Originaltitel: Zwei Krawatten. Gesangsketch 1930; 91 min.; Regie: Felix Basch; Darsteller: Michael Bohnen, Trude Lieske, Olga Chekhova, Ralph Arthur Roberts, Erika Gläßner, Theo Lingen, Julius Falkenstein, Carl Goetz; Terra-Tobis-Film.
Ein armer Teufel (Kellner) wechselt mit einem Hochstapler die Rollen (Krawatten), gewinnt ein Billet nach Amerika. Dort bedrängen ihn geschäftstüchtige Bräute und skrupellose Spekulanten. In die Heimat zurückgekehrt, trifft er seine Geliebte wieder, die ihn in Amerika nach Behebung einer Erbschaft immer verfehlte.
Zusammenfassung
Der Kellner Jean zieht die Ruhe und das Vergnügen der Arbeit vor. Erst über lebhaftes Zureden seiner Braut Trude entschließt er sich, die Arbeit als Aushilfskellner bei einem Wohltätigkeitsfest im Grand-Hotel anzunehmen. Unter den Festgästen befindet sich auch ein Hochstapler. Er glaubt sich von der Polizei verfolgt und kauft Jean die schwarze Kellnerkrawatte um 1000 Mark ab, um flüchten zu können.
Mit der neuen Krawatte setzt für Jean eine Glücksserie ein : Er gewinnt den Tombolahaupttreffer, eine Reise nach Amerika in der Luxuskajüte. Er erklärt Trude, daß er aus Amerika als reicher Mann zurückkommen und sie heiraten werde. Dann schenkt er ihr noch großmütig den Tausender und verschwindet. Trude ist im ersten Augenblick fassungslos. dann beschließt sie, ihm nachzueilen. Für das geschenkte Geld kauft öde eine Zwischendeckkarte für das gleiche Schiff, auf dem Jean in der Luxuskajüte fährt. Auf dem Schiff lernt Trude einen Rechtsanwalt kennen, der die Ansprüche einer vorläufig noch unauffindbaren Erbin von 40 Millionen Dollar vertritt. Trude selbst ist die gesuchte Erbin, aber weder sie noch der Anwalt ahnen dies. Im Trubel Amerikas verliert Trude ihren Begleiter. Sie fährt nach Florida, um dort Jean zu finden, die Anwälte, die ihre Identität mit der Erbin inzwischen erkannt haben, ihr nach.
Jean wird inzwischen von den amerikanischen Milliardären großartig aufgenommen. Er gewinnt die allgemeine Sympathie und steht im Mittelpunkt des Interesses. Jeder will ihn für sich gewinnen, jeder ihn als Mittler für Transaktionen verwenden. Dem Kreuzfeuer der Angebote aller Schieber und den unablässigen Anträgen der Frauen ist er nicht gewachsen. Er flüchtet nach Europa und macht es ebenso, wie seinerzeit der Hochstapler mit ihm : Er kauft einem Kellner für eine große Dollarnote die schwarze Krawatte ab. Aus Jean, dem Gentleman, wird wieder Jean, der Kellner . . .
Jeans erster Weg führt ihn in sein Stammlokal. Als er hört, daß Trude inzwischen 40 Millionen Dollar geerbt hat, wird er traurig, denn er will sich nicht kaufen lassen. Doch Trude liebt ihn wie oh und je. Da kann er nicht mehr Nein sagen . . .
Kritik (Hans Feld, Film Kurier #246, 10/17/1930) :
„Zwei Krawatten“, Georg Kaisers Ausflug in die Bezirke des Volksstücks, hat bei Bühne und Film wenig Verständnis gefunden.
Schon bei der Aufführung im „Berliner Theater“ hat man das Spiel mißverstanden, dessen witziger, aber nicht durchgeführter Einfall von der Krawattenfarbe, die Kellner und Herr unterscheidet, erst durch die rhythmischen Arabesken Spolianskys Kurzweil und Tempo erhält.
Revanche wird geübt an Amerika, für ein halbes Hundert vergnügter Pariser Sittenschilderungen à la Hollywood.
Diesmal muß also Gottes eigenes Land herhalten, in das der zum Gentleman gewordene Kellner auf der Freikarte eines Tombola-Gewinns fährt. Breech of promiß, Alkohol-Verbot, Smartheit, das wird ihnen vorgehalten und vergolten . . ., mögen sie’s nicht tragischer nehmen, die da drüben als wir ihre in Hollywood beheimateten Vorstellungen von Europa.
Zudem bekommt auch Deutschland sein Teil ab. Heimweh nach der Braut treibt den wieder zum Kellner Gewordenen nach Berlin N. zurück; und dort findet er sie als Dollarmillionärin wieder.
Kolportage, als Rohstoff durchaus verwendungsfähig . . .
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Aber –, das muß zugespitzt werden, a-realistisch, als Ueber-Revue, Jazz-Gedudel. Und es wurde eine schwerflüssige, dialogisch denkbar ungeschickte, von keinem Kamera-Blickpunkt bewegte Verfilmung. Wenn je verfilmtes Theater, hier war es.
Manuskript : Ladislaus Vajda – woher soll er beim Tonfilm können, was er beim stummen Film nie konnte; Dialog : Richard Weichert. ( . . . gebt ihm sein Theater wieder); Bild-Regie : Felix Basch. Bauten und Kamera; Ernö Metzner und N. Farkas. Es ist zwecklos, die Teilschuld jedes einzelnen zu begründen; sie sind ein Kollektiv.
Immerhin bringt Ralph Arthur Roberts trotz theatralischer Uebertreibungen die persönliche Note in einer Klischee-Rolle mit und vermag dabei, ein paar Lacher zu erzielen.
Olga Tschechowa, sieghaft schön, ist – wetten, daß sie es selbst weiß – kein american girl. Trude Lieske findet für ihre Resolutheit keinen richtigen Start.
Die Episodisten Julius Falkenstein, Carl Goetz, Paul Biensfeldt, Fritz Odemar, Hugo Fischer-Köppe tun ihr Bestes. Theo Lingens Begabung auch hier wieder in erstarrter Manier.
Michael Bohnen, auf der Bühne ein virtuoser Artist, im Stummfilm eine Künstler-Persönlichkeit, biegt die Revue-Rolle ins Opernhafte um. Er tut es nicht ohne ein paar sehr schöne Töne.
Man muß dem Menschen eine Chance geben –.
Spolianskys grazile Musik, von seinem Orchester mit Brillanz heruntergespielt, bleibt das stärkste Positivum der Arbeit.
Man kann der Terra nur empfehlen, den Film einer gründlichen dramaturgischen Ueberarbeitung (vor allen Dingen schneiden und umschneiden !) zu unterziehen, Es wird sich dann noch manches retten lassen.
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Ein paar notwendige Worte über die Ton-Apparatur :
So geht es nicht weiter, mit solchen Filmen schadet man der Gattung Tonfilm.
Gleichgültig, ob es am Tonmeister Behrens liegt, an der Kopie. Die Tatsache, daß in beiden Theatern die Vorführung die gleichen Mängel aufwies (während die Wiedergabe in diesen Häusern sonst meist einwandfrei ist) beweist, daß die Schuld diesmal an der Fabrikation liegt.
Ob heruntergehetzt infolge der hohen Lizenzen, ob nicht in richtigen Händen, das kümmert die Oeffentlichkeit nicht. Wer ins Kino geht, hat ein Anrecht darauf, einen technisch-einwandfreien Film zu hören.