Originaltitel: Ich bleib’ bei Dir (…bis morgen früh’. Marys Start in die Ehe.) Komödie 1931; 84 min.; Regie: Johannes Meyer; Darsteller: Jenny Jugo, Hermann Thimig, Eva Schmid-Kayser, Kurt Lilien, Hermann Vallentin, Hansi Arnstaedt, Martha Ziegler, Fritz Odemar; Schulz & Wüllner-Tobis-Klangfilm.
Ein Mädchen aus gutem Hause brennt am Hochzeitsmorgen durch, wird, von einem Taschendieb ausgeplündert, selbst für eine Diebin gehalten. Bringt einen bereits verlobten jungen Mann in den Verdacht von Untreue und Diebstahl. Schließlich Aufklärung und Vereinigung der beiden.
Zusammenfassung
Es ist immer wieder peinlich, wenn am Hochzeitsmorgen die Braut plötzlich verschwunden ist. Der Grund ist fast immer der gleiche: entweder gefallt der Braut der Bräutigam nicht, oder die Braut merkt am Morgen der Entscheidung, daß sie, um die Geschäfte ihres Vaters zu sanieren, mit einem reichen Mann verheiratet werden soll. Bei Mary Peters, jung, hübsch, energisch, ist beides der Fall, und deshalb verschwindet sie. – Herr Peters, der echte Vater seiner Tochter, ist ebenso energisch, und als er seine Geschäfte, die sehr von der Hochzeit seiner Tochter abhängen, durch Marys Flucht ins Wanken geraten sieht, hetzt er die Polizei auf sie, um sie bis zum nächsten Morgen zurückzuschaffen. Denn an diesem nächsten Morgen Punkt 10 Uhr verlädt der Bräutigam von Hamburg aus Europa, um nach Amerika zurückzufahren, und wenn das ohne Mary geschieht, ist Herr Peters pleite. – Erschöpft von den Aufregungen der Flucht schläft Mary im Berliner D-Zug. Ihr gegenüber schläft ein gut aussehender Mann – Willy Blohm. Ala Marie erwacht, ist ihre Handtasche verschwunden, die ihre Papiere und ihr Geld enthält. Ihr Verdacht richtet sich sofort gegen den ihr gegenübersitzenden Mann, und als sie hinter seinem Rücken die Ecke einer gleichfarbigen Ledertasche erkennt, verstärkt sich ihr Verdacht. Sie greift nach dieser Ecke, Da packt der Mann zu und läßt sich im weiteren Verlauf der Fahrt nicht davon abbringen, daß Mary eine raffinierte Diebin ist. Er will sie in Berlin sofort der Bahnhofspolizei übergeben. – Der richtige Dieb sitzt im Nebenabteil. Die leere Tasche ist irgendwo auf freier Strecke einer erstaunten Ziegenherde vor die Füße gefallen. – Trotz Marys Unschuldsbeteuerungen steuert Blohm am Bahnsteig mit ihr direkt auf die Bahnhofspolizei zu. Mary geht ganz ruhig mit, ihr kann ja nichts passieren, sie hat ja ihre Papiere nicht – Gott sei Dank! Ihr wäre ja nur lieb, wenn sie bis zum nächsten Tag unerkannt in einer Haftzelle sitzen könnte. Aber plötzlich klebt ein Anstreicher einen Steckbrief mit ihrer großen, deutlichen Photographie an die Tür der Bahnhofspolizei. Das hat Mary gefehlt. Jeder Polizeibeamte, jeder Passant würde sich die hohe Belohnung gern verdienen. Durch einen Trick gelingt es ihr, den sie scharf bewachenden Blohm zu tauschen, ihm zu entkommen. Er verfolgt sie, und Mary springt in ihrer Angst in eines der wartenden Privatautos vor dem Bahnhof, das plötzlich losfährt und an der Auffahrt hilf. Und herein steigt – Blohm. Es ist sein Wagen. Sein Schofför Karl begrüßt ihm ohne zu bemerken, daß Mary im Wagen ist. Blohm steigt ein. Er traut seinen Augen kaum, als er Mary verschüchtert in der Beke sitzen sieht Dann ist er sehr zufrieden darüber und meint, er habe zu Hause nur einige dringende Unterschriften zu leisten, dann lasse er sie durch die Polizei abholen. Mary bleibt nichts anderes übrig ab mit ihm in seine Wohnung zu fahren. – Kari, der Schofför, ist maßlos erstaunt, ab plötzlich eine junge Dame aussteigt, die ihn, um Blohm zu imponieren, sehr hochnäsig behandelt. – Vom ersten Moment an haßt Karl diese Frau, und dieser Haft soll Mary noch sehr gefährlich werden . . . – Mit Mühe gelingt es Mary, Blohm zu verhindern, sie der Polizei zu übergeben. – Plötzlich wird ein Fräulein Marga gemeldet – Blohms Braut Blohm versteckt Mary im Nebenzimmer. Sie wird aber von der Verdacht schöpfenden Marga nach einigen Zwischenfällen entdeckt. Es gibt eine große Szene, bei der Marga ihr Abendkleid erhält und dann wütend davonläuft. Blohm ist außer sich. Er kanzelt Mary furchtbar herunter, aber er hat nicht viel Zeit. Er muß