Express 13

Originaltitel: D-Zug 13 hat Verspätung. Kriminaldrama 1931; 66 min.; Regie: Alfred Zeisler; Darsteller: Charlotte Susa, Heinz Könecke, Fay Wall, Ludwig Andersen, Alfred Beierle, Viktor Schwannecke; Ufa-Klangfilm.

Ein D-Zug hat wegen eines Eisenbahnanschlages drei Stunden Aufenthalt. Ein Bankbeamter benützt ihn zu einem Bummel durch ein Städtchen, lernt eine Unbekannte kennen, wird durch sie in die Affaire des Attentats hineingezogen, rettet aber, selbst von der Polizei verfolgt, dem durch die Verbrecher bedrohten Präsidenten das Leben. Kehrt dann unerkannt in den Zug zu seiner dort wartenden Frau zurück.

Zusammenfassung
Mit höchster Geschwindigkeit rast der Sonderzug durch die Nacht. Gespenstisch werfen die riesigen Scheinwerfer der D-Zug-Maschine ihre Schlaglichter auf die Strecke Rasend und zitternd stürmt der Eisenkoloß dahin!
Eine andere Stelle der Strecke! Im Dunkel der Nacht arbeiten hastige Männer. Eine Schnur wird gelegt, die Lunte leuchtet auf. Blitzschnell frißt sich die Flamme die Zündschnur entlang . . .
Ein ungeheurer Knall! Schwellen und Steine fliegen durch die Luft! Verbogen und zerrissen starren Schienenenden nach oben!
Näher kommt der Zug, sorglos der Lokomotivführer. Aber der Streckenwärter hat die Sprengstelle entdeckt! Entsetzt eilt er zum nächsten Wärterhaus. Das Telefon schrillt, Beamte laufen. Der Signalhebel, der auf „Einfahrt“ stand, fällt herab, aber der Zug ist schon vorbei. Verzweifelt schwenkt der Streckenwärter die Laterne. Der Zug rast heran, der Führer der Maschine sieht den zitternden lichten Punkt in der Nacht – auf der Strecke! Der Hebel fliegt herum, die Bremse knirscht! Wenige Meter vor dem tiefen Sprengtrichter kommt der Zug zum Halten. Was ist geschehen? Ein Attentat auf den Präsidenten, der im Sonderzug fährt, ist gerade noch vereitelt worden. Die Täter müssen in der Nähe sein.
Die Strecke ist für drei Stunden gesperrt. Auf der Station liegt der D-Zug 13, der große internationale Express. „Drei Stunden Verspätung“, fluchen die Passagiere. Herbert Schmitt, der mit seiner jungen Frau nach Deutschland zurück will, beschließt, den Unfreiwilligen Aufenthalt zu einem nächtlichen Spaziergang in die unbekannte fremde Stadt zu benutzen, während die Gattin lieber schlafen will. Herbert, der im Ärger eines leichten Wortwechsels seinen Mantel nebst Brieftasche, Paß und Geldbeutel im Abteil liegen ließ, entdeckt dies erst, als er in einem Café seine Zeche bezahlen will. Die Situation ist peinlich, der Kellner schöpft Verdacht. – Auf einmal ist alles in Ordnung, eine Dame hat für Herbert bezahlt. – dort, – die rassige, schlanke, hochgewachsene Blondine, die gerade das Café verläßt. Herbert eilt ihr nach, dankt ihr, sie werden bekannt, der Mann ist entzückt von dem reizenden Abenteuer mit der interessanten Fremden, die ihn sogar zu einem Likör in ihr Hotel einläßt. Arglos sitzt er ihr gegenüber, da hört man Schritte auf dem Korridor. Gleich darauf klopft es laut und herrisch an der Tür! Dorit, so helfet die Blonde, fahrt zusammen. „Mein Mann! Er ist so rasend eifersüchtig. Wir müssen fliehen!“
Ein zweiter Ausgang findet sich hinter dem Schrank. Als die Verfolger – es ist keineswegs der Gatte, sondern der Polizeichef mit seinem Gehilfen – durch die eingeschlagene Tür eindringen, ist das Nest leer. „Wer mag der Fremde sein?“, fragt der Polizeichef, – sonst hat sie doch immer mit dem anderen zusammen gearbeitet – ? „Der Andere“ hat Jeden Schritt Dorits verfolgt und weife, dafe der Fremde mir als Werkzeug dienen soll, um den großen Plan der Revolutionäre: Beseitigung des Presidenten – auszuführen.
Beinahe glückt der teuflische Plan, denn Herbert Schmitt gerat immermehr in den Bann der Blonden. Sie flüchtet mit ihm in ein Kino, das in Flammen aufgeht, als die Polizei auftaucht, und dann wieder ins Hotel zurück. Plötzlich sieht der Kommissar vor dem Paar, Herbert stürzt sich auf ihn. ein Hieb des Beamten streckt ihn zu Boden. Das Spiel scheint verloren, da – knallt ein Schuß! Tödlich verwundet sinkt der Beamte um. Wieder ist Urban, „der Andere“, zur Stelle gewesen! Während Herbert ohnmächtig daliegt, besprechen Dorit und Urban den Plan. Sofort muß das Attentat stattfinden, noch ehe der Sonderzug die Unfallstelle passiert. Herbert versteht einen Teil des Gesprächs, und weiß jetzt, daß er nur das blinde Werkzeug ehrgeiziger Verschwörer sein soll. – Als die beiden das Zimmer verlassen, ist Herbert allein mit der Leiche des erschossenen Kommissars. Im letzten Augenblick gelingt es ihm, zu entfliehen, kurz ehe die Polizei kommt, die Urban telefonisch gerufen hatte, um ihr Herbert in die Hände zu spielen und die eigene Spur zu verwischen. Herbert schwingt sich auf ein Polizeimotorrad und rast zu der Stelle, wo der Sonderzug des Präsidenten noch steht. Alle Absperrungen überrennend, stürmt er in den Wagen, gerade noch rechtzeitig, um Urban am tödlichen Schuß auf den Präsidenten zu verhindern. Als wenige Minuten später ein Mann auf den am Sonderzug vorüberfahrenden D-Zug springt, die Tür aufreibt und schnell sein Abteil sucht, ahnt die schlaftrunkene Frau Ella nicht, welche Abenteuer ihr Mann in den drei Stunden hatte, als es hieß: D-Zug 13 hat Verspätung.

