The Spanish Fly

Originaltitel: Die spanische Fliege. Schwank 1931; 91 min.; Regie: Georg Jacoby; Darsteller: Fritz Schulz, Lizzi Natzler, Betty Bird, Oscar Sabo, Ralph Arthur Roberts, Hans Brausewetter, Julia Serda, Paul Biensfeldt, Hans Hermann Schaufuß, Paul Westermeier, Gertrud Wolle, Lizzi Waldmüller, Henry Bender; Felsom-Tobis-Klangfilm.

Ein Fabrikant hält den seiner Tochter zugedachten Bräutigam für seinen verheimlichten außerehelichen Sohn, für den die „spanische Fliege“, eine Tänzerin, durch Jahre Alimente bekommen hatte. Dieser landet aber schließlich bei seiner Nichte, während ein Rechtsanwalt ob seines Wissens um die Geschichte die Hand der Tochter erhält.

Zusammenfassung
Vor 25 Jahren hatte Ludwig Klinke in Berlin in den Amorsälen eine Tänzerin Señorita Rosita, die eigentlich Röschen Zippel heißt, genannt „Die spanische Fliege”, kennengelernt. Die Folge dieser Bekanntschaft war, daß Klinke fünfundzwanzig Jahre Alimente für einen Sohn zahlen mußte, den er nie zu Gesicht bekommen hatte. Ständige Angst, daß seine sittenstrenge Gemahlin Emma diesen seinen Seitensprung entdecken könnte, war gleichfalls eine Nebenerscheinung dieser längst verflossenen Liebesaffäre. So hatte denn der alte jetzt verstorbene Justizrat Mahlke 25 Jahre lang, viel länger als nötig, im Auftrage Klinkes pünktlich jeden Monat Alimente bezahlt.Jetzt hat Justizrat Kreibig Mahlkes Praxis übernommen. Kreibig aber ist ein Verwandter Emmas, und die Gefahr liegt nahe, daß Klinkes bisher sorgfältig gehütetes Geheimnis durch Kreibig Emma bekannt wird. Die Folgen sind gar nicht auszudenken. Um so mehr als Emma als erste Vorsitzende des Sittlichkeitsvereins für derartige Sachen absolut kein Verständnis hat.Bei einem Besuch bei Kreibig gelingt es Klinke zwar die Akten Zippel contra Klinke heimlich an sich zu nehmen, aber durch ein Versehen des alten Onkel Tidemeier geraten sie in die Hände des jungen Rechtsanwalts Dr. Gelach. – Dr. Gelach, der Klinkes Tochter Paula liebt, aber von Paulas Eltern als Schwiegersohn glatt abgewiesen wurde, wird diese Akten als Trumpf gegen Klinke ausspielen. – Aber auch Frau Emma hat ihrem Gatten gegenüber ein Geheimnis. Sie hat für Paula bereits einen Mann gewählt. Heinrich Meisel, der Sohn einer Freundin von ihr, die sie auf einer Verbandstagung kennengelernt hatte, kann jeden Tag bei Klinkes zu Besuch eintreffen. Und die Verlobung Paulas mit Heinrich dürfte dann nicht lange auf sich warten lassen. Dr. Gerlach jedoch weiß es so einzurichten, daß Klinke Heinrich für einen nunmehr erwachsenen Knaben hält, dessen Bild man ihm vor 25 Jahren zugeschickt hatte. Verzweifelt sucht Klinke den unerwünschten Besuch mit allen Mitteln wieder loszuwerden. Aber es soll für Klinke noch schlimmer kommen!Heinrichs Mutter ist angekommen und erscheint ebenfalls bei Klinkes zu Besuch. „Nicht nur der Junge, auch noch die Mutter! – Die spanische Fliege!“ stöhnt Klinke und weiß nicht mehr ein noch aus. Und um die Verwirrung auf den Höhepunkt zu treiben, gesteht Wimmer seinem Schwager Klinke, auch er hätte die „Spanische Fliege“ gekannt und 25 Jahre lang treu und brav bezahlt. In hohem Bogen werfen Klinke und Wimmer Heinrich und seine Mutter, die Stadträtin Mathilde Meisel, zum Hause hinaus.Empört erscheint wenig später der Stadtrat Meisel, Mathildens Gatte und Heinrichs Vater, um Klinke und Wimmer zur Rede zu stellen. „Noch ein Vater!“ lacht Wimmer. „Der Esel hat die „Spanische Fliege“ sogar geheiratet“ jauchzt Klinke. Doch als jetzt Frau Emma dazukommt, kommt die ganze Angelegenheit zum Klappen. Jetzt gibt es keinen Ausweg mehr. Wimmer flüchtete vor Emmas Zorn. Klinke muß seine Sünden bekennen. Ein Glück nur, daß sich Heinrich noch rechtzeitig in Paulas Cousine Wally verliebt hat. Ein weiteres Glück, daß ja auch für Paula der Bräutigam schon da ist. Endlich müssen Emma und Klinke ihre Einwilligung zur Verlobung Gerlachs mit Paula geben.

Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #289, 12/10/1931):
Mitten im tollsten Schwankdurcheinander, als die Zahl der durch die „Spanische Fliege“ Papa Gewordenen ins Ungemessene zu steigen schien, erklang neben mir der Stoßseufzer: „Ach, mir tut vor Lachen schon alles weh.“ Vor mir schlug sich eine würdige Dame von Zeit zu Zeit kreischend auf die Schenkel, ein Ende weiter drohte einer von der Bank zu fallen. Es herrschte szenenweise ein schwer zu beschreibender Lärm im Gloria-Palast, der nur dadurch immer wieder abgestoppt wurde, daß die Lachenden befürchteten, allzuviel von den lustigen Dialogen zu verlieren.
Die Schwank-Routiniers Arnold und Bach haben mit ihrer „Spanischen Fliege“ ihren wohl größten Bühnenerfolg errungen, und es besteht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Stoff von allen Vertonfilmungen ihrer Werke ebenfalls die stärkste Resonanz beim Publikum finden wird.
Seitens der verfilmenden Firma Fellner und Somlo ist alles getan worden, um dieses hohe Ziel zu erreichen. Das Manuskript von Siegfried Philippi ist sauber ausgearbeitet und bringt die vielen lustigen Höhenpunkte des Bühnenstückes ausgezeichnet zur Geltung. Dem Regisseur Georg Jacoby stand eine auserlesene Darsteller-Schar zur Verfügung, das Manuskript hat für jeden der vielen Akteure eine Chance zum Hervortun vorgesehen.
Der Regisseur versucht nach Möglichkeit, die Bühnenauftritte aufzulösen: wenn es aber um die Existenz bewährter Dialoge geht, inszeniert er im Bühnensinne. Anders sind solche Stoffe nicht zu verfilmen. Ihre Wirkung beruht auf der drastischen Komik der Dialoge, die man nicht gut durch Kamera-Entfesselung ersetzen kann.
Da, wo sich die Gelegenheit bietet, gibt Jacoby dem Film, was des Filmes ist. Bei der Rückerinnerung an das verliebte Abenteuer mit der spanischen Fliege wird das Vorkriegsberlin demonstriert, mit seinen Sechser-Omnibussen und Pferdedroschken. Zwischengeschnitten sind gutgesehene Aufnahmen der repräsentativen Gebäude.
In den Amor-Sälen geht es hoch her. Man tanzt dort Polka, und die Damen tragen Fischbeinstäbchen in ihren hochgeschlossenen Kragen. Als „Spanische Fliege“ präsentiert sich die kesse Lizzi Waldmüller, die so betörend singt und die weißen Zähne fletscht und Tarantella tanzt, daß man versteht, weshalb der gute Ludwig Klinke sein seelisches Gleichgewicht verliert.
Georg Jacoby holt viel aus seinen Darstellern heraus. Fritz Schulz, der Vielgewandte, ist allerliebst als schüchtern-sächselnder Liebling aus Kötzschenbroda. Man muß nur den Star entschablonisieren, um zu neuen Wirkungen zu kommen.
Ralph Arthur Roberts geht als scheinheiliger Duckmäuser wiederholt in seine bewährte Abwehrstellung – Hals verkürzen und verlegen blinzeln. Oskar Sabo ist als Mostrich-Fabrikant Klinke von erfrischender Schnoddrigkeit. Julia Serda als seine moral-bedachte Gattin gibt eine feine Charakterstudie, sie ist komisch, ohne zu Possenmitteln zu greifen.
Hans Brausewetter spielt diesmal den forschen Liebhaber; man sollte ihn mehr beachten; es geht von ihm mehr Wärme aus als von vielen seiner überschätzten Kollegen.
Lizzi Natzler debütiert mit sympathischer Stimme, Betty Bird sieht reizend aus, Paul Biesenfeld trottelt mit Geschick. Es werden weiter belacht der dicke Bender, die tuntige Gertrud Wolle, der imposante Paul Westermeier, der kleine, energische K. H. Schaufuß. Annelore Mosheim ist ein charmantes Dienstmädchen.
Jean Gilbert umkleidete das Ganze mit einer schmissigen Musik, Robert Gilberts Texte sind guter Durchschnitt.
Technisch ist nur Erfreuliches zu melden. Wili Winterstein und Karl Löb photographierten, Hans Jacoby baute, Eugen Hrich besorgte den Ton.
Es gab viel Applaus während des Abends auf „offener Szene“ und beim Erscheinen der Darsteller zum Schluß.
Lehre für den Theaterbesitzer: Man soll kein Genre in Bausch und Bogen verdammen, auch nicht die Filmschwänke. Wären alle so wie dieser, hätten alle Beteiligten, vom Produzenten bis zum Besucher, viele Enttäuschungen weniger zu verzeichnen.

css.php