Originaltitel: Walzerparadies. Wiener Volksstück mit Gesang 1931; 94 min.; Regie: Frederic Zelnik; Darsteller: Charlotte Susa, José Wedorn, Gretl Theimer, Betty Bird, Ernő Verebes, S. Z. Sakall, Adele Sandrock, Paul Hörbiger; Efzet-D. L. S.-Tobis-Klangfilm.
Eine Primadonna der Wiener Oper erhebt einen Kohlenträger zu ihrem Geliebten, der darauf eine bisherige Flamme, eine Vorstadtsängerin, prompt fallen läßt. Erst nachdem er ein im Spiel gewonnenes Vermögen wieder verloren, verzichtet die Sängerin und führt ihn mit seiner Verlobten zusammen.
Zusammenfassung
Kennen Sie Lona Mertens? Nein?? Aber Sie kennen doch Wien? Dann müssen Sie auch Lon Mertens kennen, die Primadonna der Staatsoper: genial, ein bissl leichtsinnig, ein bissl sensationslustig, sehr verwöhnt, angebetet als Künstlerin und als Weib! Das ist Lona Mertens!
Winter ist’s in Wien! Im verschneiten Prater liegt das „Walzerparadies“, in dem es zwar keinen Petrus und keine Englein gibt, aber einen Gott, den man anbetet: die heute zu Gast weilende Lona – in ihrem „Gefolge“ ihr treuester Anbeter, Graf Prax Jr.
Der Jubel des Publikums liegt Lona noch in den Ohren, als sie in früher Morgenstunde in ihre Villa heimkehrt; da erwartet sie bereits ein neues Abenteuer. Sie macht die Bekanntschaft von Schani Hofer – – keinem Baron, keinem Grafen, keinem Börsenmagnaten: ein einfacher Kohlenträger, aber ein lieber, goldiger Kerl, und schön gewachsen ist er, und ein paar Augen hat er und Muskeln, und ein ganzer Mann ist er! – – – und Lona verliebt sich bis über beide Ohren in ihn.
Natürlich hat unser Schani auch ein Mädel: Marie, die Volkssängerin, die ihn treu, innig und heiß liebt.
Schani ist ein Mensch, der die Treppe hinauffällt. Durch Lonas Protektion wird er Oberkellner im „Walzerparadies“. Seine schöne Stimme, sein Humor und seine Schlagfertigkeit ziehen das Publikum in Massen ins Lokal.
Da – – eines Tages – – Lona hat eine große Diskussion mit ihrem Manager, der ihr einen fabelhaften Antrag nach Amerika bringt. Aber sie reizt das Abenteuer mit Schani, und sie ladet ihn zu einer Abendgesellschaft in ihr Haus. Sie führt Schani so geschickt in die Gesellschaft ein, daß man ihn für einen Großindustriellen hält. Die renommiertesten Geschäftsleute reißen sich um Schanis Bekanntschaft. Das Glück hat einen Narren an Schani gefressen. Am Spieltisch gewinnt er ein Vermögen in ganz kurzer Zeit – – er sprengt die Bank. Graf Prax Jr. bietet ihm sogar sein Palais an, da er fast sein ganzes Geld verspielt hat. Schani ist berauscht vom Glück, und auch bei Lona ist aus dem Spiel Ernst geworden.
Schani verläßt seine ärmliche Behausung. Er ist in das Palais des Grafen Prax eingezogen. Alles gelingt ihm und er verdient immer mehr Geld. Prax Jr. ist sein Sekretär geworden. Die Bekannten Lonas betrachten ihn als ihren besten Freund. Er hat sich vollkommen in der mondänen Welt eingelebt, er scheint seine Vergangenheit vergessen zu haben – scheint – – denn aus einer kurzen Bemerkung sehen wir, daß er doch noch an Marie hin und wieder Geld schickt, auch dem Wirt vom „Walzerparadies“ läßt er helfen – – vielleicht um sich vor seinem Gewissen zu rechtfertigen. – Marie denkt noch immer voller Liebe an Schani.