sich umziehen. Heute abend ist Ball bei der Baronin Abelsdorff. – Mary, die einen furchtbaren Hunger verspürt, sieht sich inzwischen Margas Abendkleid an und dringt sich Blohm einfach auf. Sie will mit auf den Ball. Blohm, der Mary nicht allein in seiner Wohnung zurücklassen will, nimmt sie mit, schlieft sie aber vor der Tür in seinen Wagen ein, damit eie nicht entwischen kann. – Aber Mary entwischt doch. Zehn Minuten später ist sie in der Gesellschaft und wird von allen Seiten als Blohms Braut begrüßt. Blohm ist außer sich, aber er kann nichts machen. Da ist plötzlich das prächtige Kollier der Baronin verschwunden. Blohm ahnt Furchtbares. Die Polizei wird benachrichtigt Mary entkommt Blohm, der ihr nach will, wird festgehalten. Leibesvisitation. Man findet nichts. Als Blohm nachts nach Hause kommt, liegt Mary bereits im Bett. Blohm, der fest überzeugt ist, daß Mary den Schmuck gestohlen hat, untersucht das Bett, findet aber unter dem Kopfkissen lediglich – sein eigenes Bild. Da weiß er, daß Mary ihn liebt. Auch er hat Mary schon recht gern, aber – sie ist doch eine Diebin . . . Inzwischen hat Blohms Schofför Marys Steckbrief entdeckt. Er zeigt sie an, und nachts wird Blohm von den Kriminalbeamten geweckt, die Mary abholen wollen. Mary folgt widerstandslos. Sie ist fest überzeugt, daß Blohm rie angezeigt hat. – Sie wird zur Polizei gebracht und von dort aus zum Bahnhof. damit sie noch mit dem Nachtschnellzug nach Hamburg fahren kann. – Blohm erfahrt inzwischen, daß das Kollier der Baronin sich angefunden bat. Er erfährt auch, daß der Schofför Mary angezeigt hat. Da rast er zur Polizei und zum Bahnhof. – Und er kommt gerade noch zur Zeit, um Mary in die Arme zu schließen.
Kritik (-e-, Film Kurier #258, 11/03/1931):
Für den Autoren Hermann Kosterlitz (nicht erst seit dem Hansen-Film „Wer nimmt die Liebe ernst . . .”) hat man stets ein freundliches Auge riskiert (sein Kompagnon diesmal: Wolfgang Wilhelm).
Kosterlitz’ Arbeiten wirken (auch bei schwacherer Ausführung) filmnah, er hat viel gesehen, lustige Pointen, filmische Witze im Gedächtnis behalten, er distanziert sich etwas von der abgegriffenen Theaterstück-Imitation, dafür treibt er seine Figuren gern in spielerisches Allotria, in Situationen voll von Verwechslungsspäßen, Ueberraschungs-Einfälle. Leichte Spielkomödie für den Abendgebrauch. Man spürt auch diesmal noch seine Vorzüge. (Eine stärkere Produktionsleiterhand muß ihm auf die Finger klopfen, wenn er unfein wird.)
★
Die neue Inszenierung von Johannes Meyer will die Linie der deutschen Musik-Komödie (à la Privatsekretärin) fortsetzen. Der Geist ist willig – und die Mittel nicht allzu schwach.
Die Autoren bauen geschickt auf: die Braut auf der Flucht, die, selbst bestohlen, von ihrem Entdecker für eine Diebin gehalten wird – – sie bringt ihn dazu, für eine Nacht ihr Beschützer zu sein, lustige Verwicklungen – – er, immer im Wahn, sie stehle wirklich, gerät mit ihr auf einer Gesellschaft in eine echte Diebstahlsaffäre. Dies mit allerlei witzigem, geschicktem Beiklang und Ausklang, im Dialog etwas zu wortkarg und im Tempo gelegentlich breiter als nötig – dazu viel Dessous, Spitzenkombination . . . man spielt viele Szenen als französische Schlafkammer-Posse (bitte, bleiben Sie bedeckt).
Die entdeckten An- und Ausgezogenen des Films: Jenny Jugo und Eva Schmidt-Kayser. Eva eine schnoddrige Klafte, die man als Typ herausstellen kann (nicht für Salonrollen). Aus Kurt-Goetz-Dialogen fehlt ihr der Humor; sie klaftet nur.
Die Jugo: wenn sie ihre Faxen macht, Stupsnäschen, Schieläuglein, schnippische, schmollende, drohende Gesten, amüsiert sie ihr Publikum. Ihre Stimme immer reizvoll.
Hermann Thimig trägt in milder Verzweiflungsstimmung Szene für Szene.
Eine Extratype: Marta Ziegler, die seltsame Magd Sonst noch: Kurt Lilien, Hermann Vallentin, Hansi Arnstaedt, Max Wilmsen, Sascha Schoening (ein guter Sprecher).
Die Musik mit recht gefälligen Stücken von Raymond und der Untermalung Dr. Felix Günthers trägt zur guten Stimmung bei. Ton: Hans Grimm: Bild: Carl Puth; Bauten: Erich Zander. Johannes Meyer ist auch hier der gewissenhafte, ausgleichende Arbeiter.
Beifall sehr freundlich.