The Squeaker

Originaltitel: Der Zinker. Kriminaldrama 1931; 77 min.; Regie: Martin Frič, Karel Lamač; Darsteller: Paul Hörbiger, Fritz Rasp, Lissy Arna, Karl Ludwig Diehl, Peggy Norman, Robert Thoeren, Iwa Wanja, John Mylong, Ernst Reicher; Ondra-Lamač-Tobis-Klangfilm.

Ein Unbekannter verzinkt (verrät) begangene und auch beabsichtigte Verbrechen an die Polizei. Diese, Journalisten und auch Verbrecher fahnden nach ihm. Alle Welt gerät in den Verdacht, der Zinker zu sein. Schließlich entlarvt ihn ein Reporter, der mit der Nichte seines Komplizen verlobt ist.

Zusammenfassung
Ein seltsamer Helfer der Polizei
Wie unser C. T.-Berichterstatter erfährt, steht Scotland Yard vor einem interessanten Kriminalrätsel. Seit einiger Zeittreffen in periodischen Abständen anonyme Schreiben ein, die über geplante Diebstähle oder gesuchte Verbrecher Angaben von verblüffender Genauigkeit enthalten. Die Anzeigen, die sich bisher immer als richtig erwiesen haben, scheinen jeweils aus der gleichen Quelle zu stammen. Stets sind sie ohne Unterschrift, stets wird die gleiche Schreibmaschine, das gleiche Papier, der gleiche Schriftstil verwendet. In nahezu allen Fällen handelt es sich um Juwelendiebstähle von beträchtlichem Wert. Inspektor Elford von New Scotland Yard, an den die seltsamen Briefe adressiert werden, erblickt bis jetzt dem „Zinker“ (Unterweltsbezeichnung für Verräter) einen brauchbaren Helfer der Polizei, die mit seiner Hilfe in kurzer Zeit eine Reihe langgesuchter Verbrecher dingfertig machen konnte.

Wer ist der „Zinker“?
(Bericht unseres Kriminalkorrespondenten.)
London, 16. Febr.
C. T. Noch immer wird Scotland Yard mit den anonymen Anzeigen überschwemmt, von welchen wir kürzlich berichteten. Die Polizei hat jedoch nunmehr bestimmte Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei dem seltsamen „Zinker“ keineswegs um einen geheimen Bundesgenossen handelt, sondern um einen mit den Verhältnissen der Londoner Unterwelt wohlvertrauten Hehler großen Stils, der Diebe, mit welchen er nicht handelseinig wird, aus Rache der Polizei „verzinkt“. Unter dem Druck dieses Terrors scheint er sich in den Besitz des Großteils der wertvolleren Einbrecherbeute zu setzten. Interessant ist, daß keiner der auf die Anzeigen hin ergriffenen Verbrecher bisher nähere Angaben über die Persönlichkeit des „Zinkers“ machen konnte.

Zinker ermordet Juwelen-Harry!
C. T. Der kürzlich beim Diebstahl der „Portugal-Diamanten“ ergriffene und auf unaufgeklärte Weise wieder befreite Harry Webber, genannt der „Juwelen-Harry“, wurde gestern abend in der Victoria Street vor dem Hause der Firma Sutton & Co. erschossen aufgefunden. Aus den Äußerungen, die der Ermordete anläßlich seiner früheren Verhaftung den Polizeibeamten gegenüber getan hat, geht unzweifelhaft hervor, daß er bei der Absicht, sich an dem „Zinker“ zu rächen, den Tod gefunden hat.

Familien-Nachrichten:
Miß Beryl Stedman, die Nichte des bekannten Autoexporteurs F. Sutton, hat sich mit dem kaufmänn. Angestellten Charles Tillmann der Firma Sutton & Co. verlobt.

Diebstahl im „Leopard-Club“
Dem Inhaber der Autoexport-Firma Sutton & Co., Mr. Frank Sutton, wurde gestern im „Leopard-Club“ ein wertvoller Perlenschmuck gestohlen. Die von Klubdirektor Anerley sofort angeordnete Leibesvisitation der anwesenden Gäste verlief ergebnislos.

Verhaftung bei Sutton & Co.
Im Zusammenhang mit der gestrigen Diebstahlsaffäre im „Leoüard-Club“ wurde heute ein Angestellter der Firma Sutton & Co. durch Inspektor Elford verhaftet. Bemerkenswert ist, daß die Anzeige wieder durch den „Zinker“ erfolgte, dessen Ergreifung der Polizei noch nicht gelungen ist.

