Love’s Carnival

Originaltitel: Rosenmontag. Offizierstragödie 1930; 86 min.; Regie: Hans Steinhoff; Darsteller: Lien Deyers, Mathias Wieman, Karl Ludwig Diehl, Eduard von Winterstein, Karl Ludwig Diehl, Peter Voß, Louis V. Arco, Harry Halm, Hubert von Meyerinck, Fritz Alberti, Hanna Waag, Gertrud Arnold, Paul Heidemann, Erich Kestin; Ufa-Klangfilm.

Ein preußischer Leutnant erfährt, im Begriffe sich mit einer Kommerzienratstochter zu verloben, von einer Intrige seiner Vettern, die ihn mit seiner unstandesgemäßen Geliebten entzweite. Er bricht sein Ehrenwort, tritt mit ihr wieder in Verbindung, zieht aber nachher seine Konsequenzen: Doppelselbstmord.

Zusammenfassung
Kommerzienrat Berger klopft ans Glas! „Meine sehr verehrten Damen und Herren . . .“. Die Gäste sind verstummt und blicken gespannt zum Redner hin oder auf die reichbesetzte Tafel mit ihrem schweren Silber, das im Festglanz strahlt und den gediegenen Reichtum des Hauses kündet. „Sie alle wissen“, so fährt der Redner fort, „zu welcher Feier wir uns hier zusammengefunden haben – die Verlobung unserer Tochter Hildegard mit Herrn Leutnant Hans Rudorff.“
Dem Redner gegenüber sitzt das Brautpaar, er – ernst und unbeweglich, sie – liebreizend, blond und glücklich. Neben dem Kommerzienrat sitzt – nein „thront“ – die alte Generalin von Ramberg, die Großmutter des Bräutigams, von dem sie kein Auge läßt. Hat es sie doch Mühe genug gekostet, diese Verlobung zustande zu bringen und ihren Enkel, diesen etwas weichen, träumerischen Menschen, aus höchst unerwünschten zarten Banden zu lösen. Das wäre ja noch schöner gewesen, wenn Hans Rudorff, der Enkel des beim Sturm auf Mars-la-Tour gefallenen Regimentskommandeurs, an einer Weibergeschichte gescheitert wäre . . . Aber diese Traute Reimann scheint sich ja beruhigt zu haben – hat wahrscheinlich längst einen andern Schatz. Befriedigt lächelt die Generalin ihren beiden andern Enkeln, den Oberleutnants Peter und Paul von Ramberg zu und freut sich auf die große schwere Importe, die sie sich sofort, nachdem die Tafel aufgehoben ist, in das energische Antlitz stecken wird.
Während die Gäste nach dem Essen in Gruppen plaudern, nimmt sich der Kommerzienrat seinen zukünftigen Schwiegersohn allein vor. Diese dumme Weibergeschichte soll aus der Welt geschafft werden. Hans erzählt, wie alles kam. Er hat die Traute Reimann geliebt, von ganzem Herzen, aber dann war er vier Wochen abkommandiert worden, und als er zurückkam, erfuhr er von seinen Vettern, den Rambergs, daß Traute ihn mit dem Oberleutnant von Grobitzsch betrogen hatte – grade mit Grobitzsch, der als wilder Don Juan bekannt war. Hans war tief innerlich getroffen und suchte Vergessen in Trunk und Spiel – bis zum Zusammenbruch. Mit Traute war es aus – für immer aus. Der Kommerzienrat ist beruhigt.
