Kohlhiesel’s Daughters

Originaltitel: Kohlhiesels Töchter. Bauernposse 1930; 90 min.; Regie: Hans Behrendt; Darsteller: Henny Porten, Fritz Kampers, Heinz Leo Fischer, Leo Peukert, Karl Harbacher, Gustl Stark-Gstettenbaur; Nero-Tobis-Film.

Die hübsche Tochter eines Gastwirtes und „Sommerbühnendirektors“ erhält ihr mütterliches Erbe erst, wenn die häßliche Schwester unter die Haube gekommen. Diese heiratet nun der Dorfkrämer, um sich später nach erfolgter Scheidung ihre Schwester nehmen zu können. Schließlich behält er seine Frau aber doch, und die Schwägerin kann nun den geliebten Friseur heiraten.

Zusammenfassung
Der Star von Vater Kohlhiesels Sommerbühne ist seine schmucke Tochter Gretl, hinter der alle Burschen des Ortes her sind. Liesl dagegen, Gretls minder liebenswürdigen Schwester, weichen sie im Bogen aus. Sehr begreiflich, denn Liesl ist die personifizierte Häßlichkeit. Und wenig sauber dazu. Nicht einmal die Tatsache, daß sie eine große Mitgift hat. zum Unterschied von Gretl, die nur einen kleinen Betrag mitbekommt, lockt die Freier an. Zwei Burschen bewerben sich beson­ders heiß um Gretl: Pepi. der Krämer, und Toni, der Ortsfriseur. Aber Gretl ist in Toni verliebt und sinnt auf einen Ausweg, um Pepi loszuwerden. Sie er­zählt ihm von der großen Mitgift Liesls und daß sie selbst ihr kleines Erbe nur dann bekomme, wenn Liesl verheiratet sei.
Das gibt Pepi zu denken, und er er­sinnt einen Plan. um Gretl zu ihrer Mitgift zu verhelfen. Er werde vorerst Liesl heiraten, so daß Gretl ihr Geld ausbezahlt bekomme, und dann Liesl so schikanieren, daß sie ihm davonlaufe und er dann Gretl heimführen könne. Gretl ist überglücklich, daß ihr der dumme Pepi noch zu ihrer Mitgift ver­helfen wolle, und bestärkt ihn in seinem Plan, indem sie ihn in dem Glauben läßt, daß sie ihn liebe.
Liesl nimmt, überglücklich den uner­warteten Antrag Pepis an. Aber schon am Morgen nach der seltsam verlaufe­nen Hochzeitsnacht beginnt Pepi mit deiner Radikalkur, tobt und zertrümmert und hält Liesl ihre Unordentlichkeit und ihr vernachlässigtes Äußeres vor.
Gretl und ihrem heimlichen Verlobten. Toni, ist es inzwischen himmelangst geworden, weil sie fürchten, daß Liesl ihrem Manne gleich am ersten Tage davonlaufen werde. Toni hat Angst vor den Riesenpratzen Pepis und traut sich nicht, seine Verlobung mit Gretl be­kannt zu geben. Als aber Pepi abends heimkommt, tritt ihm eine ganz andere Liesl entgegen, sauber, gewaschen und mit einem holden Lächeln auf den Lippen. Da besinnt sich Pepi und be­schließt, bei seiner Frau zu bleiben, und Gretl kann jetzt mit ihrem Toni glück­lich werden.