Der Bruder des Grafen Prax Jr., der um jeden Preis das Palais für seine Familie zurückhaben will und dem ein Rückkauf von Schani abgeschlagen worden ist, entdeckt durch einen Zufall die Adresse Maries. Er beginnt ein Intrigenspiel und unterrichtet Lona von seiner Entdeckung. Lona ist empört, denn inzwischen hat sie sich ernstlich in Schani verliebt. Sie wird ihn auf die Probe stellen.
Schanis Palais wird eingeweiht. Eine glänzende Gesellschaft ist versammelt. Marie, die von den Grafen Prax eingeladen worden ist, erscheint schüchtern, um den Gästen ein Wiener Lied vorzutragen. Schani hört im Nebensaal Maries Stimme. Er wird aus seinem Rausch gerissen. Die wirkliche Liebe zu Marie wird wieder in ihm wach. Lona hält ihn mit Mühe zurück, um einen Eklat zu verhindern. Sie hat genug gesehen: Schanis wirkliche Liebe gehört Marie. Sie gibt dem hinzutretenden Manager ihre Unterschrift unter den Amerika-Vertrag. Schani sieht, daß Maries innige Liebe mehr wert ist, als diese ganze glänzende Gesellschaft und das so schnell erworbene Geld. Lona geht von ihm fort. Marie glaubt er für sich verloren; das luxuriöse Leben ist für ihn wertlos geworden. Er trinkt, und in einer aufregenden Spielpartie verliert er – so schnell wie er es gewonnen hat – sein Vermögen und zum Schluß noch sein Palais. Schani steht vor dem Abgrund, als ihn Lonas Abschiedsbrief erreicht, aus dem er liest, daß Marie von nichts weiß, und daß er zu ihr zurückkehren kann.
– – – Und in dem Aufzuge, in dem er einst glücklich war, – – als Kohlenträger kehrt er zu Marie zurück, selbstverständlich verzeiht sie ihm. Auch der Wirt vom „Walzerparadies“, dessen Lokal durch Schanis Fortbleiben sehr zurückgegangen ist, ist von seiner Rückkehr so begeistert, daß er ihn zu seinem Kompagnon macht.
Das „Walzerparadies“ geht wieder glänzend. Marie und Schani sorgen für die nötige Stimmung. Das Publikum ist von Schanis Humor und Temperament begeistert, und als Schani dem Publikum seine Verlobung mit Marie mitteilt, steht das ganze Lokal vor Vergnügen Kopf.
Kritik (-ger., Film Kurier #084, 04/11/1931):
Hier wird fürs Geld was geboten.
Wenn schon gewienert, gewalzert und geliebet wird – – dann auf diese schwungvolle und pompöse Zelnik-Art, der hier den Anschluß an seine erfolgreichste, blaueste Donau-Zeit gefunden hat. Jahrmarkt voll Wiener Zuckerbäckereien.
(Warum ist er nur in Hollywood gewesen, fragt man sich; für den Tonfilm konnte Zelnik nur von Zelnik lernen.
Wie heißt es im Spruchband eines Knallbonbons dieses Films? „Bis zum 50. Jahre machte er Wiener Filme, dann hat man sich daran gewöhnt.“ Ach ja.)
Die Branche ist auf einen solchen Film sehr stolz, er soll bei einem (nicht näher zu bezeichnenden) Publikum auf herzlichste Liebe stoßen. Und wird es auch. Wodurch? Wiener Walzer vermehrt um Bruno Granichstaedtens schlagerhafte Weisen, die textlich gut wirken und im Spiel meist ansprechend eingefügt sind.
Dazu die sagenhafte Geschichte eines Kohlenträgers, der zum Schloßbesitzer avanciert, weil er der Theaterdiva gefällt, deren Schoßhund er vor Dieben gerettet hat.
Im Spiel verliert der ehemalige Kohlenträger wieder sein Geld, da er aber seine Stimme und seinen Frack nicht verliert, wird er wieder der „singende Zählkellner“ vom „Walzerparadies“. Zählkellner sind seit Charells „weißem Rößl“ Erfolgs-Figuren.
