By a Nose

Originaltitel: Um eine Nasenlänge. Sportposse 1931; 86 min.; Regie: Johannes Guter; Darsteller: Sig Arno, Lucie Englisch, Elga Brink, Ernő Verebes, Fred Louis Lerch, Julius Falkenstein, Max Ehrlich, Paul Kemp; Gnom-Lignose-Breusing.

Ein Zeitungsfahrer macht die Bekanntschaft einer Portierstochter, die sich als eine im Hause wohnende Tänzerin ausgibt, ihn selbst für einen Radrennchampion hält, mit dem er in Wirklichkeit nur befreundet. Da der Rennfahrer wieder mit der wirklichen Tänzerin bekannt und diese mit einem eifersüchtigen Freunde gesegnet, gibt es übergenug an Verwicklungen vor und nach dem Berliner Sechs-Tage-Rennen.

Zusammenfassung
Der Zeitungsfahrer Hans Dampf ist ein Schlemihl, nichts will ihm gelingen, immer bleibt er um eine Nasenlänge zurück Er hat kein Rad, und deshalb kommt er mit seinen Zeitungen immer zu spät an. Der Zufall spielt ihm 20 M. in die Hand, und hoch beglückt schafft er sich ein altes Tandemrad an. Schon im Hof der Zeitungsexpedition fällt es auseinander, und als er an dem Vehikel herumhantiert, kommt zum Interview. Bei der Zeitung sein gemeinsamer Kollege und Freund Renz, der es zum berühmten Rennfahrer und Weltmeister gebracht hat, im Auto angefahren. Freudige Begrüßung der alten Freunde, die zusammen geschuftet und um die Wette gehungert haben. Renz steckt Dampf ein Bündel Dollarnoten zu. Ein Glückstag für Dampf. Nun kann er sich neu einkleiden. Er macht die Bekanntschaft eines netten jungen Mädels: Lilly, die sich für eine Tänzerin ausgibt. Sie hat nämlich die verlorene Brieftasche des Dampf gefunden, und da sie in derselben die Visitenkarte von Renz sieht, glaubt sie, daß die Tasche auch Renz gehört. Hans Dampf, dem die Verwechslung mit dem berühmten Rennfahrer schmeichelt, bestreitet nicht, daß er der wirkliche Rennfahrer Renz ist, da ihm das junge Madel sehr gut gefällt und er befürchtet, als Zeitungsfahrer keinen Erfolg zu haben. Die Bekanntschaft mit dem Weltmeister schmeichelt ihr außerordentlich, so daß sie sich von ihrem Freund, dein Mixer Teddy, abwendet.
Der Manager von Renz, Lachmeier ist außer sich, weil Renz in 4 Tagen 4 Pfund abgenommen hat. Das kommt davon, weil er, statt zu trainieren, bummelt und sich mit Frauen abgibt. Jetzt ist er in die schöne Marion sterblich verliebt. Er willigt ein, am Sechstagerennen teilzunehmen, aber nur unter der Bedingung, daß die schöne Marion alle sechs Tage und Nächte bei ihm im Sportpalast bleibt. Lachmeier beauftragt Lilly, die Portiertochter des Hauses, die Wohnung der Marion zu bewachen und niemand zu öffnen.
Marions Beschützer, ein reicher Herr aus der Provinz, namens Bumsdorf, fordert stürmisch Einlaß in Marions Wohnung, und da ihm nicht geöffnet wird, versucht er mit Gewalt einzudringen. Die erschrockene Lilly ruft das Ueberfallkommando an. Schon steht in der Abendzeitung eine Notiz über den Einbruch in der Wohnung der Tänzerin Marion. Als Marion die Zeitungsnotiz liest, eilt sie in ihre Wohnung, wo sie Bumsdorf, der von der Polizei freigelassen worden ist, antrifft. Nun will er nicht mehr von ihrer Seite weichen, und Marion weiß nicht, wie sie ihn loswerden soll.
Im Sportpalast hat das Rennen unter dein Jubel des zahlreichen Publikums begonnen. Die berühmtesten Rennfahrer nehmen teil und werden vom Publikum begeistert begrüßt Renz hat die Abwesenheit Marions bemerkt, wird nervös und hat schon eine Runde verloren. Lachmeier beauftragt Dampf, Marion herbeizuholen. Dampf erfährt, mit Erstaunen, daß Marion im selben Haus wir seine Lilly wohnt. Er hat einen glanzenden Plan, um den lästigen Bumsdorf loszuwerden. Er spielt den verrückten Bruder der Marion und treibt es so toll, daß der zu Tode erschrockene Bumsdorf sich eiligst aus dem Staube macht.
Lilly, die Marion und Dampf beobachtet hat, glaubt an die Untreue des vermeintlichen Renz. Sie ruft den Mixer Teddy an, um mit ihm zum Sechstagerennen zu gehen und sich dort von dem Verhältnis zwischen Renz und Marion zu überzeugen.
Unterdessen nähert sich das Sechstagerennen unter stürmischem Beifall des Publikums seinem Ende. Die Sensation des Tages ist Renz – Sturz. Glücklicherweise sind seine Verletzungen unerheblich. Mit verbundenem Kopf wird er in die ärztliche Koje gebracht. Marion, die Dampf geholt hat, bemüht sich um ihren Geliebten. Dampf hat seinen Stammplatz auf der Decke der Koje wieder eingenommen. Plötzlich sieht er von weitem Lilly mit Teddy eintreten. Sein Schwindel darf auf keinen Fall aufgedeckt werden. Er Schmuggelt sich durch die Kontrolle, schleicht in die Koje des schlafenden Renz, zieht dessen Trikot an und verbindet sich den Kopf so, daß er ohne weiteres für Renz gehalten werden kann. In dieser Ausstattung nähert er sich Lilly.
Lachmeier und seine Gehilfen, die Dampf für Renz halten, setzen ihn gewaltsam auf das Rad, er muß am Rennen teilnehmen.
Das tut er nun mit Anstrengung aller Kräfte und siegt. Um eine Nasenlange ist er allen erfuhren zuvor. Das Publikum empfängt den Sieger mit stürmischer Begeisterung. Der glückliche Lachmeier kann nur eins nicht begreifen. Wer ist sein dritter Fahrer? Als Dampf die Binden abnimmt, erkennt ihn Lachmeier an der Nase, voller Dankbarkeit engagiert er ihn als Rennfahrer.
Lilly hat sich in die Koje zu Dampf geschlichen. Nun weiß sie, daß er nicht Renz, der Weltmeister ist. Aber auch sie hat ihn getäuscht, denn sie ist nicht die Tänzerin, für die sie sich ausgab. Doch das alles will weiter nichts heißen: die beiden fallen sich in die Arme, während draußen Renz seine Siegesrunde unter stürmischen Bravorufen der Menge fährt.