Zinker-Mord im „Leopard-Club“
Die Gäste des „Leopard-Club“ wurden gestern abend durch einen sensationellen Vorfall in erhebliche Aufregung versetzt. Ein bekannter Kaufmann, häufiger Besucher des Clubs, wurde in einem Separatzimmer tot aufgefunden. Der Tod scheint durch Vergiftung eingetreten zu sein. Wieder kommt nach Ansicht der Polizei niemand anders als der von Scotland Yard gesuchte „Zinker“ in Frage. Bestimmte Spuren dürften zur baldigen Verhaftung des unheimlichen Verbrechers führen.

Vor der Aufklärung des „Zinker-Rätsels“?

Der Zinker gefaßt!

Brennendes Auto auf der Nelson-Brücke
Telephonisch wird uns kurz vor Redaktionsschluß mitgeteilt, daß heute nacht kurz nach 11 Uhr ein in Flammen gehüllter Kraftwagen, der in rasender Fahrt über die Nelsonbrücke fuhr, das Brückengeländer durchbrach und in die Tiefe stürzte. Über die näheren Begleitumstände dieses merkwürdigen Unglücksfalles werden wir heute in der Mittagsausgabe berichten.

Das Ende des Zinkers!

Kritik (-ner., Film Kurier #177, 07/31/1931):
Man kann gegen Kriminalfilme einwenden, was man will: wenn sie so spannend gemacht sind wie „Der Zinker“, haben sie ihre Berechtigung.
Wallace im Kino: Der Kriminalfilm triumphiert über den Kriminalroman. Denn wo das geschriebene Wort andeutet, wo es zu dem bekannten gelegentlichen „er sollte später oft an diesen Moment zurückdenken“ kommt oder zu der geheimnisvollen Beschreibung eines geheimnisvollen Mannes in einem geheimnisvollen Zimmer, da setzt der Film die unheimliche Einstellung, den seltsamen Ausschnitt, den jäh die Handlung abreißenden Schnitt, den plötzlich einsetzenden Ton.
Die Autoren Rudolf Kätscher, Egon und Otto Eis nutzen das aus: die Hand in Großaufnahme, die über Schreibmaschinentasten liegt, ein Gespräch am Tisch, bei dem der Partner in der Einstellung bis auf einen Arm unsichtbar bleibt, ein Mann, der aus dem Nebel auftaucht, und das akustische Moment von unheimlichen Schritten – das alles ist in ihrem Manuskript vorgesehen, wird von Carl Lamac mit großer Virtuosität herausgeholt.
Lamac versteht es, Schlag auf Schlag agieren zu lassen, es gibt keine Längen, kein Nachlassen der Spannung in dem tollen Mosaik der Szenen.
Das Drehbuch hat nämlich Wallace überwallacet. Der Mann, auf den alles geht, der im Roman der glatte Schurke ist, darf es im Film nicht sein; sondern ein scheinbar harmloser Dritter, soviel sei verraten. Und weil das Drehbuch nicht von vornherein so angelegt scheint, gibt’s dann ein Durcheinander, das selbst die gewiegtesten Kriminalromanleser sich nicht mehr auskennen.
(Als zur Mitte des Films zu kurzer Pause das Licht wieder aufflammt und man auf einer Abstimmkarte den Zinker ankreuzen soll, wimmeln nur so die Fehler. Nur ein paar Oberschlaue kreuzen jenen Harmlosesten an.)
Mitarbeit aller an der Spannung; Der Kameramann Otto Heller weiß mit Nebelbildern umzugehen, mit Hell und Dunkel-Kontrasten in Heinz Fenchels Bauten zu agieren. Für den Ton zeichnet Erich Lange.
Was die sorgfältige Arbeit eines Produktionsleiters bedeuten kann, zeigt sich in diesem Film an der ausgleichenden und geschmackvollen Hand der Ueberwachenden: A. Hohenberg und Karl Ritter, der hier sich auf diesem neuen Gebiet bewährt.
Fritz Rasp kann mit Herzenslust den sonderbaren Herren spielen, der dann doch nicht der Zinker ist. Angenehm, daß er sich nicht auf Routine verläßt, nie ins Klischee gerät, sondern, Details abwägend, gegeneinander ausspielend, seinen zweifelhaften Ehrenmann auf die Beine stellt.
Szöke Szakall hat es jetzt gelernt, seine Pointen diskret anzubringen, er ist diesmal von einem herrlichen trockenen Humor, ohne Schmunzeln zum Publikum hin.
Gut fügen die anderen sich ein: Carl Ludwig Diehl, Paul Hörbiger, Ernst Reicher, den man so lange nicht sah, Jade Mylong-Münz; etwas indifferent bleibt Robert Thoeren.
Lissi Arnas Rolle beschränkt sie zu einer klugen Liebenswürdigkeit. Peggy Norman kämpft mit dem Mikrophon.
Viel Beifall, als der überraschende Schlußeffekt einsetzt. Es ist unmöglich, von Carl Lamac nicht gefesselt zu werden, – Wallace-Leser, strömt in Massen herbei!

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