Auch Hans Ruforffs Kommandeur ist beruhigt, als sich der Leutnant vom Urlaub rückmeldet und ernst versichert, daß „die Sache“ erledigt sei. „Ehrenwort?“ fragt der Oberst. „Ehrenwort, Herr Oberst!“ ist die feste Antwort des jungen Offiziers.
In der Kasernenwohnung Rudorffs sitzen seine Kameraden, die beiden Rambergs und sein Freund Harold Hofmann, und warten auf Hans, der noch im Dienst ist, denn der Oberleutnant von Grobitzsch, sein Kompagnieführer, nimmt ihn scharf heran. Paul von Ramberg, der dem von Hans gestifteten Kognak etwas zu stark zugesprochen hat, plaudert aus der Schule, wie er die Sache mit Rudorffs Verlobung im Auftrage der Großmama geschickt gedeichselt hätte. Harold horcht auf! Der berühmte „Treubruch“ mußte eben inszeniert werden, damit Traute mit Grobitzsch zusammengebracht . . . In diesem Augenblick trifft Rudorff ein, und Harold, ehrlich empört von der wenn auch gutgemeinten Niederträchtigkeit der Brüder Ramberg, teilt dem Freunde mit, wie Traute verkuppelt wurde, damit er sich verloben konnte. Rudorff stellt die Rambergs zur Rede, aber – der Bursche drängt, es ist höchste Zeit, er muß zum Dienst.
Auf dem Marsch durch die Stadt mit klingendem Spiel entsteht ein Gedränge. Ein junges Mädchen, Traute Reimann, sieht sich plötzlich der heranmarschierenden Truppe gegenüber. Hans erkennt sie, fährt herum, aber es ist zu spät – Traute stürzt hin, wird von ihrer Umgebung aufgehoben und verschwindet in der Menge.
In Rudorffs Wohnung stehen sich die Freunde gegenüber. Hans, tief im Innersten aufgewühlt, will alles über Traute wissen, Harold versucht, ihn zu beruhigen, erinnert den Freund an das dem Kommandeur gegebene Ehrenwort. Da öffnet sich die Tür, Traute Reimann tritt herein. Sie hat Rudorffs Brief erhalten und – ist gekommen. Jetzt erfährt Hans schaudernd die Wahrheit. Traute war ihm treu und liebt ihn immer noch trotz aller Lügen der hilfsbereiten Vettern, die sie treuherzig glaubte. Oberleutnant Grobitzsch läßt sich anmelden, Traute versteckt sich in Rudorffs Schlafzimmer, hört den erregten Wortwechsel zwischen den Offizieren. Als Grobitzsch sie beleidigt reißt sie die Tür auf, steht ihm gegenüber! Dann schwinden ihr die Sinne.
Rosenmontag! Fastnachtstreiben! Ballmusik! Unter den Masken tanzen auch Hans und Traute, – es soll ihr letzter Tanz sein! Hans hat sein Ehrenwort gebrochen, er weiß. was er zu tun hat. Und Traute will ihn nicht allein lassen.
Die Paare tanzen und lärmen, die Stimmung wird immer ausgelassener, da verlassen die beiden still das Fest.
Als am Morgen der treue Bursche seinen Leutnant zum Dienst wecken will, prallt er entsetzt zurück.
Am Rosenmontag liegen zwei,
Die kalten Hände noch verschlungen.
Das Leben strömte rauh vorbei,
Die beiden haben’s nicht bezwungen.
Als überwunden grüßen sie
Den Sieger, dem das Glück begegnet.
Im Tod verbunden, segnen sie
All jene, die das Leben segnet!
Durchs Fenster herein aber jubelt und dröhnt die Marschmusik des ausrückenden Bataillons. Das Leben geht weiter, das Leben marschiert! – –