Kritik (-e-, Film Kurier #201, 08/28/1931):
Selten sind die Wogen des Gelächters im Primus-Palast so über die Köpfe des Publikums zusammengeschlagen wie gestern. Man saß ganz verdutzt da.
Es geschieht dies: Siegfried Arno, der Schrecken des Sechstage-Rennens pumpt eilfertig ein Rad auf, in Wirklichkeit geht die Luft in Julius Falkensteins Gummimantel, der bläht sich, bläht sich, bläht sich – bis es zum Platzen kommt. Aber ehe es zum Platzen kommt, ist beim Publikum jedes Bedenken geborsten, von höchsten Ranges Sitzen bis vorn an die Leinwandrampe überbrüllt, überschreit man sich. Wieder einmal erringt Bobby Lüthke (diesmal mit Willy Prager) einen ausgesprochenen Possenerfolg.
Dabei griff sein Film schon mutiger in die Zeit von heute, statt zu den Uniformen von gestern, zum edlen Exemplar des Zeitungsfahrers, so wie er zwischen den Zeitungspalästen und den armseligen Ständen der Verkäufer einher trudelt, kein Geld im Beutel, allen Ehrgeiz im Herzen.
Eine Figur geschaffen für Siegfried Arno. Beinahe eine menschliche Rolle, sicherlich eine Musterrolle für ihn.
Zwischen dem Zeitungsstand der Mutter Schmidten, dem Fernsprechapparat auf der Straße und der Kabine in der Sportarena tändelt der Film hin und her. Noch ein Vorteil, daß er Menschentypen und Sporttypen der Großstadt von heute neben die Schauspieler stellt. Die bekannten Sechstagerennfahrer sind dabei – und vor allem „Krücke“, das Original der Berliner Sechstagerennen, der Sieger auf der Galerie. So wird das Publikum zweifach überrumpelt von einer (famos gespielten) Posse mit Spitzbübereien, Betrügereien und allerhand Arno-Akrobatik und von der Wirklichkeitsserie menschlichen Treibens. Der Betriebsrausch der Sechstagenächte tut sich auf. Produktionsleiter Safra, Regisseur Guter, Kameramann Hoesch und Walter Rütt, der gegebene Sportsachverständige halten die Mitte zwischen einer informierenden Sportreportage, voll lustiger, grotesker Einzelheiten und dem Possentreiben, das sich um Lüthges gut erfundene Geschichte rankt.
Arno besingt seine Nase, – und wie er das schon gleich im Anfang schlicht, volkssängerhaft versteht, dabei seine angeborene und einzigartige Körperakrobatik nur gelegentlich einsetzt, macht er aus seinem „Hans Dampf“, dem Zeitungsjungen und unfreiwilligen Sportsieger eine fast glaubhafte Figur, einen Charakter.
Man soll nicht Bressart gegen Arno, Arno gegen Bressart ausspielen, – man freut sich, daß das Kino zwei solche Individualitäten entfaltete. Daß Arno der Geistigere von beiden, vor allein eben in seiner seltenen Körperbeweglichkeit sein Bewegungswitz noch auszunutzen wäre, behaupten viele, die mit beider Art befreundet. Arno bucht jedenfalls diesmal einen Sieg – mindestens um eine Nasenlänge – vor allen seinen Komikerrivalen.
Dr. Guters Inszenierung voll Wirbel, Milieusinn verratend.
Ausgezeichnet alle Mitspieler: Lucie Englisch, ein Typ, wie ihn der deutsche Film eben nur einmal hat, Elga Brink, graziös gelockert. Fred Louis Lerch als sympathischer Weltmeister. Ehrlich und Kemp als Komikerrequisiten. Vor allen noch Julius Falkenstein, ständig besorgt um seines Meisters Ruhm, im ewigen Kampf gegen die Frauen, den nassen Schwamm und das Cognacglas.
Will Meisels ansprechende Musik, die auf Lignose Breusing gut gelungene tontechnische Aufnahme, runden den Film zu einem wohlgelungenen Schlager. Er vergnügt sein Publikum von der ersten bis zur letzten Szene. Sicheres Geschäft.

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