Kritik (E. J., Film Kurier #263, 11/06/1930) :
Da hat also diese alte, unverwüstliche Bauern-Posse der Porten Sprache bekommen – ihr größter Erfolg der Stummzeit, in dem sie die Anmut mit der Derbheit paarte. Das Strahlend-Blonde mit dem Schmutzig-Grotesken in zwei Schwester-Wesen. Ein klassischer Film damals – eine Ueberraschung.
Aus der frohen Ueberrumpelung zweier belustigender, fast unvereinbarer, fast unfaßlicher Kontrasten, von einst war im Laufe der Zeit ein Rezept für Porten-Erfolge geworden. Man hatte sich an ihre Doppelspiele gewöhnt. Die Verblüffung, das Liebliche so fröhlich entstellt zu sehen, ließ nach.
Jetzt erst kann man wieder staunen über die Doppel-Rolle, über die verblüffenden Täuschungs-Manöver der Porten, die in zwei Gestalten singt und spricht, mit sich selbst ein Duett startet, mit sich selbst lange Gespräche führt.
Dieser Trick des gespaltenen Ichs ist der Clou vom Ganzen. Das Publikum steht vor Rätseln: rechts singt die Liesel, links brummt die Gretel – – und beides spielt die eine Porten-Sphinx . . . Es gibt noch Hexereien. Wehe, wer das „wie“ verrät. Juhu !
Das angenehme Staunen über drei, vier technische Zauberszenen begründet aber noch nicht den vergnüglichen Eindruck von Kohlhiesels Töchtern. Würde man nur zwei freundliche Damen Porten sehen, etwa die Henny und die Rosa, gäbe es ein konventionelles Lustspiel.
Die Komik siegt hier; nicht das Schöntun.
Die komische Seite der Porten, ihr Trampel, die häßliche Schrulle Porten entscheidet den Erfolg. Und nicht einmal so sehr infolge der Gegensätzlichkeit der schönen Porten zur häßlichen, etwa: „Gott, Frau Geheimrat – wie so hübsch ordinär heute“, sondern weil diese breithüftige, freche, stumpfe Liesel-Figur eine runde, saftige Leistung der Porten ist. Eine, zu der die „seelenvolle“ Porten nicht als Folie dienen muß.
Sieg der Komischen, Sieg der Häßlichen – die ein elementares Weibsbild ist und mit dem Henny Porten einen spürbaren Rest von Clown-Blut, Abenteuerlust, proletarischer Ursprünglichkeit aus der blonden Seele feuert. Da gehört sie zu den Pat und Patachons. Deren vis comica addiert sie zu einer Porten. Ihre weibliche Drastik, mit der sie das Saustück hinstellt, ist im Film ohne Beispiel.
Denn sie formt da nicht nur Schminke, angeklebte Augenbrauen, Schiel-Augen mit Wassertröpfchen, aufgetürmten Dutt, nicht äußerliche Maske und Mache nur: solche Volksbelustigungsgestalt, die durch die Dorf-Welt trampfst. kommt tiefer her. Diese Kraft zum Unsinn, dieser Mut zum Mitwilligen. Man muß eben ein Original sein.
Jetzt ist es wieder an der Porten entdeckt: ihr Originales und dessen Entfaltungsmöglichkeit. Sie wird nun nicht mehr blasse Edel-Aristokratinnen steif und sittsam hinmimen. Sie kann fröhliche, ernste Charaktere bilden.
Die dumme Liese Kohlhiesel ist ein Phänomen, im Kuhstall, an der Varietékasse, als Vorhangaufzieherin auf der Bühne. – herrlich aber, wenn sie in schöner Morgenfrühe gutgelaunt durchs Dorf marschiert.
Wie das Holdrio-Juhu aus diesem sauf- und freßlustigen Mädchen strömt – just, wie im Stall das brave Vieh den lieben Schöpfer anmuhut, angrunzt, anblöckt. Es kommt aus dem unbedenklichsten Herzinnern.
Darum wandelt sich die Schlampe Liesel unter dem Zwang des bärenstarken Gatten zu einem bildsauberen Ding – weil sie – die Porten spielt das überzeugend – eben im Grunde ein so guter Kerl ist. Und der Porten gelingt es auch, noch glaubhafter als im stummem Film, diese ganz von ihr getrennte Figur nach der Radikalkur durch den Gatten nur so zu „verschönern“, daß sie doch immer die dofe Liesel bleibt. Aber doch ein rechter Zeitvertreib für den Herrn Gemahl und eine gute Hausfrau.