Kritik (Georg Herzberg, Film Kurier #207, 09/02/1930):
Ein Spiel von gestern. Es geht um Begriffe und Probleme, die der heutigen Zeit fernliegen. Ein Leutnant gibt seinem Oberst das Ehrenwort, mit einem Mädel, von dem er sich betrogen glaubt, nichts mehr zu tun zu haben. Die Unschuld des Mädels, das das Opfer einer Intrige wurde, offenbart sich, der Leutnant bekennt sich zu ihr und geht mit ihr in den Tod, weil er sein Ehrenwort gebrochen hat.
Liebestragödien sind auch in unserer heutigen, angeblich so sachlichen Zeit an der Tagesordnung. Jede Zeitung bringt täglich Berichte darüber. Auch das Halten eines gegebenen Ehrenwortes wird gemeinhin als notwendig empfunden. Das Unverständliche ist nur, seinem Vorgesetzten in einer Sache das Ehrenwort zu gehen, die ihm nichts angeht.
„Rosenmontag“ wurde vor rund sechs Jahren schon einmal verfilmt. Er war der erste deutsche Film mit Vorkriegsmilitär, alle Weisen der Branche warnten damals vor den großen Gefahren einer solchen Tat. Das Kinopublikum gab ihnen unrecht: „Rosenmontag“ wurde ein Riesengeschäft, wurde der Auftakt zu ungezählten, meist erfolgreichen Militärfilmen.
ln der Tagespresse wird aus politischen Gründen manches gegen diesen Film gesagt werden. Was nicht hindern wird, daß er in weiten Kreisen des deutschen Volkes durchaus gefallen und für die meisten Kinos ein starker Erfolg sein wird.
Wenn man die Frage nach den filmischen Qualitäten aufwirft, wird Freund und Feind zugeben müssen, daß „Rosenmontag” ganz ausgezeichnet gemacht ist. Das Technisch-Tonfilmische ist restlos gelöst, die Schauspieler können sprechen und sind verständlich, der Schnitt „sitzt”, das Manuskript ist geschickt gebaut und gesteigert – alles in allem eine sehr anständige Leistung.
Ludwig von Wohl und Philipp L. Mayrinck sind die Autoren, die Otto Erich Hartlebens Stück bearbeiteten. Sie wählen klare, knappe Situationen, stellen ihre Sache auf das Wort, wodurch das Bild, da der Regisseur ebenfalls reine Zweckphotographie anordnete, zuweilen zu kurz kommt. Die Dialoge sind gut pointiert.
Hans Steinhoff, der Regisseur, stützt sich auf sorgsam ausgewählte Darsteller. Die Kamera, mit der Werner Brandes klare Bilder schuf, wird nur selten bewegt, so bei der gut gesehenen Verlobungsfeier.
Gut gelungen sind der Regie die Soldatenaufnahmen, bei denen es exakt klappt. Ein Teil des Publikums begrüßte die Truppen in den alten Uniformen, die mit klingendem Spiel durch die Straßen ziehen, mit demonstrativem Applaus.
Das Hauptaktivum des Films ist die Darstellung. Mathias Wiemann als Leutnant Hans Rudolf glaubt man die Weichheit und Unentschlossenheit und sein Kapitulieren vor dem Schicksal. Lien Dyers, deren Stimme ungewöhnlich klar herauskommt, meistert mit Sicherheit die Szenen, um die bisher alle Tonfilmschaffenden mit Vorliebe herumgegangen sind. Sie kann sagen „Ich liebe Dich”, ohne daß das Parkett lächelt – das ist uns beim Tonfilm bisher selten passiert.
Die Offiziere: Karl Ludwig Diehl als Grobitzsch, unsentimental, prächtige Figur, am besten, wenn er zum Schluß, mit den Schurken abrechnet. Sie werden gespielt von dem verkniffenen Lutz Altschul und dem tapsig plappernden Harry Halm. Gute Darsteller unsympatischer Rollen.
Es gefallen weiter der prächtige Peter Voß als Ideal-Figur eines Offiziers, Hubert von Meyerinck mit einem improvisierten Chanson Eduard von Winterstein als korrekt-väterlicher Oberst. Fritz Alberti, Hanna Waag, die bläßlich und unbedeutend sein muß. Erich Kostin als gerissener Bursche, Gertrud Arnold als alte energische Exzellenz.
Die milieu-entsprechenden Bauten schufen Herlth und Röhrig, W. Tjaden zeichnet für die hervorragende Tonaufnahme.
Der Film, über den noch einmal zu sagen ist, daß er eine gute Leistung der Ufa-Produktion (Produktionsleiter Bruno Duday) darstellt, fand bei seiner gestrigen Premiere starken, andauernden Beifall.

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