst dieser schläfrig – seine Kreise zieht. Den häuslichen Frieden des verschlafenen Ehemanns gefährdet der interessante Tartakoff, der begabte Geiger, der der hübschen Frau Ruth nur zu gern zeigt, wie kräftig und gar nicht schläfrig er den Bogen führt. Aber noch hat die reizende Festung nicht kapituliert, trotzdem der Kommandant – eine Schlafmütze ist. – Da ist Paul Hannemann, Peters Zwillingsbruder und getreues Ebenbild, ein ganz anderer Kerl! Sprühend von Tatkraft und Unternehmungslust hat er die Welt durchquert und ist nun als Direktor des eleganten Winterkurhotels “Helvetia” die Seele des Geschäfts. Alles geht wie am Schnürchen, das Personal fliegt nur so, die Gäste lieben den frischen, energischen Chef, der selbst ein berühmter Skispringer ist. – Aber schon naht das Verhängnis in Gestalt des schwerreichen Süd-Amerikaners H. H. Hardegg, der mit seiner Tochter, der rassig-exotischen Ines, vor dem Hotel vorfährt. Paul kann ihn nicht unterbringen, da alle Zimmer besetzt sind, jedoch H. H. H. weiß sich zu helfen. Er kauft einfach das ganze Hotel, bezieht Pauls Zimmer und schmeißt diesen kurzerhand hinaus. Jedoch auch über dem großen H. H. H. thront noch etwas Höheres, das ist – Carramba!! – die temperamentvolle Ines, die bereits bei der Ankunft im Hotel eins ihrer Glutaugen auf Paul geworfen hatte. Seufzend muß der Alte sich ins Auto setzen, um Paul wieder einzufangen, dessen Spur nach Berlin weist. – In Peters verschlafenem Laden erscheint eines Morgens der Chef zu ungewohnt früher Stunde und weckt unsanft das gesamte Personal einschließlich der Privatsekretärin. Keiner weiß, wie ihm geschieht und die Verwirrung erreicht ihren Höhepunkt, als gegen 11 Uhr der Chef zum zweitenmal eintritt . . . . Peter und Paul, die als Zwillinge sich zum Verwechseln ähnlich sehen, begrüßen sich, und Pauls Tatkraft hat sofort die schwachen Punkte bei Peter erkannt: erst das Geschäft, dann die Ehe! Beides wird Paul aufmöbeln, und Peter soll so lange irgendwo untertauchen. Schläfrig verläßt er das Haus, da ergreifen ihn riesige schwarze Negerfäuste, und gleich darauf saust er mit 140 km an der Seite des alten Herdegg nach der Schweiz zum Hotel „Helvetia“. – Im „Helvetia“ ist inzwischen Frau Ruth mit Tartakoff eingetroffen. Peters Verhalten bei Tartakoffs Hauskonzert hatte Ruth ist eben doch eine anständige Frau . . . . . Als Paul in Peters Stadtwohnung Ruths Abschiedsbrief vorfindet mit der Adresse Helvetia-Hotel, saust er auch gen Süden, denn die Firma hat er bereits in Schwung gebracht und auf “Kraft” an Stelle von „Schlaf“ umgestellt. Das neue Stärkungsmittel “Energie” findet reißenden Absatz. Ines ist glücklich, ihren hübschen Direktor wiederzuhaben, er war ihr nur früher viel energischer vorgekommen, aber sie geht scharf ins Zeug, und Peter findet das ganz nett. Als Paul eintritt, setzt er den von Peter begonnen Flirt tatkräftig fort, nachdem er den Bruder gewaltsam ausgeschaltet hat. Ruth hält Paul für Peter und rast vor Eifersucht. Ein exotischer Inder tritt auf! Die Verwirrung erreicht ihren Höhepunkt! Ein Mann in Unterhosen – ein geschwungener Dolch, ein amoklaufender Inder – der flüchtende Tartakoff – eine fürchterliche Keilerei, bei der ein Unschuldiger die trotzdem wohlverdienten Prügel bekommt . . . . – Aber endlich hält der energisch aufgefrischte Peter seine standhafte Ruth wieder in den Armen, und Paul kann Ines den südlich heißen Verlobungskuß geben. – Und – Tartakoff wird in Zukunft woanders Geige spielen!