Wo Dr. von Kaufmann (leider viel zu selten) das Szepter führt, können die Mitarbeiter sich entfalten. Er wählt die Besten, die Regsamsten und sorgt, daß der Starfilm ein Ensemblefilm bleibt mit durchdachtem Detail.
Der heute bemühteste Bildgliederer des Milieus im Film (fälschlich „Architekt“ geheißen) Franz Schrödter zeigt auch hier wieder, was es bedeutet, für die Kamera, für den Darsteller, für das Mikrophon zu bauen.
Gewiß, Schödter ist nicht „unaufdringlich“, aber er wirkt mit der Fülle seiner szenischen Ausstattungen nie überladen, immer aber vielsagend, realistisch-malerisch. Ob’s ein Ofenplatz im Bauernhaus, ein Gewürzladen, die Hochzeitstafel, der Bierausschank – jedes Dorfeckchen steht in diesem Film richtig, prall und lustig.
– und Otto Kanturek flitzt mit der Kamera hinterher. Ein Vergnügen, ihm zu folgen, es tut sich was im Begleiten von Personen, im Heranrücken an die Sprecher, im Vorbeifluß an der aufgerissenen Wohnung, der Stätte des fürchterlichen Eheskandals. Ideal gelungenes Zusammenwirken der Techniker: im Gartenrestaurant, das im Halbdunkel der Nachtatmosphäre, Leben, Bauernmilieu hat – „die gute Luft“, die Kampers so hörbar atmet.
Um auf die bildliche Geschlossenheit das Tüpfelchen zu setzen, hat der Professor Hans Baluschek die Kostüme entworfen. Die urkomische Brauttracht der Liesel stammt sicher von ihm.
Natürlich hat Hans Behrendts Regie auch an dieser technischen Geglücktheit des Ganzen seinen Anteil.
Er hat die schwierige Aufgabe Dialektdialoge (welchen Dialekt ?) so zu führen, daß sie verständlich bleiben, ohne zu sehr aufzuhalten. Das gelingt nicht immer, das Fingerspitzengefühl für Tempo im Dialog fehlt ihm. Ernst Lubitsch dirigierte einst die „stummen“ Töchter  . . . Auch sind unter den gutgemeinten Scherzen von Raff und Urgiß viele Blindgänger. Bei der Varieté-Conference der Bäuerin muß man gekitzelt werden. Da wirken Lachpausen doppelt verzögernd. Man muß das Uebergreifen des Dialogs im Drehbuch mehr berücksichtigen als hier. Aber das sind nur geringfügige Schatten.
Dafür wirkt die Ton-Qualität des Films (auf der guten Mozartsal-Apparatur) ganz hervorragend. Die Porten-Gesangsstimme im Sommer-Varieté spricht gut an. Dr. Felix Günther ist musikalischer Leiter, mit vollem Verständnis für Instrumentierungscharakter, er darf es wagen, absichtlich auch quietschende Mißtöne zu bringen oder überlaute Rausschmeißermusik zu machen. Er weiß, was man dem Mikrophon zumuten kann. Die Tonaufnahme (Hans von Passavant, Tonkamera Emil Sprecht) stand unter einem recht günstigen Stern.
Der die Widerspenstige zähmt, ist (an Stelle von Emil Jannings) Fritz Kampers. Als Kraftkerl in seinem Element, bauernschlau, pfiffig und schließlich selbst im Reinfall noch ganz gutmütig und zufrieden. Daß gerade die Demolierungsszenen mit seinen Kraftakten viel zu lang sind und etwas verpuffen, ist nicht seine Schuld. Der Sprechfilm beeinträchtigt seine mimische Eindeutigkeit. Der brauchbare Episodist von der Sprechbühne her muß im Sprechfilm den Wort-Wert noch konzentrierter zu verwenden lernen. Die unmittelbare Schlagkraft seines Sprechens vermißt man. Seine mimische Regsamkeit ist natürlich erheiternd genug.
Der Friseur des Ortes, der glückliche Liebhaber: Hans Leo Fischer, sympathisch, wie er sein soll. Nicht zu süß, nicht zu sehr Tenor, der Dorfbarbier, der von den Kurgästen die guten Manieren hat.
Robert Gilberts Schlager sind nicht gerade große Einfälle.
Im Emsemble viele Typen, Peukert, Harbacher, Gstettenbauer, alte und junge Männlein und Weiblein, der ganze Dorfdreh – darüber ein paar schöne Landschaftsbilder – und vor und hinter dem ganzen die gute Laune des Publikums, dessen große Freude am Portenspiel – – und der rauschende Happy end-Erfolg – – mit Vorhang auf Vorhang, Beifallssalve und Beifallssalve.

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