Kritik (-ner., Film Kurier #112, 05/14/1931):
Der von der Zensur aufgehaltene D-Zug 13 ist zum Starten gekommen, nachdem aus dem Staatspräsident ein Oelmagnat geworden, der anscheinend geeignet schien, am nachhaltigsten die Wogen der Erregung bei der Filmprüfstelle zu glätten.
Und es hat sich herausgestellt, daß die Kriminalgeschichte von diesem D-Zug durchaus nicht verrohend oder sicherheitsgefährdend wirkt. Ebensowenig wie die Theaterbesitzer zu befürchten haben, daß die Kinosicherheit angezweifelt werden könnte, weil da im Film ein ganzes Kino in Flammen aufgeht.
Rudolf Kätscher und Egon Eis arbeiten mit den üblichen Mitteln des Kriminalreißers. Gut der Gedanke an sich, eine Handlung auf drei Stunden zu konzentrieren. Drei Stunden, nicht einmal von morgens bis mitternachts, erlebt ein Gutbürgerlicher in der fremden Stadt sein großes Abenteuer. Um dann zur Gattin, der teuren Ahnungslosen, ins D-Zug-Abteil wieder zurückzukehren in die wohlgeordnete Behaglichkeit.
Das große Abenteuer bleibt aber unmotiviert. Der Ehemann auf Abwegen folgt stracks, wie ein Ochse der Chikagoer Schlachtbank der blonden Geheimnisvollen. Und die Attentäter müssen erst geruhsam am Tatort verweilen, statt gleich davonzueilen, damit er endlich klar sieht.
Ueberdies hat die Zensur ja die Autoren gezwungen, aus diesen Attentätern Unterweltsleute zu machen an Stelle von Revolutionären – das trägt zu des Vorgangs Logik auch nicht gerade bei.
Alfred Zeisler, der sich auskennt auf Kriminalspielmomente, holt aber Effekte heraus: Schienen, die gesprengt werden, Handgemenge, in das eine Rauchbombe platzt, Lokomotivpfiffe in der Nacht, Gewirr im brennenden Kinoeingang, Attacke auf einen Polizeikommissar – das alles ist wirksam aufgezogen mit Hilfe von Werner Brandes Bildkamera und der Tonkamera Dr. G. Goldbaums. Für alle die vielen Wallace-Verehrer, die ins Kino ziehen, um das Gruseln zu lernen.
Blond und rätselhaft geht Charlotte Susa durch ihre Abenteuer und durch Räume, die Herrmann und Lippschitz gebaut haben. Die unbestimmte Passivität ihrer Rolle liegt ihr, ihre dunkle Stimme wird mikrophongewohnt.
Fee Malten darf für ein paar Momente ihr bürgerliches Gegenstück sein, als kleines Weibchen, das lieb plauschen und bös schmollen kann. Heinz Könnecke spielt seine Rolle als Abenteurer wider Willen gutmütig behäbig; kein feuriger Liebhaber, sondern noch ein recht handfester Typ, sogar für den aus solider (Eisen-) Bahn Gerissenen.
Alfred Beierle stellt einen Polizeichef auf sichere Beine, einen Kerl voll dröhnender Herzlichkeit. Neben ihm aber als glatter Schurke Ludwig Andersen und, Typ des ewig beiseitestehenden kleinen Subalternen, Victor Schwanneke.

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