Kritik (-ger., Film Kurier #074, 03/28/1931):
Ein angenehm überraschender Erfolg, ein „leichter“ Film, wie ihn das Publikum abends in so bedrückter Zeit sehen will. Das Kuriose dabei: selbst dem gefürchteten deutschen „Schwank“ mit seiner Lustigkeit des Unwahrscheinlichen, seinen verstaubten Typen und albernen Situationen werden noch neue Pointen abgelockt, seine papierenen Figuren zapeln, von frischerem Wind geschüttelt.
Die Autoren Paul Frank und Billie Wilder beweisen hier, daß sie Einfälle haben, mehr noch: daß sie damit auch etwas anzufangen wissen. Ihr Drehbuch bleibt nicht im Wollen stecken, sie kommen von der Schablone der dreiaktigen Theaterposse los, suchen wechselnde Schauplätze, übernehmen klug die schon vergessenen Wirkungen des stummen Schwanks mit seinen bejauchzten Verfolgungen über Treppen, Korridore und Stockwerke und wissen die Doppelrolle zweier Zwillingsbrüder für Johannes Riemann so ziemlich bis in die letzte Möglichkeit zu kontrastieren und zu entwickeln.
Das harmlose Durcheinanderspiel und seine einfachen Entwirrungen wirken beruhigend und zündend, sobald hinter den ersten Akten die Situationskomik mit Behendigkeit vorgetrieben wird. Die besten Techniker des deutschen Films – Namen wie Carl Hoffmann, Herlth und Röhrig – (deren einzigartigen Begabungen nach diesem Nebenbei hoffentlich wieder die großen Aufgaben zufallen) ein für Noblesse und Ausgeglichenheit sorgender Produktionsleiter wie Duday, Dr. Erich Leistners meist treffende Ton-Einstellung – Garanten eines Films, der selbst im wildesten Schwankklamauk Niveau behält.
Eigenartig. Hier wird weder mit falschem Avantgardetum geprotzt (und trotzdem sind auch hier Ansätze einer deutschen Groteske da) noch der Hoheit des Humors vergeblich befohlen. Johannes Guter hält sprachlich das Ensemble achtbar zusammen, selten ist mit seinem Namen ein so geglückter Film verbunden gewesen.
In solchem Rahmen bewährt sich Johannes Riemann bezaubernd. Seine Mischung von Elegant und Salopp kann er hier auf zwei Geschöpfe übertragen. So geht zweimal Wirkung aus von seiner gedämpften Energie, der unsüßlichen Männlichkeit dieses Schauspielers, der sich selbst auf der Leinwand prüft und von Rolle zu Rolle wächst.
Eine Neu-Entdeckung: Maria Paudler. Tritt jetzt unter dem schlanksten Nachwuchs an, der Mehlspeisen und allem Theatergetue entwöhnt, durch Selbstdisziplin und Knäckebrot eine reizende Begabung für den Sprechfilm geworden, unaufdringlich pointierend, und auch die unmerkliche Störung überbetonten Sprechens wird noch schwinden. Ihre schreckliche Aaafazeit ist vergessen, sie hat neue Chancen und ihr Film mit ihr.
Gutav Waldau, der Vielgeliebte, – – vor Mikrophon und Kamera in seinem unentrinnbaren Scharm festgehalten. Ein phantastisch sympathischer Papa. Jessie Vihrog – aussichtsreiche Debütantin. Kleine Unarten verdecken noch ihre Eigenarten. Martha Ziegler als versonnene Schreibdame führt eine ganze Serie ungezwungener, aufgedrehter Typen an. Kein falscher Ton im Gedränge all der heiteren Episödchen! Lachend und angeregt quittiert das Publikum durch langanhaltenden Beifall den verdienten Schwank-Erfolg.