Die Geschichte könnte in der Temesvarer Nachtpost stehen, kein Autor beichtet, wer sie verbrach . . . Macht nichts. Die Voraussetzung jedes Operettenerfolges muß seine Blödheit sein. Das wurde in Wien so beschlossen Schauspieler-Typen und die Zelnik-Inszenierung, die im drastischen Detail wie in der Belebtheit der Szenen, trotz einer oft deutlichen Ueber-Forciertheit, nach löblicher Buntheit drängt, sichern die Unterhaltung des Publikums. Es sieht und hört genug, für einen Abend.
Szöke Szakall entscheidet wieder einmal, daß das Lachen über das Walzern geht.
Er erscheint als Theateragent und redet von seiner zehnprozentigen Beteiligung am Star, von seiner Reise nach Amerika; er läßt sich eine Oper „Der Kohlenträger und seine Schwester“ komponieren: Da quietscht das Haus vor Vergnügen, jeder Satz wirklich ein Witz.
Szakall explodiert aus seiner brabbelnden Ruhe heraus so urkomisch, so spontan, daß sein Humor überrumpelt.
Man versteht ihn jetzt gut im Tonfilm – und es wäre wirklich schade wenn auch nur ein halbes Sätzchen dem Ohr entginge. So viel Späße platzen los!
Paul Hörbiger kommt der unentrinnbaren spielerischen Komik Szakalls nahe: in einer ruhigeren Type des Salon-Schiebers. Kalauer werden zu kleinen Zeit- und Menschsatiren, so fein bringt Hörbiger sie. Ernst Verebes kann nur in ein paar Tanzschritten erheitern. Adele Sandrock steht schon im Film-Anfang, männerbedrängt, im Bild – und damit beginnts gleich lustig.
★
Unfreiwillig komisch sind die Hauptdarsteller, wenn sie ernst werden. Es dauert aber stets nur ein paar Film-Meter. José Wedorn zeigt seine süßliche Tenor-Maske, kleines Provinz-Format, ohne Fluidum. Ein Mißgriff (trotz den weichen Tenortönen). Charlotte Susa lacht, lacht, lacht, blond, schön – auch schon schön maniriert. Gewiß, das ist schwer, nichts als „Haltung“ zu bewahren und liebenswürdig zu bleiben.
Gretl Theimer kann sich diesmal nicht entfalten.
Zelnik brilliert im Nebenbei. Läuft eine Szene leer, macht er ein witziges Tipfelchen darauf
Er scheint heute noch unbedenklicher als früher, er haßt jeden Verdacht von Intelligenz bei den Leuten, die vor seiner Leinwand sitzen. Er hält jede Dame für ein Dienstmädchen auf Urlaub, jeden Mann für einen Paragraph 51-Verdächtigten. Liebenswürdiger Menschenfeind, strebsamer, unermüdlicher Meister – – es gibt, es gibt bessere Menschen; selbst unter den deutschen Filmautoren.
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Viele Typen dienen ihm. B. Byrd. L. Engelke, Ruffin, Scharwenka, Wurmser, Kaminski und manche interessante Frau. Ausgezeichnete Komparsen in Gesellschaftsszenen. Musikkapellen erstklassig. Mit R. Kuntze und G. Bruckbauer (Kamera) breit und vital erfaßte Wiener Paradiesseligkeit. In zweckvoll-reichen Bauten von R. Neppach und E. Scharf. Tonleitung (Birkhofer und Elling) klangschön und musikkennerisch.
Von Granichstaedten wird man bald singen hören: „Meine Gnädigste, sind Sie schon einmal verliebt gewesen?“ Und manches andere.
Friedrich Zelnik als Schaumann, als der Charell, der er einmal längst vor Charell war, beweist sich in den großen Ensemble-Auftritten, die voll Bewegung, Lebensfreude, Farbigkeit.
Sie sind der Hintergrund zu diesem „Publikums“-Erfolg – und der Hauptgrund.